Teil 17

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>>Ich bin überrascht, dass es so etwas noch gibt. Einige der Pflanzen habe ich schon lange nicht gesehen und andere wiederum sind mir so fremd.<< wunderte sie sich, als sie durch den dichten Garten lief. Avel sah ihr still dabei zu, wie sie eine der Lilien sanft berührte und fast ehrfürchtig über die Blütenblätter fuhr. >>Es ist für meine Mutter und erstaunlicherweise auch einer der Leidenschaften meines Vaters, diesen Garten gemeinsam mit ihr zu pflegen.<< ließ er sie wissen, woraufhin sie stirnrunzelnd inne hielt. >>Sie pflegen ihn gemeinsam? Nicht die Diener?<<
Avel schmunzelte und schmiegte sich von hinten an sie. >>Er würde nie zulassen, dass ein anderer diesen Ort betritt. Einer der Gründe, warum wir in zwei Minuten hier raus müssen.<< Atarah erwiderte nichts weiter darauf, sondern folgte ihm stillschweigend durch die Hintertür des riesigen Glasgewölbes hinaus, nur um im nächsten Moment einen Blick auf das dürre, trockene Boden zu erhaschen. Avel wusste um ihre Enttäuschung, die er selbst immer empfand, wenn er den prächtigen Garten seiner Eltern verließ. Ohne ihr Zeit zu geben, griff er nach ihrer Hand und zog sie mit sich, um das Glasgewölbe herum nach links. Geradewegs zu dem Turm, in dem er seine meiste Zeit verbrachte, um dem zu entkommen, was sich im Schloss abspielte.
>>Das hier habe ich für mich beansprucht und da es in den Augen meines Vaters nur ein nichtssagender Turm ist, hat er ihn mir einfach überlassen.<< Er hatte Atarah nicht alles vom Schloss gezeigt, weil die meisten Gänge leer standen und nur so vor Staub trotzten. Es war zu groß und das Vertrauen seines Vaters zu gering, als dass er zulassen würde, dass mehr Menschen dieses Gewölbe bewohnten. >>Ich finde es schön. Auch wenn es recht ungewöhnlich aussieht neben dem Rest.<< stellte sie fest.
>>Es ist aus Sandstein.<< erklärte er, bevor er die große Tür öffnete. >>Alle Gebäude waren aus Sandstein, bis mein Vater die Krone beansprucht hatte. Jetzt ist es irgendwie alles und doch nichts.<<
Atarah nickte grübelnd und folgte ihm die Treppen des Turmes hinauf. Oben angekommen forderte er von ihr, die Augen zu schließen, was sie auch tat. Er hatte diesen Turm noch niemandem gezeigt. Es war ein Teil seiner Seele, die verborgen war und ihm doch so viel bedeutete. Als sie endlich eintraten und er Atarah in die Mitte des Raumes führte, beugte er sein Kopf nach vorne und berührte mit seinen Lippen ihr Ohr. >>Du kannst sie öffnen.<< hauchte er, bevor er einen Schritt zurück trat und sie dabei beobachtete, wie sie sich langsam im Kreis drehte, während ihr Blick überall hin schwirrte. Sie betrachtete die kleinen Gebäude, die er aus allerlei Materialien gebaut hatte und die Figuren, die er geschnitzt oder gebrannt hatte. Sie schien nicht genug zu sehen in dem fast vollgestellten Raum und für einen Moment packte ihn die Aufregung, was sie sagen würde. Als ihr Blick endlich den seinen traf und ein echtes Lächeln auf ihren Lippen lag, fiel ein Stein von seinem Herzen. >>Es ist so schön Avel. Ist das wirklich alles dein Werk?<<
Er nickte nur und folgte ihrem Blick, der hinter ihm hängen blieb. Das hatte er völlig vergessen.
Bevor er sie daran hindern konnte, schob sie ihn zur Seite und besah sich die Figur auf seinem Arbeitstisch, an der er vor kurzem begonnen hatte. Atarah streckte ihre Hand nach der unfertigen Figur aus und hielt inne, bevor sie diese tatsächlich berühren konnte.
>>Ich weiß, dass es merkwürdig wirken muss, aber ich konnte nicht anders.<< versuchte er die Situation zu retten. Ihr Gesicht war ausdruckslos, als sie zu ihm sah. >>Jedes mal, wenn ich meine Augen geschlossen habe, habe ich dich gesehen. Ich dachte es würde mir helfen, wenn ich das Bild festhalte.<< Sie sah wieder zur Figur, die ihr Ebenbild zu sein schien und dann wieder zu Avel. >>Es fällt mir noch immer schwer zu glauben, dass du mich tatsächlich...ich weiß nicht. Es fühlt sich ungewohnt gut an zu sehen, dass du eine Figur gemacht hast, mit meinem Gesicht und doch ist es...ich weiß nicht.<< stockte sie, bevor sie auf ihn zutrat. >>Warum? Ich glaube das ist die eigentliche Frage, die mich nicht los lässt. Warum willst du mich, vor allem nachdem du die Wahrheit über mich erfahren hast? Obwohl du weißt, dass ich dennoch nie aufgeben werde, solange dein Vater atmet.<<
Starr sah sie zu ihm auf, abwartend, während Avel seine Hand zu ihrer Wange hob und in ihre dunklen Augen sah. >>Liebe ist kompliziert Atarah. So kompliziert und komplex, dass ich dir diese Frage nie beantworten werden kann. Wie kann ein Blick in deine Augen reichen, um meine Welt auf den Kopf zu stellen? Frag mich das nicht. Frag mich nicht nach dem warum und wie denn, verflucht soll ich sein ich würde durch die Hölle für dich gehen und noch immer nicht beantworten können, warum.<< hauchte er fast verzweifelt. >>Vielleicht existiert dieses Wort deshalb Atarah. Vielleicht muss man nicht verstehen, warum man eine Person liebt. Vielleicht reicht es aus, wenn man weiß, dass es Liebe ist. Vielleicht reicht es aus, um dein Warum verblassen zu lassen.<<
Sie nickte leicht, bevor ihr Blick abermals zu der Figur huschte, aus schwarzem Gestein.
>>Vielleicht hast du recht.<< erwiderte sie und sah ein weiteres mal zu ihm hoch. Dieses mal zog sie ihn an seinem Kragen zu sich herunter. >>Vielleicht genügt es tatsächlich.<< flüsterte sie an seine Lippen.
>>Vielleicht..<< begann sie, doch es blieb unausgesprochen, als Avel den letzten Millimeter schloss und ihren Mund in Besitz nahm.

The Broken Love-Du gehörst Mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt