Teil 3

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Ihre Reise war ohne Probleme vonstatten gegangen. In der Kutsche hatte Atarah sich in die Edelstochter verwandelt, die sie spielen musste, denn ein Kleid und der passende Schmuck lagen bereit darin. Es war merkwürdig gewesen in dieses fremde Haus zu gehen und in diese fremden Gesichter zu sehen, denen sie nun vertrauen musste. Mr und Mrs Oizys saßen ihr gegenüber am Esstisch und warteten geduldig, bis sie aufgegessen hatte. Es war verwunderlich, wie gut die Leute hier aßen. Fleisch hatte Atarah das letzte Jahr nicht einmal zu Gesicht bekommen und in den Jahren zuvor war es auch eher Mangelware. Und dieser Wein. Er war köstlich und wirkte nicht gestreckt, wie es in ihrem Dorf gemacht wurde. Und das Brot. Sie war nie wirklich in den Genuss gekommen in frisches Brot zu beißen. Sonst war es immer, als würde Atarah sich die Zähne dabei ausschlagen, weil sie nur die Reste bekam. Die Pflegefamilie bei der sie lebte behandelte Atarah wie Vieh. Es war ein Wunder, dass sie bis jetzt überhaupt überlebt hatte und nicht verwunderlich, warum sie ihren Teller schnell leer aß, als hätte Atarah tagelang nichts gegessen.
>>Mein Kind. Möchtet ihr noch etwas essen?<< fragte sie Mrs Oizys mit einem sanften Lächeln um die Mundwinkel, doch Atarah schüttelte den Kopf. Auch wenn sie sich über eine weitere Portion gefreut hätte, wollte sie den beiden keine Unannehmlichkeiten machen.
>>Danke, aber ich bin satt. Es hat großartig geschmeckt.<<
>>Das freut mich.<< erwiderte Mrs Oizys, bevor ihr Mann zu sprechen begann.
>>Wir wissen, dass es vielleicht schwer für dich ist uns zu vertrauen. Immerhin leben wir direkt an der Tür des Königs und es ist allgemein bekannt, dass wir eng mit ihnen verbunden sind. Aber ich hoffe, dass du dennoch vertrauen gewinnen kannst. Ich versichere dir, es gibt nichts mehr in unserem Leben, als der Wunsch, das alte Creisseida zu sehen. Bevor wir sterben.<< hörte sie seine alte brüchige Stimme. Mrs Oizys strich ihm sanft über seine schon falten besetzte Haut. >>Sie sind Schuld. An unserem Verlust.<<
>>Was ist geschehen?<< fragte Atarah geradeheraus. Sie brauchte diese Geschichte, denn egal wie glaubwürdig das Paar wirkte, Atarah musste sich an etwas greifbarem festhalten. Sie hatte keinen Nerv dafür immer über eine Schulter zu blicken. In ständiger Unsicherheit, ob man sie verraten könnte.
>>Es gab ein Lager, mit gefangenen. Sie wurden jahrelang benutzt für unmenschliche Arbeit und einige sind dabei zugrunde gegangen.<< begann die Frau zu erzählen.
>>Mein Sohn. Unser Sohn. Er war ein enger Berater des Königs und sein General. Er sollte seine Männer zu diesem Lager schicken, um den Aufstand zu beenden, der entfacht war. Die Menschen haben sich gewehrt. Haben ums überleben gekämpft.<< schluchzte die alte Frau und hielt sich dabei ein Taschentuch an die Lippen.
Atarah hörte zu, während der Hass in ihr an die Oberfläche trat und wie loderndes Feuer brannte.
>>Mein Sohn hat sie nicht abschlachten lassen. Er nahm jene Soldaten, die ihm treu ergeben waren und alles lief gut. Er hatte sie versteckt und niemand hatte es gemerkt. Ich weiß nicht wie, aber sie haben es herausgefunden.<< stockte Mrs Oizys und weinte stille Tränen. >>Man hat ihn abgeschlachtet und Mareya.<< flüsterte sie gequält.
>>Sie ist drei Jahre nach ihm verstorben. Er hatte ihr geholfen übers Meer zu verschwinden, nachdem er beschlossen hatte, dass er diese Menschen nicht einfach abschlachten konnte. Dennoch erzählt man sich herum, dass sie mit ihm verstorben ist.<< erzählte Frau Oizys Atarah und tropfte sich die Tränen fort. >>Wir haben eine Zeitlang abseits dieser Stadt gelebt. Im stillen. Also wäre es nicht verwunderlich, wenn wir euch als bekannte hier aufnehmen. Zumal derzeit nach einer Frau für den Prinzen Ausschau gehalten wird. Niemand würde euch verdächtigen. Vor allem hätten sie keine Möglichkeit dazu, wenn ihr schnell handelt.<<
>>Ich habe nicht vor, lange zu zögern.<<
>>Es tut mir Leid für euren Verlust und danke dafür, dass ihr dieses Risiko auf euch nehmt.<< setzte sie an, bevor sie sich erhob.
>>In zwei Tagen wird eine Feier abgehalten und es spricht sich rum, dass das Hauptaugenmerk auf den jungen Mädchen liegen wird. Was auch immer ihr vorhabt Kind. Das ist die beste Möglichkeit an die Königsfamilie ranzukommen.<<
Nun sind es schon zwei Menschen, die ihr raten, sich an den Kronprinzen ranzuschmeißen. Nun, so unklug war es nicht, doch es würde nur klappen, wenn er manipulierbar war. Und diese Möglichkeit käme nur in Betracht, wenn sie tatsächlich keine anderen Möglichkeiten hätte. Atarah würde sich in zwei Tagen entscheiden. In zwei Tagen würde sie endlich alles beenden, oder sich in einem langen Kampf wiederfinden.
Sie bedankte sich weitere male, bevor sie sich endlich zurückzog und alles verarbeitete, was man ihr erzählt und gesagt hatte.
Und diese Nacht war schrecklich. Denn sie Träumte von ihren Eltern und von dem General. Sie träumte von diesen verlorenen Seelen, die noch immer keine Gerechtigkeit erfahren hatten.

The Broken Love-Du gehörst Mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt