Kapitel 10 - Unausweichlich

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Kapitel 10 - Unausweichlich

„Ja?", hörte sie seine Stimme und drückte die Türklinge runter. Mit unendlicher Überwindung öffnete Hermione die Tür.

Draco saß auf der Matratze am Boden. Vor sich seinen Laptop, wo irgendein Film lief, den sie nicht kannte. Er trug nur ein T-Shirt und Boxershorts. Es sah nicht so aus, als hätte er heute nochmal das Zimmer verlassen wollen.

Hermione kämpfte mit ihrer Nervosität. Sie sollte etwas sagen, doch einen Moment stand sie einfach nur da. Draco musterte sie von Kopf bis Fuß. Er musterte sie so ungeniert, dass sie unter seinem Blick errötete. Vielleicht hätte sie noch etwas überziehen sollen.

„Wir müssen reden", sagte Hermione und versuchte so gefasst zu klingen wie möglich. Als Draco nicht reagierte trat sie einfach ein und schloss die Tür hinter sich. Sie wollte nicht, dass er zu ihr heraufsah, also setzte sie sich auf die Matratze, mit möglichst großem Abstand.

„Reden?", fragte Draco und klang dabei irgendwie heiser. Er räusperte sich.

„Du kannst nicht in dem Aufzug in das Bett von einem Mann kommen und sagen, dass du reden willst", warf er ihr vor und es klang mehr als erregt. Sein Blick glitt begierig über ihren Körper und fuhr ihr direkt unter die Haut. Am liebsten hätte sie den Abstand einfach überbrückt und ihn geküsst. Nochmal diese wahnsinnig verführerischen Lippen berührt. So wurde sie unter seinem Blick nur noch verlegener.

Hermione zog ihren Zauberstab und berührte Draco damit am Hals. Er verwandelte sich zurück. Seine Haare wurden wieder blond und seine Augen grau. Sie musterte sein Gesicht und horchte in sich hinein, ob sein Aussehen etwas verändert hatte. Er sah so wahnsinnig vertraut aus. Sie hatte dieses Gesicht Jahrelang immer wieder gesehen. Es hatte selten mit guten Emotionen zu tun gehabt, aber es war etwas bekanntes und sie mochte es, ihn so zu sehen. Er sah aus wie er selbst.

„Du hast gesagt, ich soll den Ring wieder tragen, wenn ich dich verstehen will", sagte Hermione schließlich, ohne auf seinen Einwand einzugehen und nahm die Kette ab. Der goldene Ring fiel in ihre Hand.

Dracos Blick glitt zu dem Ring in ihrer Hand und er schluckte. Dann nickte er, unfähig den Blick von ihr zu nehmen.

„Ich denke, ich möchte dich verstehen", sagte Hermione und bevor sie zögern konnte, schob sie sich den Ring über den Finger.

Dann war alles da, seine ganze Gefühlswelt. Die Rückkopplung beim Verbindungsaufbau war immer intensiver und jetzt spürte sie dieses wahnsinnige Bedürfnis nach Nähe. Er wollte ihr nah sein. Es verdrängte alles andere, was sich sonst noch in ihm abspielte.

Normalerweise war das der Moment, in dem er den ersten Gefühlsausbruch mit Okklumentik abschwächte, doch diesmal ließ er sie offen. Hermione erstarrte und versuchte seine Emotionen einzuordnen.

Da war keine Falschheit in ihm. Da war nichts, das sie verletzen oder benutzen wollte. Sie hatte so oft an ihm gezweifelt und gedacht, dass jede kleine Berührung, jedes nette Wort nur Manipulation sein könnte. Aber was, wenn er sie berührt hatte, weil er ihr einfach nicht hatte widerstehen können. Sie spürte sein Verlangen und verstand nicht, wie er einfach nur dasitzen und sie anstarren konnte.

Sie hob ihre Hand und berührte sein Gesicht. Ein Kribbeln lief durch ihre Fingerspitzen, durch ihren ganzen Körper. Sie kannte dieses Kribbeln nur zu gut. Es hatte sich in ihr eingenistet und seine Berührungen erweckten es immer wieder erneut zum Leben. Sie wollte seine Nähe. Sie brauchte seine Nähe.

Draco rückte etwas näher, er kam immer näher, bis sich ihre Körper beinah berührten. Sie konnte seinen Atem in ihrem Gesicht spüren. Er zögerte. Verdammt, warum zögerte er? In ihm war nicht der Hauch eines Zweifels was er wollte und sie konnte nicht mehr verleugnen, dass sie das auch wollte. Bevor sie noch mehr darüber nachdenken konnte, schlang sie ihre Arme um ihn und küsste ihn gierig auf den Mund.

Die Seuche - Leben unter FeindenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt