Den Freitagabend hatte ich nur im Bett verbracht. Ich war damit beschäftigt gewesen die Muster an der Decke meines Zimmer anzustarren und nachzudenken. Mein Dad hatte angerufen. Den Umständen entsprechend ging es ihm gut, doch er hatte sehr betrübt geklungen. Auch er wollte mir nicht erzählen, wo Mom, Charlie und er steckten und was mit mir los war. Wieder stieg mein Misstrauen ihnen gegenüber ein Stück weit an. Den Tag meines Verschwindens war meine Mutter unruhig gewesen. Sie hatte es geahnt. Sie hatte gewusst was auf uns zukommen würde. Meine Gedanken hatten an diesem Abend verrückt gespielt. Warum konnten mich meine Eltern nicht in ihr Geheimnis einweihen? Warum hatten sie das nie getan? Dann wüsste ich wenigstens woran ich bin und müsste mich damit nicht länger verrückt machen. Ich hatte tausend Fragen und niemand wollte sie mir beantworten.
Am Nachmittag hatte ich Maliee angerufen. Eine knappe Stunde hatten wir nur telefoniert, dann hatte ich aufgelegt. Ich wollte alleine sein. Eigentlich hatte mich Maliee immer von all meinen Problem ablenken können, doch es war einfach nicht das Gleiche, wenn sie in New York war. Und dann hatte ich auch noch ein Problem ihr gegenüber zuzugeben, dass sich Jayden mir gegenüber scheiße verhielt. Sie hatte mich vor ihm gewarnt, alle hatten mich vor ihm gewarnt, aber ich hatte es natürlich besser gewusst. Ich kam mir blöd vor. Was hatte ich mir nur gedacht. Natürlich war ein Typ, wie er nie ernsthaft an jemanden wie mir interessiert. Aber wie hatten wir dann diese ernsten Gespräche führen können? Und auch seine Bemerkungen gestern, über unsere erste Begegnung, das konnte er sich doch nicht ausgedacht haben.
Weil ich irgendwie selbst schuld an der Sache war, erzählte ich Maliee kaum davon, außerdem bedrückte sie selbst etwas und so war ich mir sicher, dass sie mir die meiste Zeit nicht mal richtig zugehört hatte. Ich nahm ihr das nicht übel, aber ich hatte auch keine Kraft sie immer wieder danach zu fragen. Am nächsten Tag wollte ich mich darum kümmern. Den ganzen Freitag hatte ich mich nicht mehr aus meinem Zimmer gewagt. Ich hatte einfach nur in meinem Bett gelegen und war verrückt geworden vor tausend Fragen. Am liebsten wäre ich schon um 19 Uhr schlafen gegangen, doch dafür war ich viel zu wach gewesen. Es dauerte nicht lange bis die Tränen wieder meine Wangen hinunter liefen und meine Gedanken zu Jayden abschweiften. Noch nie hatte ich mich wegen eines Jungen so verletzlich und schwach gefühlt. Ich hasste dieses Gefühl. Stunden waren vergangen in denen ich mich einsam, allein und unverstanden gefühlt hatte.
Mein Selbstmitleid endete endlich, als mich Michelle anrief und fragte ob ich mit in die Bar vom letzten Mal kommen wollte. Mehrere Male hatte ich versucht ihr abzusagen, doch letztendlich hatte sie mich überreden können. Mit Freunden wegzugehen war wohl besser, als sich noch weitere Stunden selbst zu bemitleiden. Also raffte ich mich auf und packte meine Sachen zusammen. Michelle und ich wollten uns zusammen fertig machen und ich wollte anschließend bei ihr schlafen. Meinem Großvater erzählte ich, dass ich zu einer Freundin gehen würde und wir Filme schauen würden. Damit hatte er kein Problem und so kam ich gegen 19 Uhr bei Michelle an. Die ganze Zeit über hatte ich mit mir selbst gekämpft, ihr von Jayden's abweisenden Verhalten zu erzählen. Aber ich konnte ihr einfach nicht davon erzählen. Es war mir peinlich, da auch sie mich vor ihm gewarnt hatte. Obwohl sie wahrscheinlich nicht sauer gewesen wäre oder mir Sachen wie: „Ich habs dir doch gleich gesagt", an den Kopf geknallt hätte. Wahrscheinlich hätte sie mich einfach getröstet.
Gegen 22:30 kamen wir in der Bar an. Michelle und ich hatten schon zwei Weingläser intus, als wir auf ein paar ihrer Freunde und Mason trafen. Der Alkohol hatte bei mir schon sein volle Wirkung gezeigt. Ich war entspannter und meine Gedanken kreisten nicht mehr so viel um Jayden. Stattdessen versuchte ich mich mit Mason zu unterhalten, der an einem Cocktail nippte und sich abwesend zur Musik bewegte. Er wechselte mit mir kein Wort und ging schon bei der nächsten Gelegenheit mit raus zum Rauchen, obwohl er selbst gar nicht rauchte. Ich blieb mit Michelle und ein paar anderen Mädchen auf der Tanzfläche. Einige Zeit blendete ich Jayden völlig aus und genoss den Beat, die ausgelassene Stimmung und den Alkohol der mich zunehmend in fröhliche Stimmung versetzte.
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Zufall oder Magie? (1. Teil)
EspiritualBereits in ihrer Kindheit wird Sam von zahlreichen Zufällen verfolgt. Während sie daraus keine große Sache machen will, gerät ihre Mutter mit jedem Zufall mehr und mehr in Panik. Als Sam dann plötzlich aus ihrem gewohnten Leben gerissen wird, verste...