Teil 16

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>>Du machst es mir schwer, mich nicht dafür zu hassen Avel.<< flüsterte sie still und voller Schuld. Sie verstand nicht, wie er sie nicht hassen konnte und noch weniger verstand sie, dass aus ihm kein Monster geworden war, obwohl er doch all die Jahre unter dem Dach eines Monsters gelebt hat. >>Und du machst es mir schwer dich dafür zu hassen. Ich denke wir sitzen beide in der Klemme.<< erwiderte er und strich ihr dabei sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Atarahs Atem ging flach, als seine Lippen sich leicht öffneten und sein Blick auf die ihre glitt. >>Vielleicht sollten wir von vorne beginnen.<< hauchte er sanft. >>Ich will die Wahrheit.<<
Atarah nickte an seine Lippen und fragte sich, warum sie plötzlich enttäuscht darüber war, dass er sie nicht küsste und sich stattdessen seitlich neben sie legte. Er wartete darauf und ließ ihr Zeit zu sprechen und obwohl es sich so merkwürdig anfühlte ihre Geheimnisse hervorzuholen, tat sie es trotzdem. >>Ich war damals sehr jung. Vielleicht fünf oder jünger, als der Krieg ausbrach. Meine Eltern lebten gemeinsam mit mir in der Nähe von hier, bevor unser Haus abgerissen wurde und...<< sie schluckte schwer und sah hinauf zur Decke. >>Es waren drei Männer, völlig schwarz gekleidet. Sie trugen meinen Vater bei sich und schmissen ihn vor die Füße meiner Mutter. Ich weiß bis heute nicht, was der Grund dafür war. Ich weiß nur, dass es der schlimmste Tag meines Lebens war. Die schmierigen Gesichter von diesen Männern werde ich nie vergessen, als sie meine Mutter in das Nebenzimmer gezerrt hatten und ich kniend und weinend vor meinem Vater hockte.<<
Atarah holte zitternd Luft, bevor sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel löste. >>Damals wusste ich nicht, warum meine Mutter im Zimmer, hinter dieser verschlossenen Tür geschrieen hatte und mein Vater verzweifelt versucht hat sich dorthin zu schleppen. Ich verstand nicht, worum ich die Männer gefleht habe und wie stark ich gegen diese Arme gekämpft habe, die mich von meinem Vater und dieser Tür weggezerrt haben. Und ich wünschte ich wüsste es heute genauso wenig. Doch so ist es nicht.<< flüsterte sie in die Stille, bevor sie ihren Kopf zu Avel drehte. >>Sie haben sie schließlich vor mir umgebracht und mir gesagt ich solle der Gnade der Königin danken, bevor sie mich auf ihr Pferd schmissen und in ein mir fremdes Gebäude brachten. Die Familie an die ich geraten war...ich bin als Dienstmädchen aufgewachsen. Zu mehr war ich nicht wert in ihren Augen.<<
>>Atarah..<< setzte Avel an, bevor er sie fest in seine Arme zog. Sie war zuerst überrascht und als die nächsten Worte aus seinem Mund drangen, brach ein Damm in ihr, der viel zu lange in ihrer Brust lastete. >>Ich bin bei dir. Lass los.<<
Ihre stillen Tränen flossen. Der Schmerz der vergangenen Jahre, den sie nie herausgelassen hatte, drang mit so einer Heftigkeit raus, dass sie glaubte nie mehr aufhören zu können.
Aber genau das tat sie irgendwann, nachdem ihr Körper zu zittern aufhörte und ihre Augen trocken von den ganzen Tränen waren. Erst jetzt merkte sie, wie Avel behutsam über ihren Rücken strich und ihren Kopf fest an seine Brust drückte.
>>Du hast jedes Recht ihn zu hassen. Jedes verdammte recht.<< hörte sie seine warme Stimme, bevor sie sich von ihm löste und über ihr Gesicht wischte. >>Wir beide.<< ergänzte sie und protestierte nicht, als Avel sie abermals zu sich herunter zog. Wieder in seine warmen Arme, die ihr das Gefühl von Geborgenheit schenkten.
>>Wir beide.<< wiederholte er sanft.
Sie hatte es nie für möglich gehalten, dass sie ihr Herz einmal derart öffnen würde. Vor allem nicht für jemanden, der dem König so nah war und doch war sie hier. In den Armen ihres früheren Feindes und das Trost suchend.
Was war das für eine Ironie, in dem ganzen Schmerz eine Seele zu finden, die ihr Hoffnung schenkte. Sie hatte schon lange mit ihrem Leben abgeschlossen und war überzeugt gewesen entweder bei dem Versuch den König und die Königin zu töten, zu sterben oder zu Fliehen. Irgendwo, wo sie sich selbst überlassen war. Fern von einem Leben, dass sich ihre Eltern für sie gewünscht hatten. Nun in Avels Armen zu liegen, obwohl er die ganze Wahrheit kannte, war erleichternd und wie ein Geschenk. >>Dein morgiger Tag gehört mir Atarah.<< hauchte er sanft, ehe er die Decke über sie aufschlug, während sein Geruch nach Wald und Beeren  sie schließlich einlullte und in einen ruhigen Schlaf lockte.

The Broken Love-Du gehörst Mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt