Teil81

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"Sie... sie hat noch den Splitter?" stotterte ich und setzte mich selbst an der Kante des Tisches hinter mir ab. Scheiße, kein Wunder, dass sie immer so geschwächt aussah. Und ich war so ein Arsch. Ich hab ihr nicht geglaubt, als sie ohnmächtig wurde. 

"Alex hat dir mehr vertraut als uns, hat sie vielleicht gesagt wohin sie gehen würde? Bitte, sie... ihr geht es immer schlechter." flehte Jen weinend, doch ich wusste es nicht. Ich habe Alex nie zu Wort kommen lassen. 

Mit einem fetten Kloß im Hals schüttelte ich den Kopf.

"Sicher? Es muss nichts großes sein, nur..."

"Nein, ich ... ich weiß es nicht. Wir haben nicht sehr viel gesprochen." 

"Ja und woran lag das wohl?" fauchte Josh mich an.

"Ich weißm, dass ich scheiße gebaut habe!" herrschte ich zurück "Aber ich weiß es wirklich nicht. Ich würde es euch sagen, aber ich weiß es nicht!"

Jen schluchzte auf. Sie hielt ihre Hände vors Gesicht und begann erneut zu weinen. 

"Wie schlimm..." ich traute mich gar nicht das zu fragen "Wie schlimm ist es?" 

Keiner Antwortete. Das machte mich wahnsinnig: "Wie schlimm?" schrie ich fast. Lebt sie überhaupt noch? Wenn sie nicht wissen wo sie ist und keinen Kontakt mehr hatten.... 

"Ein Jahr." flüsterte Josh betroffen und schien selbst kurz davor zu weinen "Wenn alles gut geht hat sie noch ein Jahr."

Ich stand völlig unter Schock. Meine Brust schnürte sich zusammen und ich bekam kaum noch Luft.

"Es wären eigentlich vier gewesen, aber weil..." Josh schluckte "ihr Zustand hat sich verschlechtert, rapide... In einem Moment konnte sie noch alleine reisen und im nächsten wird sie aus Schmerzen ohnmächtig." 

Etwa zehn Minuten sagte keiner von uns etwas. Josh versuchte krampfhaft Jen zu trösten, doch es schien nicht wirklich zu helfen. Ich versuchte die ganze Zeit damit irgendwie klar zu kommen, dass Alex ...

Irgendwann stand Josh schniefend auf: "Sie wird sterben und wegen euch wird sie das alleine, also denk nach wo sie sein könnte.", dann nahm er Jen  "Ich hol das Zeug wann anders ab." und verschwand.


- Alex -

11 Wochen später...

"Yok, saol." sagte ich auf Türkisch, was so viel heißt wie nein, danke und verschwand aus dem Laden wo ich gerade meine Bohnen geholt hatte. Ich ging die kleine Einbahnstraße entlang in der auf beiden Seiten kleine Läden standen. Vereinzelnd saßen Männer und Frauen auf der Starße und unterhielten sich vor ihren Geschäften, tauschten sich aus und begrüßten einen mit einem nicken beim vorbeigehen. 

Schließlich bog ich in eine kleine und schmale Straße ab. Zwei ältere Frauen saßen mit Stühlen auf der Straße und aßen zu recht geschnittene Äpfel. Ich lächelte sie freundlich an und öffnete die Tür zum Haus. Ich stieg in den Fahrstuhl und wartete bis er mich in den fünften Stock brachte. Aus dem Fahrstuhl ging ich nach links und entriegelte die Wohnungstür auf. Erleichtert seufztend schloss ich die Tür und lehnte mich kurz dagegen. 

Ruhig ging ich dann in die Küche und warf meine Tasche auf das Sofa vor dem Tresen. Auf dem Herd köchelte schon etwas, also begann ich endlich friedlich weiter zu kochen.

Die letzten Wochen waren ruhig. Sie taten mir gut. Ich war weder besonders glücklich noch traurig. Ich glaubs kaum, aber ich habe Frieden gefunden. Hier musste ich endlich nicht mehr kämpfen. Wäre ich hier nur früher hergekommen. 

Die Bohnen aus den Tüten wusch ich und begann sie zu recht zu brechen. Dann schälte ich die großen Fleischtomaten aus dem Kühlschrank und dann passierte etwas womit ich nicht gerechnet hatte. 

"Ich habe mich immer gefragt was du an dieser Stadt so toll findest, aber jetzt verstehe ich es." 

Erschrocken drehte ich mich um und ließ das Messer klirrend aud die Arbeitsplatte fallen. Mit einem weißen T-Shirt und einer blauen Hose kam Cole auf mich zu. 

"Warum hast du es nicht gesagt?" fragte er mich schließlich und klang unfassbar verletzt, was mir wiederrum Tränen in die Augen trieb.

"Ich wusste nicht wie." antwortete ich "Was machst du hier? Ich dachte..."

"Du warst einfach weg." unterbrach er mich, bevor ich weitersprach "Und dann bist du wieder aufgetaucht in diesem wundervollem Kleid. Ich war so wütend, weil du das erste Mädchen warst das mein Herz gebrochen hat." er kam weiter auf mich zu, hielt aber vor mir an und nahm mein Gesciht in die Hände, während eine erste Träne meine Wange runterrollte "Es tut mir leid. Ich hätte nicht so sturr sein dürfen, hätte dir zu hören sollen."

Kopfschüttelnd begann ich zu weinen: "Nein, es ist meine Schuld. Ich hätte gleich von anfang an mit dir reden sollen, gleich nachdem Ben mich angerufen hatte."

Mit feuchten Augen nahm Cole mich schließlich in den Arm: "Nein, hättest du nicht. Es tut mir nur leid, dass ich so ein Arsch war."

Ein plötzliches zischen riss uns auseinander. Das Wasser im Topf ist übergeflossen. Ich musste lachen, dass war so banal. 

"Du kochst?"

"Hmm." nickte ich "Bohnen, auf türkische Art. Willst du auch?" 


Cole und ich verbrachten noch etwa drei Monate in Mudanya, bis wir zurück reisten. Es war schön, wie sind Abends viel ausgegangen oder haben zusammen gekocht und haben zum Schluss des Tages oft einen Film geschaut. Auch als wir zurückkamen war es schön, traurig, aber schön. Stacy und ich haben uns versöhnt. Schließlich haben sich auch Logan und sie verlobt. Auf ihrer Verlobungsfeier habe ich auch die anderen Jungs getroffen. Das war ein verwirrendes wiedersehen. Erst waren sie wütend, dann glücklich, dann traurig und wütend und dann traurig und glücklich. Für mich waren das irgendwann zu viele Emotionen und zu viel Tumult, dass Cole mich nachhause gefahren hat und mir ins Haus geholfen hat. 

Der Schmerz wurde mit jedem Tag schlimmer. Ich spürte wie der Splitter immer tiefer in mein Herz stach. Es gibt schönere Arten zu sterben.

Nach über 11 Monaten spürte ich, dass meine Zeit fast abgelaufen ist und irgendwann hatte ich recht. Eines Tages übermannte mich der Schmerz und ich fiel zusammen. Cole und ich wollten uns gerade einen Film ansehen und ich bin mit der Schüssel Popcorn auf den Boden zusammen gebrochen. Im Rande merkte ich wie ich während ich mich vor Schmerzen krümmte ins Krankenhaus gebracht wurde. Ich hörte Coles Stimme und sein Flehen, dass ich doch bitte wieder aufwachen sollte. 

Und dann hörte ich nur noch das Piepen des Monitors neben mir und dann wurde alles schwarz. 

Piep, piep, pieeep...


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Hey, sorry, dass die letzten und dieses Kapitel so spät kamen, aber ich habe gerade echten Prüfungsstress. Aber danke für die netten Kommentare und die Unterstützung. :) 

Kleine Spoilerwarnung: Vielleicht entscheide ich mich doch um und lass die Geschichte gut enden. ;)

Ein Kampf ums LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt