11 - Karma

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Noah

So, wie ich das sehe, bleiben mir zwei Optionen.

Option A: Ellie finden oder zumindest herausbekommen, was sie hier macht. Jonas Worte hallen in meinem Kopf nach: David hat es dir noch nicht gesagt, oder? Offensichtlich hat David mir nicht gesagt, dass seine Schwester schon wieder im Land ist.

Option B: Zu Maya zurückkehren und ihr irgendwie erklären, wieso ich sie so abrupt habe stehen lassen. Hat sie Ellie gesehen? Die Chancen stehen gut, dass sie das Ganze gar nicht mitbekommen hat. Zumindest, falls sich nicht David oder – wahrscheinlicher – Jona vorher verplappert. Je länger ich warte, desto unangenehmer wird es.

Ich drehe mich um und gehe mit entschlossenem Schritt auf Maya zu und mein Herz sackt ein Stück nach unten, in Richtung meiner Magengegend, als sie mir ausweicht. "Maya...", fange ich an. Hat sie Ellie vielleicht doch gesehen? Unwahrscheinlich, eigentlich. Schließlich war sie ihr mit dem Rücken zugewandt und ihre Stimme kann sie eigentlich auch nicht erkannt haben.

"Ist schon okay", sagt Maya mit deutlicher Verletztheit in ihrer Stimme. "Ich hätte nicht einfach... ich hätte nicht annehmen sollen, dass es okay ist, dich zu küssen. Du bist..."

Ich lasse sie nicht ausreden, sondern drücke meine Lippen auf ihre. Sie löst sich aus dem Kuss und tritt überrascht einen Schritt nach hinten.

"Was war das denn?", fragt sie schließlich, aber ich sehe, wie ihre Mundwinkel zucken.

"Es tut mir Leid, dass ich eben so plötzlich verschwunden bin", sage ich wahrheitsgemäß. Mein Herz schlägt laut in meiner Brust. So unangenehm laut, dass sie es eigentlich nicht überhören kann. Heute passiert viel zu viel für meinen Geschmack. Ich schlucke. "Und es tut mir Leid, dass ich mich jetzt schon wieder entschuldige. Das passiert heute Abend viel zu häufig und noch mehr tut es mir Leid, dass ich dir so viel Grund dazu gebe, mich entschuldigen zu müssen."

"Du hast es schon wieder getan." Jetzt grinst Maya.

"Sorry." Ich beiße mir auf die Lippe. "Ich meine...nicht sorry, natürlich. Weil ich mich nicht entschuldige."

Ich komme nicht dazu, noch etwas zu sagen, weil sie es diesmal ist, die mich an sich zieht. "Ich glaube, ich komm damit klar", sagt sie schmunzelnd, als sie sich kurz von mir löst. Dann küsst sie mich wieder, diesmal intensiver.

Innerlich atme ich durch. Von all den Arten, wie dieser Abend enden könnte, ist das definitiv nicht die Schlechteste.

"Willst du...woanders hingehen?", fragt Maya schließlich dicht an meinem Ohr. Woah. Damit habe ich definitiv nicht gerechnet. Ich bemerke, wie mein Herz anfängt, zu rasen, noch schneller als zuvor. Bin ich bereit dafür, jemanden wieder so nah an mich heranzulassen? Ich muss schlucken und besinne mich, meine Gedanken zu fokussieren. Vielleicht meint sie es ja gar nicht so, denke ich. Ehrlich gesagt weiß ich fast gar nichts über Maya – sie könnte genauso gut einfach nach einem ruhigeren Ort suchen, an dem wir Gelegenheit dazu haben, ausgiebig und ungestört miteinander zu reden. Sie könnte.

Ich schaue Maya an und komme nicht umhin, zu bemerken, dass sie strahlt. Ihr Lächeln reicht bis zu ihren Augen und ich weiß nicht, ob ich sie jemals so... glücklich? ... gesehen habe.

Ich schulde ihr das, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Ich schulde Maya eine Chance. Es kann echt nicht sein, dass ich selbst jetzt immer noch Ellie hinterher hänge. Es ändert gar nichts, dass sie hier ist.

"Okay", antworte ich Maya und klinge dabei zu meiner eigenen Überraschung völlig außer Atem. Dann lasse ich mich von ihr mitreißen, lasse mich von ihr durch die Menge leiten.

Ellie &Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt