Teil 15

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Avel trat in Atarahs Zimmer und schlich hinein in der tiefen Finsternis. Dass sie schlief und er schon wieder ungebeten hereintrat, war nicht von belang. Vorsichtig lief er zu ihrem Bett und sog scharf die Luft ein, als er auf einen Gegenstand trat. Sie wälzte sich im Bett hin und her, wachte aber nicht auf, sodass ihm noch Zeit blieb. Er bückte sich auf den Boden und umfasste das kleine Fläschchen, dass aus ihrem Kleid herausgerutscht war und runzelte verwirrt die Stirn. Schlangengift. Eines der tödlichsten überhaupt.
Plötzlich war es, als würde alles auf einmal auf ihn einprasseln. Seine erste Begegnung mit ihr, wie sie durch diesen Garten geschlichen war. Der Widerwillen, den er herunter geredet hat, obwohl er diesen so stark gespürt hat. Ihre Geheimnisse, die sie nicht teilte wollte und diese Wut, die manchmal aus dem nichts aufblitzte. Nein, nicht aus dem Nichts. Immer wenn er über seine Familie sprach.
Und sie war anders als die anderen Frauen. Avel schien erst jetzt bewusst zu werden, dass er nichts von ihr wusste und als der Stich in seiner Brust immer größer wurde, begann seine Wut und Enttäuschung von ihm Besitz zu ergreifen.
Mit seiner Magie versiegelte er den gesamten Raum, sodass sie niemand hören konnte. Erst dann stellte er sich gegenüber ihr Bett, ging darauf zu und umschloss ihren Hals mit seinen Händen. Es schmerzte ihn, als sie schockiert zu ihm aufblickte und obwohl er nicht wirklich zudrückte, tat es ihm mehr weh als alles andere, dass er jemals getan hatte. >>Avel..<< flüsterte sie in die Stille der Nacht und sah mit ihren dunklen großen Augen zu ihm auf. >>Verdammt<< knurrte er, bevor er ihren Hals frei gab und im Raum herum tigerte. >>Warum hast du Gift in deiner Tasche? Warum bist du in mein Leben getreten? Wer bist du verdammt?<< knurrte er wütend und verletzt. Sie stritt es nicht ab, starrte ihn nur an. >>Wirst du mich jetzt töten?<< fragte sie stattdessen.
Konnte er es? Sie töten? Sie seinem Vater ausliefern? >>Warum Atarah? Warum zwingst du mich in diese Situation.<<
Schuld zeichnete sich in ihrem Blick ab, bevor die Wut sie ablöste und dafür sorgte, dass sie ihre Decke beiseite schob und zu ihm trat. Nur im Nachtkleid. >>Weil dein Vater dieses Reich zugrunde führt. Weil wir alle in dieser Finsternis stecken. Weil deine Eltern meine Familie auf dem gewissen hat Avel. Ihretwegen leiden so viele dort draußen. Ihretwegen...<< brach sie ab. >>Ich hätte dich nicht umgebracht. Zuerst schon, aber...ich hätte ihnen dieses Gift eingeflößt und wäre verschwunden Avel.<< beichtete sie. >>Du hättest mich also verlassen. War all das eine Lüge?<< fragte er. >>Ist das wichtig? Spielt das eine Rolle? Eigentlich sollte ich dich auch hassen Avel...<< weiter kam sie nicht. Er umschloss abermals ihren Hals und presste sie gegen die Wand neben ihrem Bett. >>Ich habe dich wenigstens nie belügt, dir nie etwas vorgespielt. Du hast mein Herz zum leben erweckt und es brutal herausgerissen. Du hast mich zerstört.<< warf er ihr vor, noch immer sanft ihren Hals umschließend. >>Ich sollte dich hassen Atarah. Eigentlich sollte ich dich so abgrundtief verachten und doch kann ich es nicht.<< stieß er verzweifelt aus. Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie ihre Hand auf seine Brust presste. Dort wo sein Herz unaufhörlich schlug. >>Ich tat es weil ich musste. Avel...deine Mutter hätte das vor langer Zeit verhindern können und nun sieh wo wir stehen. Du weißt selbst was dein Vater dir angetan hat. Jetzt frag dich einmal, was er jenen antut, die ihm nichts bedeuten.<< Alles in ihm kämpfte gegeneinander. Seine Gefühle für sie, der Verrat zwischen ihnen und sein Leben in diesem Schloss. Verloren presste er seine Stirn gegen ihre. >>Avel. Was ich zu dir gesagt habe. Dass ich hier bleiben will, bei dir. Ich meinte das ehrlich. Am Anfang habe ich eine Rolle spielen müssen, aber von Zeit zu Zeit begann ich dich wirklich zu respektieren. Und ich...es tut mir so Leid. Aber es ist mein Schicksal. Ich habe es nicht nur mir selbst versprochen. Ich habe es diesem Reich versprochen und ich wollte nicht selbstsüchtig sein. Deswegen habe ich all die Gefühle für dich untergraben.<< Er schüttelte leicht mit dem Kopf, bevor er seine Hand ebenfalls an ihr Herz legte. >>Was soll ich nur machen.<< flüsterte er gequält. >>Ich weiß nicht was ich tun soll.<<
Ihr Duft umhüllte ihn und ihre Worte erweichten sein Herz. Er wusste tief in seinem Inneren, dass er ihr nichts tun konnte. Zumal sie recht hatte mit seinem Vater.
>>Hilf mir.<< hauchte sie sanft. Ihr helfen, seine Eltern zu töten, damit sie ihn dann verlassen konnte? Er war nicht bereit dazu. Er konnte sie nicht gehen lassen. >>Avel..?<< setzte sie erneut an, woraufhin er sie auf das Bett presste und sich über sie beugte. >>Wir tun es auf meine Weise.<< verlangte er entschlossen. >>Du wirst mich heiraten. Wir töten meinen Vater und herrschen gemeinsam über Creisseida.<< Sie sah ungläubig zu ihm auf. >>Deine Mutter?<< fragte sie schließlich. Kurz holte er tief Luft, ehe er sich zu ihr beugte. >>Meine Mutter ist nur das Resultat meines Vaters. Sie hat genug gelitten und wird für den Rest ihrer Zeit unter unserer Aufsicht leben.<< Atarah schien zu zögern. >>Vertrau mir, so wie ich dir gerade vertraue Atarah. Bitte. Gib uns eine Chance für eine gemeinsame Zukunft.<< Eine einsame Träne kullerte über ihre Wange.
>>Wie kannst du mir vertrauen nach all dem? Wie kannst du mir vergeben?<<flüsterte sie gequält und schluchzte schließlich, als er sie fest an sich drückte. >>Weil meine Liebe zu dir Stärker ist, als mein Hass. Weil ich lieber ein Leben in Angst führen würde, dass du mir einen Dolch in mein Herz rammst, als auf dieser Welt zu verweilen mit dem Wissen, dass du nicht mehr bist. Weil ich verloren habe Atarah. Ich habe in jenem Augenblick verloren, als ich dich in diesem Garten gesehen habe.<<

The Broken Love-Du gehörst Mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt