Mein Großvater ließ mich am Sonntag überraschenderweise in Ruhe, sodass ich bis kurz nach halb 11 schlafen konnte. Direkt nach dem Aufwachen rief ich Maliee an. Ich erzählte ihr detailreich vom Freitagabend und wir analysierten zusammen jede einzelne, erlebte Sekunde.
Sie konnte gut verstehen, dass ich Bethanys Aussagen nicht einfach so auf mir hatte sitzen lassen können. Maliee verstand mich sowieso, in jeder Situation, und sie gab mir das Gefühl, dass ich nicht völlig abgedreht war.
Sie versuchte mich zu beruhigen und wollte mir einreden, dass ich am Montag unbedingt mit Mason reden müsse. Das musste ich wahrscheinlich wirklich. Aber schon der Gedanke daran ließ das eklige Gefühl in mir unerträglich werden.
Schließlich gab mir Maliee die Erkenntnis, vor der ich, seit meiner Ankunft in Richtland Springs, Angst gehabt hatte. Ich erzählte ihr von Jayden und wie er sich den Abend mir gegenüber verhalten hatte.
Maliee freute sich für mich. Sie war der festen Überzeugung, dass Jayden mich mehr mochte und als sie anfing, das zu sagen, bemerkte ich selbst, wie sehr mir dieser Gedanke gefiel.
Ich hatte mich mit allen Mitteln dagegen gesträubt, ihn zu mögen. Ich hatte ihn schlechtgeredet, versucht mich von ihm fernzuhalten und ich hatte ihn wirklich nicht mögen wollen. Er war schließlich ein dummes, arrogantes, abgehobenes und selbstverliebtes Arschloch. Jayden würde mir wehtun. Irgendwie war ich mir da sicher.
Aber trotz all dieser Dinge, machte er irgendetwas mit mir. Ich konnte einfach nicht aufhören, an ihn zu denken. Und ich konnte auch nicht aufhören, mich an seine Worte und die Gesten zu erinnern. Meine innere Stimme war leider viel zu ungenau und spekulativ, als dass ich sie wirklich ernst genommen hätte. Ich verdrängte sie viel lieber.
Stattdessen schloss ich mich Maliees Fantasien an und dachte darüber nach, wie schön es sein musste, wenn er mich berühren und küssen würde. Zum ersten Mal konnte ich mir vorstellen, dass ein Junge mich küsste. Und zum ersten Mal fand ich diese Vorstellung nicht abstoßend. Dabei ging mir das alles eigentlich viel zu schnell. Schließlich hatte ich mit Jayden kaum geredet und kannte ihn gerade mal seit vier Tagen.
Am Ende unseres Gespräches erinnerte mich Maliee daran, dass ich eigentlich einen Zehn-Dollar-Schein hatte finden wollen. In der ganzen Aufregung war das natürlich untergegangen.
Als ich zugab, dass ich daran überhaupt nicht mehr gedacht hatte, bestand sie darauf, dass wir diesen Schein zusammen beschwören mussten. So nannte sie es. Es war ihr wichtig, das zusammen zu tun, damit ich mich auch wirklich darauf konzentrieren könnte und es tatsächlich eine Chance gäbe, einen zu finden.
Eigentlich war ich von der Idee nicht wirklich begeistert gewesen, denn Maliee wollte es besonders mystisch angehen. Aber angesichts dessen, dass ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte und über jede Ablenkung dankbar war, willigte ich ein. Ich hatte es satt, mich den ganzen Tag beschissen zu fühlen und mich dabei in die negativen Gedanken immer weiter hineinzusteigern. Ich wollte nicht mehr über Mason, meine Eltern und den ganzen anderen Scheiß nachdenken.
Bis es Mitternacht war, hatte ich viel Zeit. Ich setzte mich mit den Matheaufgaben auseinander, sortierte ein paar meiner Sachen und versuchte mich beschäftigt zu halten. Dann ging ich duschen und machte mich soweit fertig, dass ich endgültig schlafen gehen könnte.
Gegen 22 Uhr verschwand dann auch endlich mein Großvater in seinem Keller. Maliee schrieb mir, dass ich unbedingt eine Kerze und ein Feuerzeug auftreiben sollte. Ich wartete eine Stunde, bis ich mir sicher sein konnte, dass mein Großvater schlief, um nach diesen Sachen zu suchen. Ein Feuerzeug hatte er bestimmt, immerhin rauchte er.
Das Handy versteckte ich vorerst unter meinem Kopfkissen. Ich wollte nicht, dass er etwas davon mitbekam. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob ich mit Maliee überhaupt Kontakt haben durfte. Beziehungsweise war ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass meine Eltern etwas dagegen hatten. Und da ich nicht wusste, wie sehr er eingeweiht worden war, beschloss ich, die Sache vorerst für mich zu behalten.
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Zufall oder Magie? (1. Teil)
SpiritualBedeutungslos scheinende Zufälle reißen die 16-jährige Sam aus ihrem gewohnten Leben. Von ihrer Familie im Ungewissen gelassen, jagt sie der Wahrheit hinterher und trifft dabei auf einen attraktiven Typen, voller Geheimnisse, der sie in einen Zwiesp...