Tattoo

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Marco POV

"Ich hab es verkackt." sagte ich laut und ging mir durch die Haare. Nach dem kurzen Gespräch mit Lea musste ich weg und ich war froh Auba neben mir sitzen zu haben der das ermöglichte. Nachdem ich mich von den anderen mit einer kurzen Handbewegung verabschiedete wollte ich schon gehen ohne Liam Bescheid zu geben. Ich war wirklich ein schlechter Vater. Nicht nur, dass ich ihn fast vergessen hätte sondern, dass ich mich mehrere Wochen nicht bei ihm blicken lassen habe. Liam hielt meine Hand die ganze Zeit als ich versucht habe ihm zu erklären, dass ich nicht wieder für lange Zeit verschwinde sondern ihn in den nächsten Tagen von hier abholen werde. Er freute sich und spielte Gott sei Dank schnell mit den anderen Kindern weiter somit ich ohne große Probleme gehen konnte. "Was hast du erwartet? 'Marco, schön das du endlich da bist. Lass uns wieder eine glückliche Familie sein!'" sagte Auba mit hoher Stimme und lachte auf. Durch das vermischen von französischen und englischen Wörtern hörten sich die Sätze noch dämlicher an als sie so schon waren. Doch er hatte recht. Ich hatte mir viel zu viel Hoffnung gemacht. Nicht, dass sie mir den Seitensprung oder das fernhalten von sich und Liam sofort verzieh sondern das wir uns zusammen reißen, uns wieder aneinander gewöhnen, uns vielleicht sogar aussprechen und für Liam eine angenehmere und friedlichere Stimmung machten. Mats und auch Mario, der jetzt sehr oft nach Dortmund kam, haben mir bereits von den Veränderungen von Liam erzählt und mich erschreckt es. Er will seine Mutter vor noch mehr Leid beschützen auch wenn es dadurch ihn traf. Doch das musste aufhören. Er soll seine Kindheit genießen, er soll spielen und Blödsinn machen so wie es andere Kinder in seinem Alter taten. Daher war es auch so wichtig, dass Lea ein Treffen zustimmte. Aber vergebens. Ich konnte es ihr auch nicht übel nehmen. Eigentlich war ich ganz froh sie überhaupt kurz zu sehen und sogar mit ihr zu reden. Sie kämpfte immer wieder gegen ihre Tränen an und das tat mir weh zu sehen wie sehr sie noch immer litt. "Fährst du mich nach Brackel? Ich brauch noch ein paar Einheiten." immer noch den Blick aus dem Fenster gerichtet legte ich meinen Zeigefinger wieder an den Mund und knapperte daran. Dies tat ich derzeit öfters und immer wieder erinnerte ich mich daran, wie Lea mir es abgewöhnen wollte und es auch für eine kurze Zeit geschafft hatte. Sie hasste es wenn ich dies tat und auch bei Liam, der immer wieder gerne seine Finger in den Mund steckte, versuchte sie sich durchzusetzen. "Sicher? Du hast doch keine Sachen dabei." langsam wendete ich den Blick ab und sah zu Auba der mich immer wieder besorgt ansah. "Ich hab immer Sachen in der Umkleide rumliegen." Auba nickte und fuhr die nächste Abfahrt runter. Mein Blick ging auf mein Handy welches auf meinem Schoß lag. Ich entsperrte es und schon sah ich unser Familienfoto welches wir vor knapp einem halben Jahr gemacht hatten. Wir waren immer so glücklich auch wenn wir uns stritten. Lea war so eine starke Frau die mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück brachte und so eine Frau brauchte ich wieder an meiner Seite. Ich merkte selbst wie ich mich verändert habe. Vor den Fans, im Training und vor meinen Freunden verhielt ich mich anders. Ich war arrogant und egoistisch geworden. Nach meinem Comeback in der Winterpause wurde ich von den Medien hochgelobt, wurde als Held gefeiert durch die Vertragsverlängerung vor einem Monat jedoch brachte dies mir nicht Lea zurück. Die Frau, die ich immer noch so sehr liebte. Immer wieder, wenn ich in unserem Bett aufwachte, drehte ich mich zu ihrer Seite um und hoffte, dass sie einfach wieder neben mir liegt, dass was passiert ist nur ein schlechter Traum war. Doch durch das unberührte Bettzeug und die Kälte die dies ausstrahlte wurde ich wieder in die Wirklichkeit zurück geholt. Ich hatte meine Familie, meine Ehe zerstört und das nur weil ich mich einmal nicht unter Kontrolle hatte. Auba stellte seinen Sportwagen auf den abgesperrten Parkplatz ab. Ein paar Leute standen vor den Zäunen und machten Fotos von sich und dem Trainingsgelände im Hintergrund. Sie winkten uns zu und schossen weitere Fotos. "Willst du hin?" fragte Auba und steckte seinen Autoschlüssel in seine Kulturtasche. Doch ich schüttelte nur mit dem Kopf und ging zum Trainingsgebäude. In der Umkleide angekommen, zog ich mir schnell eine kurze Hose und ein Achselshirt an, lief in den Kraftraum, schaltete die Musik ein und setzte mich auf das Fahrrad. Es tat gut sich auszupowern und sich einfach von der Musik leiten zu lassen. Die Gedanken drehten sich so wie immer um Lea und meine Familie. Wie konnte ich es nur gerade biegen. Ging das überhaupt noch? Die Musik verstummte sofort, ich sah auf und blickte in Aubas Gesicht. "Du musst nicht hier bleiben. Geh du nach Hause zu Alysha und macht euch einen schönen Abend mit Curtys." Er sah mich immer noch nachdenklich an und lehnte sich gegen das Fahrrad nehmen mir. "Hilft dir das hier?" ich nickte, trat noch kräftiger in die Pedale und setzte mich aufrecht hin. "Ich brauch das einfach. Ich muss nachdenken und versuchen meinen Frust irgendwo abzubauen." Auba nickte. "Wie kommst du nach Hause?" ich zuckte mit den Schultern und wischte mir die ersten Schweißperlen von der Stirn. "Joggen." "Das ist doch viel zu weit." ich reagierte nicht auf ihn und legte meine Hände wieder auf den Lenker. Nach gefühlten Minuten sah er es ein, lief zögerlich zum Ausgang und sah noch einmal zu mir. Er holte Luft um noch etwas zu sagen, ließ es jedoch sein und ging durch die Tür. Sofort ließ ich mein Kopf hängen und verringerte das Tempo immer mehr bis das Fahrrad ganz zum still stand kam. Ich schniefte und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Es musste doch eine Möglichkeit geben um Lea zu zeigen wie leid es mir tat und das ich alles für sie machen würde um nicht nur diese leere im Bett zu entfliehen sondern auch endlich die Freude am Leben wieder zu erleben, das Lachen, das gebrabbel von Liam durch die Wohnung zu hören und ganz besonders die Wärme, den Rückhalt und die zarten Berührungen von Lea zu spüren. Es gab immer Möglichkeiten, man muss sie nur finden.

Das Joggen und die frische Luft taten gut um auf andere Gedanken zu kommen. Ich überlegte was ich am Wochenende vor dem Spiel noch mit Liam machen konnte und dachte auch darüber nach Lea ins Stadion zu locken damit sie Liam abholen konnte und sich vielleicht wieder, wie in den guten alte Zeiten, auf die Tribüne zu setzte und sich das Spiel mit ihm an zu schauen. Gar keine so schlechte Idee. Die Kapuze weit ins Gesicht gezogen lief ich durch die dunklen Straßen von Dortmunds Siedlungen. Am Phönix See entschied ich mich noch eine Runde zu drehen bis ich schlussendlich zu Hause ankam. Ich dachte schon an die entspannte Dusche und das gemütliche Bett als ich jedoch von weiten jemanden auf der Treppe sitze sehen konnte. Ich bog in den Garten ein und blieb vor demjenigen stehen. "Was willst du hier?" fragte ich mit erstem Ton und holte immer wieder tief Luft. "Ich dachte mir, dass ich was vom Chinesen mitbringe und wir den Abend ausklingen lassen." Noch immer schwer atmend zog ich meine Kapuze runter und öffnete den Reißverschluss meiner Jacke um den Schlüssen rauszuholen und damit die Tür zu öffnen. "Caro, ich bin nicht in Stimmung." Sie stand auf und folgte mir bis zur Tür. "Ich weiß. Deswegen bin ich hier. Ich will dir helfen. Will dich ablenken." Ich ging mir durch die Haare und drehte mich zu ihr um. Ich konnte ihr Gesicht leicht im Schein der Laterne sehen. Sie sah nicht glücklich aus und hatte Augenringe. Nach der Trennung von Lea hatte ich ihr Leben vollkommen durcheinander gebracht. Ich hatte sie fertig gemacht, sie beleidigt und mies behandelt. Dies tat mir natürlich im Nachhinein leid da sie nicht nur alleine Schuld an dem Seitensprung war. Auch jetzt wieder konnte ich ihren Wunsch, mit rein zukommen und zum Abend zu essen, nicht abschlagen, ging einen Schritt zurück und ließ sie an mir vorbei gehen. Sie lächelte kurz und ging die Treppen nach oben. In der Wohnung ging ich in die Küche, nahm mir eine Wasserflasche aus dem Kasten und trank ein paar schlucke. Caro lief mir hinter her, holte Besteck und Teller aus dem Schrank bis sie sich wieder aus der Küche machte und den Tisch im Wohnzimmer vorbereitete. "Ich geh noch schnell unter die Dusche."Ich hörte nur ein leisen "Ja." und ging weiter ins Bad wo ich mich auszog und schnell unter die Dusche stellte. Die angenehme Priese auf meiner Haut entspannte schlagartig meinen Körper. Ich schloss meine Augen und genoss diese Minuten der Ruhe. Nach weiteren Minuten seifte ich mich ein, wusch es mir wieder ab und stieg langsam aus der Dusche. Ich trocknete mich mit einem großen Handtuch ab, zog mich an und ging mir mehrere Male durch die Haare um sie wieder in die richtige Richtung zu legen. Dabei fiel mein Blick auf das Tattoo. Ich strich mit meiner Hand über Liams Namen und drehte meinen Arm mehr nach links sodass auch Leas Namen weiter unten erschien. Ich wollte ihren Namen auf meiner Haut haben damit wenigsten noch ein kleines Stück von ihr an mir hängen bleibt. Sie wird immer ein Teil von mir sein, auch wenn das zwischen uns doch nichts mehr werden sollte.

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Noch schnell ein nicht so spannendes Kapitel zur späten Stunde!

Hoffe es stillt etwas euren Durst nach mehr...

Und Danke wieder einmal für die zahlreichen Kommentare :) Ich liebe es soviel von euch zu lesen ♥ ♥ ♥

Der Kampf um die große Liebe [Marco Reus  FF] -Band 3-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt