Kapitel 35

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"Na, hat dein Prinz dich doch nicht geholt?" sie grinst mich spottend an und ihre Augen strahlen Schadenfreude aus. Fest presse ich meine Lippen zusammen, um nichts falsches zu sagen und sie nicht zu beleidigen. Plötzlich hat sie mein Kinn fest zwischen ihren Fingern und drückt dann meinen Mund zusammen. "Sag es. Hat er dich im Stich gelassen?" ich bleibe stumm, weshalb sie noch fester zudrückt, sodass es weh tut. "Hat er?" fragt sie mich nochmal. "Los sag schon." drängt sie und ihr Blick ist hungrig, als ob sie nur darauf warten würde, dass ich nachgebe, dass ich mich schwach zeige. Aber darauf kann sie lange warten. "Du Miststück!" wispert sie, lässt mich los und wendet sich ab. Wie eine Verrückte starrt sie auf den Boden und schaut mich dann mit einem Lächeln an. "Nagut. Dann nicht." sagt sie ruhig und dreht sich um. Blitzschnell holt sie aus und trifft mich diesmal an meiner Schläfe, so fest, dass ich an die Wand knalle und meinen Kopf zusätzlich anhaue. Ich verziehe mein Gesicht und beiße mir fest auf die Lippen, um nicht aufzuschreien. Ich schmecke mein Blut und schaue dann hasserfüllt zu Holly, die mich zufrieden angrinst. "Das wird auch das nächste mal passieren, wenn du dich nicht benehmen kannst." sagt sie noch und geht dann aus meinem Zimmer.

Ich warte noch bisschen, um sicher zu gehen, dass sie weg ist, dann stehe ich auf und trotte in mein Badezimmer, wo ich mein Gesicht im Spiegel anschaue. Schockiert stelle ich fest, dass meine Wange gerötet ist, Blut läuft von meiner Schläfe bis zu meinem Kinn, aus meinem Mund läuft Blut und mein Kopf tut höllisch weh, als ob jemand von innen mit einem Hammer schlagen würde. Schnell wasche ich mein Gesicht, reinige die Wunden und spüle meinen Mund aus, um den metallenen Geschmack loszuwerden. Da ich sehr Hunger habe, schleiche ich mich runter in die Küche, hole mir ein Croissant und husche wieder unbemerkt in mein Zimmer zurück, wo ich mich auf mein Bett setze und esse. Mir fällt auf, dass ich eine Kopfschmerztablette vergessen habe, also schleiche ich wieder in die Küche, wo ich die Schubladen durchsuche. Schnell bin ich fündig, als drehe ich mich um, aber Adam versperrt mir den Weg. "Lucy. Was hat dir deine Mutter noch angetan?" er schaut mich ernst an, aber ich schaue auf den Boden und zucke meine Schultern. "Nichts." nuschle ich und versuche mich an ihm vorbei zu drücken, aber erfolglos. "Schau mich an." sagt er in einem bestimmten Ton, der keinen Widerspruch duldet, also schaue ich ihn an. Eine Zeit lang begutachtet er mein Gesicht und schaut immer zorniger aus, dann dreht er sich abrupt um und geht ins Wohnzimmer, wo Holly auf der Designercouch sitzt und in einer Modezeitschrift rumblättert. "Was haben Sie mit Ihrer Tochter getan?" verlangt er laut zu wissen. Ich eile ihm hinterher um ihn davon aufzuhalten, aber er lässt sich nicht stoppen. "Was soll ich denn gemacht haben?" ruhig und provozierend zugleich schaut sie ihn an. "Schauen Sie sich's doch selbst an." zischt er, packt meinen Arm und zieht mich vor sich. Holly schaut mich an und zuckt dann ihre Schultern. "Ein paar Kratzer. Bis sie heiratet sind sie nicht mehr zu sehen. Außerdem hat sie es verdient." damit wendet sie sich von uns ab und blättert weiter in der Zeitschrift. Adam will gerade etwas sagen, aber ich ziehe ihn weg aus dem Wohnzimmer in die Kammer. "Adam. Sag nichts mehr, es wird nur noch schlimmer." sage ich mit brüchigen Stimme. Es ist wie ein Schlag in die Magengrube für mich, dass meine leibliche Mutter mich behandelt, als ob ich bloß eine Sklavin wäre. "Wäre ich bloß nicht rausgegangen. Dann hätte sie nicht dich, sonder mich geschlagen." sagt er und schaut schuldbewusst zu Boden und fährt sich durch seine dunklen Haare. "Adam red kein Unsinn. Wenn du geblieben wärst, hätte sie mich trotzdem nicht verschont. Es war besser so" widerspreche ich. "Nein. Du hast das nicht verdient. Du bist verdammt nochmal ihre Tochter! Wenn sie mich so zugerichtet hätte, wäre es nicht schlimm, aber du. Du hast bald deine Hochzeit. Zwangsheirat." er verstummt und ich schaue traurig an die Wand. "Komm her." Adam zieht mich in seine Arme und legt seinen Kopf auf meinem ab. Ich vergrabe meinen Kopf in seiner Brust und er wiegt uns hin und her. "Adam. Wieso bist du eigentlich hier?" Frage ich nach kurzer Zeit. "Nicht jetzt. Wann anders." sagt Adam knapp, also Frage ich nicht weiter.

Am Abend lege ich mich müde ins Bett und falle kurz danach in einen traumlosen Schlaf.

...

Eine Woche vergeht, ich wurde paar mal noch geschlagen, jetzt ist mein Gesicht blau und die Wunden fangen an zu heilen. Heute ist Samstag und ich bin aufgeregt wegen Tyler. Wann kommt er? Heute? Oder morgen erst? Diese Unwissenheit und Aufgeregtheit treibt mich in den Wahnsinn. Ich höre, wie die Haustüre zugeht, gleich danach kommt Adam mit einem zufriedenen Lächeln in mein Zimmer. "Sie sind weg. Jetzt fehlt nur noch Tyler." Ich lächel ihn glücklich an und umarme ihm. "Danke für alles, was du für mich getan hast." "Gerne doch. Ich hoffe bloß ich komme hier auch bald weg." den letzten Teil murmelt er ganz leise, aber ich habe es dennoch verstanden.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Musik hören und im Haus hin und her zu tigern, um auf Tyler zu warten. Als am Abend immer noch nichts von ihm gekommen ist, gehe ich enttäuscht ins Bett und liege aber mit offenen Augen da und kann vor Nervosität nicht schlafen. Also stehe ich nochmal auf und gehe in die Küche, um mir ein Glas Wasser einzuschenken. Nachdenklich lehne ich am Küchenpult und starre auf den Fußboden. Plötzlich höre ich ein leises Geräusch am Fenster. Sofort drehe ich mich um, stelle mich hinter die Gardinen und luke dann vorsichtig raus, aber ich kann nichts erkennen, da es zu dunkel ist, also lehne ich mich weiter vor und strenge meine Augen an. Ich kann drei Gestalten ausmachen, die in dunklen Klamotten auf dem Gras hocken und am Fenster rumnesteln. Mit klopfendem Herzen husche ich unbemerkt zu Adams Zimmer, wo ich ohne zu klopfen die Tür aufmache und ihn unsanft wecke. "Unten sind drei Gestalten, die einbrechen wollen." flüstere ich panisch. Sofort reißt er seine Augen auf und geht runter, ich folge ihm. Mittlerweile haben sie es offen und ich kann flüsternde Stimmen hören. "Meinst du Lucy denkt dass wir noch kommen?" fragt der eine und der andere nickt. "Die Alarmanlage ist an, es gibt kein Problem." flüstert Adam mir ins Ohr, nachdem er es abgecheckt hat. Die Gestalten kommen zum Fenster. Adam geht schnell in die Hocke, damit man ihn nicht sieht, aber ich war zu langsam und sie bleiben stehen. "Lucy?!" höre ich eine fragende und hoffnungsvolle Stimme. "Tyler?!" Frage ich genauso zurück und er bejaht. "Adam. Er ist es!" rufe ich, weshalb er aufsteht und die Gestalten skeptisch anschaut. Tyler will schon durch das Fenster klettern, als Adam ihn aufhält. "Warte. Die Alarmanlage." erklärt er knapp. Tyler nickt und bleibt stehen, schaut dann mich an. Mein Herz überschlägt sich vor Freude und ich kann es kaum noch aushalten, ihn nur von weitem zu sehen.
Als Adam wieder da ist und nickt, klettert Tyler durch das Fenster, stürmt auf mich zu und schließt mich in seine Arme. "Tyler." schluchze ich aus Erleichterung und Freude. "Alles ist okay. Ich bin hier." sagt er beruhigend und streicht mir immer wieder über meinen Kopf, küsst meinen Scheitel und wiegt mich hin und her. Ich fühle mich so geborgen und geliebt in seinen starken Armen, sodass ich mich so weit ich kann, an ihn schmiege und ich ihn am liebsten nie wieder loslassen würde. Ich fühle mich komplett, erleichtert und frei. Ich hebe meine Kopf und drücke meine Lippen fest auf seine. Ein atemberaubendes Gefühl durchströmt mich, als er seine Lippen gegen meine bewegt, alles in mir kribbelt und mein Inneres spielt verrückt. "Ich liebe dich so sehr." sage ich gegen seine Lippen und küsse ihn wieder.

Als wir uns lösen, liegen alle Blicke auf uns, weshalb ich rot werde und verlegen nach unten schaue. Tyler hat seine Arme um meine schlanke Taille gelegt und zieht mich zu sich, ich lehne mich an ihn und atme tief seinen verführenden Duft ein, den ich so vermisst habe. "Lucy." höre ich jetzt Mark's Stimme. "Mark!" rufe ich glücklich, löse mich von Tyler und umarme stürmisch seinen Vater, der mich lachend in seine Arme schließt. "Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht." sagt er und streicht über meinen Rücken.
Mittlerweile hat Adam das Licht angemacht, sodass ich auch die dritte Person erkennen kann. Verwundert blicke ich in Jase' Gesicht, der mich angrinst. "Jase!" rufe ich aus und falle auch ihm um den Hals. "Na Kleine. Ich habe dich vermisst und mir sorgen gemacht. Tami war unendlich traurig als du weg warst." erzählt er. "Wie geht es ihr und wo ist sie?" Frage ich schnell und schaue ihn neugierig an. "Mach mal langsam Lucy. Es ist mitten in der Nacht. Schlafen wir lieber und morgen erzählen wir dir alles. Am Abend kommen ja deine Eltern..." sagt Mark und alle nicken. "Kommt. Gehen wir." Tyler macht sich auf den Weg zum Fenster, aber sein Vater hält ihn auf. "Lucy muss hier bleiben. Wenn sie morgen nicht da ist, werden sie sofort wissen was passiert ist." warnt er. "Okay. Ich bleibe hier mit ihr." sagt Tyler entschlossen, stellt sich hinter mich und schlingt seine Arme um mich. Sofort läuft mir ein Schauer über meinen Rücken, als sein warmer Atem auf meine Haut trifft. "Okay. Morgen früh kommen wir wieder." damit verabschiedet Mark sich und er verschwindet mit Jase aus dem Fenster.

Never let you goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt