Chapter 26

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"Wie lange noch, bis wir bei ihr sind?"

Klaus knurrte und warf der Hexe einen Blick zu. Es kam ihm vor, als wären sie seit Stunden durch diese Tunnel gegangen, die eher einem Labyrinth glichen. Zu Beginn hatte er versucht sich die Abbiegungen zu merken, für den Fall, dass die Hexe ihn belog, aber nach einer Weile hatte er den Überblick verloren. Seine Gedanken waren viel zu sehr auf Johanna und Mikael fokussiert. Er dachte daran, was sein Vater ihr alles antun könnte, nur um ihn zu bestrafen. Wenn Johanna etwas passieren würde -

"Wir sind gleich da", sagte Sophie leise und unterbrach somit seinen Gedankengang.

Sofort stellte Klaus all seine Sinne auf höchste Konzentration. Er vernahm das Tropfen von Wasser, welches an den Wänden hinablief. Er atmete Gerüche ein, erkannte ein Lagerfeuer und natürlich den Duft von Johanna. Als nun auch noch ein Wimmern erklang, half ihm nur der Lähmungszauber der Hexe nicht sofort loszurennen. Zornig wollte er sie anschreien, doch auch seine Stimme war nicht mehr vorhanden. Aus seinen Augen glühte purer Hass. Sie hatte ihn verraten.

Die Hexe verdrehte die Augen, ehe sie leise das Wort ergriff. 

"Ich habe euch gelähmt, damit ihr nicht sofort auf sie zurennt. Wir müssen den richtigen Moment abwarten."

Seine Augen wurden zu Schlitzen. Was für ein richtiger Moment?! Jede Sekunde, die seine Frau bei diesem Psychopathen verbrachte, war schon ein Moment zu lang. Plötzlich vernahm er Johannas Stimme, die von den Wänden niederhallte.

"Du wirst ihn nicht bekommen. Er wird mich nicht finden, niemand wird mich finden!"

Mikael lachte höhnisch auf.

"Ich hätte nicht gedacht, dass du so naiv sein könntest. Er ist besessen von dir. Er wird dich niemals gehen lassen. 800 Jahre hat er dich gejagt, er wird niemals aufhören. Merkst du es nicht? Er mag vielleicht denken, dass er dich liebt, aber in Wahrheit will er dich nur besitzen. Wenn er dich wirklich lieben würde, würde er dir die Wahl lassen, zu gehen, sei es auch nur um dich vor mir in Sicherheit zu wiegen. Das hat er aber nicht getan, nicht wahr? Liebe macht einen schwach und führt zu Fehlern. Er wird hierher kommen, allein schon um seinen kostbarsten Besitz wieder zu erlangen."

Klaus Wut stieg von Wort zu Wort. Er war so sehr darauf konzentriert, dass er im ersten Moment nicht einmal merkte, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte. Erst als Sophie im einen Klaps auf den Arm versetzte, bemerkte er, dass der Zauber vorbei war. Leisen Schrittes ging er voran bis er am Eingang stand.

"Er liebt mich. Vielleicht nicht so, wie es andere Paare tun, aber auf seine Art und Weise liebt er mich!", entgegnete Johanna ihrem Schwiegervater störrisch.

"Du und dein verdammter Starrkopf. Den werde ich dir schon noch austreiben!" Mikael eilte auf sie zu, doch noch ehe er sie erreichen konnte, wurde er von jemandem zurückgestoßen.

"Lass.deine.Finger.von.meiner.Frau." knurrte Klaus.

Johanna sackte vor Erleichterung leicht zusammen. Auch wenn sie froh war, dass Klaus sie gefunden hatte - die Angst um ihn wuchs augenblicklich.

"Du hättest mich nicht finden sollen, Nik. Er wird dich töten.", flüsterte sie leise.

Klaus drehte sich um, legte eine Hand an ihre Wange und sah ihr tief in die Augen. "Ich werde dich immer finden." 

Mikael schnaubte verächtlich. 

"Das ist genau das, was ich dir sagte, Johanna - Besitzergreifend. Der große, böse Wolf, der es nicht erträgt allein zu sein. Hast du denn noch immer nichts gelernt, Junge? Keiner wird dich je lieben oder freiwillig bei dir bleiben."

Klaus zuckte für einen Moment zusammen. Einem Menschen wäre es nicht aufgefallen, einem Vampir jedoch schon.

"Du bist schwach, Niklaus. Eine Missgeburt. Du hättest niemals existieren sollen. Du bist eine Schande für mich."

"Hör auf damit!", rief Johanna erbost. Ihr Brustkorb zog sich vor Schmerz zusammen. Wie konnte ein Mann nur so grausam sein?! Plötzlich erkannte sie aus dem Augenwinkel, wie sich eine weitere Gestalt hineinschlich. Ihr Herz erstarrte. Es war Sophie. 

Nur eine Sekunde später lag Mikael auf dem Boden. Sophie hatte den selben Zauber angewandt, wie zuvor bei Klaus.

"Sophie", begann Johanna, doch die Hexe unterbrach sie.

"Lauft fort! Es können nur zwei Leute rein und raus."

"Aber das würde heißen.."

"Sei unbesorgt, ich werde einen Weg finden. Doch ich kann Mikael nicht ewig aufhalten. Nehmt immer die linke Biegung, dann werdet ihr hinausfinden."

Die Anspannung war ihr ins Gesicht geschrieben. Schweißperlen liefen ihr über die Stirn.

Mit einem Ruck befreite Klaus Johanna von ihren Ketten, nahm sie bei der Hand und rauschte mit ihr davon, bis sie endlich an den Eingang kamen und hindurchschritten.

Johanna ging auf die Knie und atmete die kühle Luft des Grases ein, als sei sie ein Fisch, der soeben zurück ins Wasser geworfen wurde. 

"Johanna!", schluchzte Rose und warf sich auf ihre Freundin. Doch die Wiedersehensfreude wurde schnell unterbrochen.

"Wir haben nicht viel Zeit und wir können nicht zurück zum Anwesen", erklärte Klaus grimmig. Er starrte ununterbrochen zu Johanna, mit der Sorge, es wäre nur eine Einbildung, dass sie wieder hier bei ihm war.

"Ich habe von einem Ort gehört, der erst vor kurzem entdeckt wurde, Bruder. Es soll dort viel fruchtbares Land geben. Wir könnten uns ein Schiff nehmen und vorerst dorthin gehen."

Klaus nickte. Jeder Ort war besser als hier. Er beobachtete, wie Johanna sich aufrichtete, den Staub von ihren Kleidern klopfte, bereit sich von Rose und Trevor zu verabschieden. Für einen Moment stellte er sich ihre gemeinsame Zukunft vor. Wie sie zwar zusammenblieben,  aber sie von Ort zu Ort flohen, nie in Sicherheit. So ungern er sich dies auch eingestehen mochte: Hatte Mikael recht gehabt? War sie bei ihm stets in Gefahr? Klaus wusste, dass er Johanna von ganzem Herzen liebte, doch er hatte ihr nie die Wahl gelassen. Augenblicklich traf er eine Entscheidung, die er nie im Leben getan hätte.

"Wir drei gehen definitiv.", sagte er und deutete auf seine Geschwister.

Verdutzt blickten ihm fünf Gesichter entgegen.

"Was ist mit mir?", fragte Johanna misstrauisch.

Klaus ging einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand in die seine. Ein Schmerz durchfuhr ihm bei dem Gedanken, dass er sie soeben zum letzten Mal berühren könnte.

"So sehr ich Mikael für seine Worte auch hasse, er hatte mit einer Sache recht. Ich habe dir nie die Wahl gelassen. Glaub mir, ich will dich bei mir haben, will dich mitnehmen und beschützen, so wie ich es schon immer wollte. Aber wenn mich die letzten Monate mit dir eins gelehrt haben - du bist kein Besitz. Also lasse ich dir die Wahl. Du kannst hier bleiben, in das Dorf gehen und dich in Sicherheit wissen oder du kommst mit mir. Ich liebe dich Johanna aber ich kann dir keine Sicherheit vor Mikael bieten. Dich heute dort zu sehen, diese Angst zu fühlen dich zu verlieren...das war das Schlimmste, was ich je erlebt habe."

Jeder hielt den Atem an. Das war das untypischste was ein Niklaus Mikaelson tun würde. Und dennoch entsprach es der Wahrheit, dies war an seinem Gesicht deutlichst zu lesen.

Johanna sah ihn verunsichert an.

"Es ist keine Falle, Johanna. Wofür auch immer du dich entscheidest, ich werde es akzeptieren und hoffen, dass das Schicksal uns eines Tages wieder zusammenführt. Ich liebe dich."

Für einen Moment ließ die Vampirin die letzten Monate révue passieren, ließ zu, dass sie die Wahrheit sah und sich selbst nichts mehr vormachte. Sie musste keine Sekunde darüber nachdenken, welche Wahl sie treffen würde.

"Ich komme mit dir."

Klaus spürte, wie ihm eine Last von den Schultern fiel. Er schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen die ihre, während er die Arme um sie schlang. Leise, so leise, dass nur er es hören konnte, flüsterte Johanna: "Ich liebe dich auch."

Once upon a time (Klaus/OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt