Chapter 20

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Eine gefühlte Ewigkeit später hatten sich die zwei Freundinnen wieder nach unten begeben.
Noch immer aufgeregt diskutierend, bemerkten sie nicht, dass Klaus sich ebenfalls in dem Raum befand und Johanna beobachtete.
Er beobachtete, wie ihre Hände beim Reden gestikulierten.
Wie ihr Haar in der Sonne glänzte.
Wie ihre Augen bei dem Gespräch mit Rebekah leuchteten.
Es schien fast, als sei sie glücklich.
Jedoch versetzte es ihm einen leichten Stich, wenn man bedachte, dass sie in Rebekahs Gegenwart glücklich war und nicht in seiner.
Ob sie wohl jemals mit ihm glücklich gewesen war?
Vielleicht in ihrer gemeinsamen Kindheit?
Er war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er nicht mal merkte, wie Johanna ihn anstarrte.
„Klaus?", sagte sie zum wiederholten Male und er blickte auf.
„Wie bitte?"
„Ich fragte, wieso hier so viele Bilder hängen, aber kein Porträt von dir und deinen Geschwistern."
Er wollte gerade antworten, als sich ein Grinsen auf seine Lippen schlich, was Johanna einen misstrauischen Gesichtsausdruck bescherte.
„Weißt du was, Johanna? Du hast Recht. Es sollte wirklich mehr Porträts geben. Ich werde einen Maler anfordern und noch heute wird er eins von uns malen."
„Moment mal. Uns? Ich meinte dich und deine Geschwister!", erwiderte sie aufgebracht.
Anscheinend hatte sie mit dieser Antwort nicht gerechnet.
„Johanna, du bist doch meine Ehefrau! Natürlich werden auch welche von meinen Geschwistern und von mir erstellt, aber zuerst soll eins von uns beiden gemalt werden. Das können wir entweder in die Eingangshalle oder ins Schlafzimmer hängen. Geh doch schon mal hoch und such dir ein Kleid aus. Du darfst sogar selbst wählen, welches Kleid du möchtest."
Johanna schaute verdrießlich rein, murmelte etwas wie „war ja klar." und verließ böse blickend den Raum, während sich Klaus grinsend auf den Weg machte um jemand herbei zuordern, der das Bild malen würde.

Wütend auf sich selbst, stapfte sie die Treppe hoch.
Das war ja mal wieder ein typischer Johanna-Move.
Anstatt, dass sie erstmal dachte, bevor sie sprach, brachte sie sich gleich wieder in solche Situationen, aus denen es keinen Ausweg gab.
Sie konnte ja nicht mal absichtlich die Treppe runterstürzen und sagen, dass sie sich etwas gebrochen hätte.
Als Vampir würde die Heilung viel zu schnell einsetzen.
Missmutig durchquerte sie das Schlafzimmer und betrat das Ankleidezimmer.
Sie hatte nun so viele Kleider zur Auswahl...Welches sollte sie nur wählen?
Als hätte jemand ihre im Stillen gestellte Frage gehört, fiel ihr Blick auf einmal nach rechts und sie sah es.
Das perfekte Kleid für das Bild.
Nicht zu zugeknöpft, nicht zu aufreizend...Und hatte Rebekah nicht sowieso gesagt, dass ihr lila wunderbar stand?
Andererseits...bei all den Verzierungen und Rüschen...was wäre, wenn es länger dauern würde, bis der Maler fertig wurde?
< Ist doch egal. >, dachte sie sich, < Mir gefällt das Kleid. Vielleicht findet er mich in dem Kleid ja hübsch. >
Nur wenige Sekunden, nachdem sie diesen Satz in Gedanken ausgesprochen hatte, sah sie ihren entsetzten Blick im Spiegel.
Auf einen Schlag wurde es ihr bewusst.
Das Erröten, dieser Gedanke...das letzte Mal, dass ihr sowas passiert war, war vor fast 800 Jahren gewesen.
Und das war kurz vor der Hochzeit mit Henrik gewesen.
< Oh nein. Oh nein. Das kann nicht stimmen. Bestimmt hat er mich manipuliert. Oder verzaubert. >, schrie eine Stimme in ihrem Kopf aufgebracht, während die andere sagte: < Kann es nicht vielleicht auch einfach sein, dass du mal Gefühle zulässt? Und kann es nicht vielleicht einfach sein, dass du diese neue Art von ihm magst? >
„Ach haltet Beide die Klappe.", murrte Johanna und machte sich daran das Kleid überzuziehen, als es an der Tür klopfte.
„Herein.", rief sie, noch während sie sich abkämpfte das Kleid zuzukriegen.
„Brauchst du Hilfe, Liebes?", hörte sie eine Stimme ruhig fragen.
Johanna wurde sofort rot im Gesicht.
War ja klar, dass er ausgerechnet dann kam, wenn sie unfähig war, dieses verfluchte Kleid zuzubekommen.
„Ähm, ja, ich glaube, ich könnte Hilfe gebrauchen. Würdest du bitte das Kleid hinten zu machen? Ich würde ja Rebekah oder eines der Hausmädchen holen, aber..."
Noch bevor sie ihren Satz beenden konnte, stand er hinter ihr und schloss das Kleid sorgsam und für Johannas Geschmack viel zu langsam.
Eine Gänsehaut breitete sich auf ihren Schultern aus, als er sachte darüber strich.
Johanna wollte sich gerade umdrehen und jemanden für ihre Frisur holen, als er die Hände an ihre Hüfte legte, seinen Mund zu ihrem Ohr bewegte und flüsterte: „Du bist wunderschön."
„Ähm danke. Du siehst auch ganz gut aus.", erwiderte sie leise.
Doch ihre Aussage stimmte nicht. In Wahrheit fand sie, dass er atemberaubend in seinem Anzug aussah. So reif und irgendwie männlich.
Johannas Kopf begann sich wieder in eine Tomate zu verwandeln und sie zwang sich wegzublicken.
„Also wollen wir?", fragte sie, doch er hielt sich noch immer fest.
„Ich dachte du wolltest noch jemanden für deine Haare?"
„Ja, stimmt genau. Ich suche mal Rebekah."
„Nicht nötig, sie wartet bereits draußen."
Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und verließ das Zimmer, worauf dessen Rebekah hineinkam, die Hände mit sämtlichen Sachen bepackt.
„Das Kleid steht dir wirklich gut, Johanna.", meinte sie während sie ihre Freundin auf einen Stuhl zwang und begann ihre Frisur vorzubereiten.
„Hör mal, ich hatte keine Ahnung, dass Nik sofort ein Bild von euch fordern würde, aber versuch einfach ruhig zu bleiben, okay?"
„Natürlich, Bekah.", erwiderte diese.
Sie ertrug die lange und zwischendurch etwas schmerzhafte Prozedur ihrer Haarfrisur recht schweigend. Nach einer gefühlten Ewigkeit gab Rebekah ihr Okay und gemeinsam liefen sie in den Salon, wo der Maler bereits alles vorbereitet hatte.

„Ah, Lady Mikaelson, schön euch zu sehen. Wenn ihr euch nun bitte zu Lord Mikaelson stellen würdet? Es wird ein seitliches Profil benötigt, also stellt euch bitte gegenüber. Mylord, legt bitte eure Hände um die Hüfte eurer Frau und Mylady verschränkt bitte eure Hände hinter dem Hals eures Ehemanns. Ja, perfekt. So nun schaut euch bitte in die Augen und nehmt am besten eine bequeme Haltung ein, es kann eine Weile dauern, bis das Bild fertig ist."
Auch wenn sie sich normalerweise nicht gerne etwas sagen ließ, tat sie wie geheißen.
Klaus legte seine Hände sanft um ihre Hüfte, sodass ein angenehmer Druck einstand.
Johanna verschränkte ihre Hände hinter Klaus Nacken und sie sahen sich, wie der Maler es verlangt hatte, in die Augen.
Zumindest versuchten sie es.
Während Klaus durchgehend in Johannas Augen blicken konnte, konnte sie nicht dauerhaft in die seinen schauen.
„Mylady, bitte.", ermahnte sie der Maler und Johanna atmete noch einmal tief durch, ehe sie sich wieder Klaus zuwandte.
Sie sah ihm in die Augen.
Tief und eindringlich.
Eine Kombination aus grün und blau starrte ihr entgegen.
Sie betrachtete den Rest seines Gesichts.
Seine Wangenknochen, seine Nase, seinen Mund...
Es fühlte sich an, als gäbe es in diesem Moment nur sie und ihn.
Alle Geräusche verstummten, jegliches Zeitgefühl war ausgebrannt und eine angenehme Stille legte sich über die Beiden, wie eine Decke abends über den Körper. 
Es fühlte sich an als würde alles um sie herum vibrieren, eine Gänsehaut war auf ihrem Körper, jegliche Nerven waren auf Höchstleistung.
Es war dieser Moment, in welchem es schien, dass all das Böse und Schlechte was ihnen im Leben bisher passiert war, verbannt worden wäre und sie von einer Glückseligkeit ertränkt werden würden.
Als ob man auf einmal fliegen könnte. Als ob man frei wäre. Als ob man nie wieder unglücklich sein müsste. Als ob alles an richtiger Stelle sei.

Klaus beobachtete angespannt, wie sich ihre Gesichtszüge immer wieder veränderten, bis sie letztendlich entspannt und intensiv in seine Augen blickte.
Es war eine Ewigkeit her, dass er sich ihr so nah gefühlt hatte.
In diesem Moment gab es nur noch sie Beide, keine Vergangenheit, keine Zukunft, nein, sie waren einfach nur im Hier und Jetzt.
Ihre Lippen waren leicht geöffnet und Klaus musste sich zusammenreißen, sie nicht auf der Stelle zu küssen.
Sie sah so wunderschön in ihrem lilafarbenen Ballkleid aus.
Er merkte nicht, dass sich seine Mundwinkel nach oben gezogen hatten, erst als sie ein schüchternes Lächeln von sich gab, erkannte er, dass er ebenfalls lächelte.
Sanft, fast als ob er auf ihre Bestätigung warten würde, zog er sie ein wenig näher an sich heran, sodass ihre Körper nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
Und zu Klaus großem Erstaunen wehrte sie sich nicht, nein, es schien fast als würde sie diese Berührungen genießen.
Die zwei Vampire wussten nicht, wie viel Zeit vergangen war, als der Maler plötzlich „Fertig" rief.
Doch sie wussten, dass diese Zeit wunderschön für sie beide gewesen war.
„Komm, sehen wir es uns an.", sagte Klaus leise und nahm ihre Hand.
Gemeinsam gingen sie zu dem Gemälde und betrachteten es.
Der Maler hatte wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet.
„Es ist wunderschön.", flüsterte Johanna und blickte Klaus von der Seite an.
„Genau wie du.", erwiderte er und lächelte.
Sie errötete und lächelte zurück.

Der Tag ging schnell vorüber und noch immer huschten viele Gedanken in Johannas Kopf herum.
Was empfand sie wirklich?
Und wieso hatte sie sich bei dem Porträt so wohl gefühlt?
War sie wirklich dabei sich in ihn zu verlieben?
Und wenn ja, wäre das wirklich so schlimm, wie sie einst gedacht hatte?
Doch egal wie lange sie darüber nachdachte, sie fand einfach keine Antwort.
Als sie schließlich das Bad verließ und ihren Ehemann bereits im Bett, mit einem Buch in der Hand, liegen sah, fasste sie einen Entschluss.
Langsam ging sie auf ihn zu und blieb einen Moment vor dem Bett stehen, sodass Klaus das Buch weg legte und sie fragend ansah.
„Sag.Jetzt.Nichts.", sagte sie stoßweise und ging zu ihm.
Johanna legte sich neben ihn, bettete ihren Kopf auf seiner Brust und schlang einen Arm um seinen Bauch.
„Gute Nacht, Klaus.", flüsterte sie und schloss die Augen, ein seltsames Gefühl in ihrem Magen spürend.
< Bestimmt ist mir nur übel. >, dachte sie sich arrogant, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass diese Aussage nicht der Wahrheit entsprach.
Die Wahrheit war, dass sie sich neben ihm geborgen fühlte.
Die Wahrheit war, dass sie es genoss bei ihm zu liegen.
Die Wahrheit war, dass sie anfing Gefühle für ihn zu hegen.
Und das war etwas, mit dem sie niemals gerechnet hätte.
Aber als sie nun hier lag, seinen Herzschlag unter ihrer Wange spürend, breitete sich ein wohliges Gefühl in ihr aus und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, während sie sich noch mehr an ihn kuschelte.

Klaus war mehr als nur ein wenig irritiert gewesen.
Er hatte gedacht, dass sie, nach ihrem „sag jetzt nichts.", ihm wieder irgendeine vorwurfsvolle Rede halten würde, aber stattdessen hatte sie sich an ihn gekuschelt und lag nun friedlich neben, oder besser gesagt, teilweise auf ihm.
Nie hätte er damit gerechnet, dass sie so etwas jemals freiwillig in nächster Zeit tun würde.
In 50 Jahren - vielleicht. Aber nach so kurzer Zeit?
Doch all das interessierte ihn nicht. Er genoss einfach nur diesen Augenblick mit ihr.
Wer wusste schon, wann er das nächste Mal so etwas mit ihr erleben durfte?
Er pustete die Kerze aus und schloss ebenfalls die Augen, bereit, Johanna ins Reich der Träume zu folgen

Once upon a time (Klaus/OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt