21 - Spaziergang

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Ellie

Ich kann mich nicht entscheiden, wer von beiden überrumpelter aussieht: Jona, der aussieht, als hätte man ihn aus seinem Winterschlaf geweckt - seine kurzen blonden Haare von seinem Kopf in alle Richtungen abstehend, als hätte man ihn unter Strom gesetzt - oder Noah, deren Kopf kaum zehn Sekunden später hinter ihm auftaucht.

"Sieh an, wer von den Toten auferstanden ist", sagt Jona, als er Noah, die Maya im Schlepptau hinter sich herzieht, hinter sich bemerkt und sich mit einem süffisanten Grinsen zu ihnen umdreht.

"Sagt gerade der Richtige", schießt Maya zurück, die als Einzige in der Runde erstaunlich belustigt wirkt. Ich kann sehen, was N an ihr findet - obwohl auch ihr Haar schon bessere Tage hinter sich hat, ist es verwuschelt auf eine sexy, aber mühelose "Ich bin gerade aufgestanden"-Art, die man sonst nur in Parfum-Werbespots sieht. Ihr grauer Eyeliner ist verschmiert und sie trägt nur ein übergroßes, schwarzes Shirt, unter dem ihre sommersprossigen Beine wie Stelzen hervorragen.

"Seid ihr jetzt so etwas wie siamesische Zwillinge?," frage Noah und sieht dabei nur mich an. "Einer kann nicht ohne den anderen?" Sie sieht fast schon motzig aus. "Was willst du überhaupt hier?"

Jona lacht und schaut abwechselt mich und Noah an.

"Hab ich was verpasst?", fragt er.

"Angelheart", antworte ich stattdessen, ohne auf ihn einzugehen. Hat David etwas bemerkt? Aber aus den Augenwinkeln bleibt sein Gesichtsausdruck unverändert.

"Die existieren noch?", Jona legt seinen Kopf schief. "Wann war unser letzter Auftritt, Dav? Als Noah noch hetero war?" Er lacht – als einziger – und ich sehe, wie sich Ns Wangen färben. Die Arme.

"Sei nicht so gemein." David kommt mir zuvor. "Also, Jona, wie sieht's aus? Wir zwei und die Mädels? Wir könnten ein paar Groupies gebrauchen."

Ich sehe, wie Noah das Gesicht beim Wort Groupies verzieht.

"Ähm." Sie räuspert sich. "Ehrlich gesagt wollte ich heute in die Stadt. Ich brauche noch ein paar Sachen für nächste Woche, und Maya und ich..."

In meinem Hirn krame ich nach einer Info, was nächste Woche so wichtiges sein könnte. "Ach, come on, du musst mal locker lassen, No!", entgegnet David und wirft mir dann einen Seitenblick zu, "Stimmt's, El?"

Bevor ich etwas sagen kann, kommt mir N zuvor. "Ich kann wirklich nicht, David." Sie räuspert sich erneut. "Leider. Aber... Uni geht vor, sorry. Und ich brauche wirklich meinen Kram."

Ah. Fast hatte ich ausgeblendet, dass die Winterferien sich dem Ende neigen - und damit auch meinen eigenen Ausbildungsbeginn. Ab nächster Woche werde ich jede Menge Zeit in der Schule verbringen und in meinem Betrieb; wenn ich mich Noah wirklich annähern will, dann jetzt.

"Ich komme mit euch", sage ich schnell und spüre, wie Dav mir von links seinen Ellbogen in die Seite rammt. Ich unterdrücke ein Au. "Wir sind ja auch bald wieder zurück!", beteure ich.

"Ich will's hoffen." Er lächelt zwar immer noch, klingt aber deutlich angesäuert.

"Ach Dav, lass die Mädels doch mal ihren Mädelskram machen." Jona grinst wieder. Von allen von Davids Freunden mag ich Jona mit Abstand am Wenigsten. Ich habe echt keine Ahnung, wie Maya ihn täglich ertragen kann.

"Na gut." David grummelt, aber ergibt sich. Er sieht von einem zum anderen. "Kann ich euch alleine lassen, ohne dass ihr drei euch gegenseitig die Köpfe abbeißt?", fragt er und ich hebe meine Hände , um zu protestieren. "Oder was auch immer ihr macht", fügt er schnell hinzu.

Ellie &Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt