Abwesend

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Marco POV

Stille. Lange grässliche Stille. Das war das einzige was ich auf der Fahrt zum Trainingsgelände mit Jürgen mitbekam. Er wusste, dass ich es wusste. Keiner wollte darüber reden. Warum auch? Er hatte sich entschieden und laut Lea kann ihm keiner mehr davon abbringen. Als Lea gestern Abend auf meiner Brust eingeschlagen ist konnte ich dieses schöne Gefühl gar nicht genießen. Gedanken kreisten in meinem Kopf herum. Die Vorstellung, Jürgen ist ab nächster Saison nicht mehr unser Trainer, war für mich unvorstellbar. Er war einer der Gründe warum ich beim BVB verlängert habe. Und jetzt? Jürgen fuhr gerade auf das Gelände und blieb vor dem Tor zum Parkplatz stehen. Als uns Steven, der Security Mann des Geländes, sah öffnete er schnell das Tor und ließ uns mit einem kurzen nicken rein. Jürgen parkte in der Nähe des Gebäudes, machte das Auto aus und starrte geradeaus. Ich sah kurz zu ihm und öffnete anschließend zögerlich die Autotür. "Marco?" ich hielt inne und sah langsam über meine Schulter. "Bitte behalt es für dich!" nach kurzem zögern nickte ich ihm zu und wollte aus dem Auto steigen jedoch hielt mich auch hier Jürgen wieder auf. "I-Ich... find es gut, dass ihr beide euch irgendwie arrangiert. Aber ... ich will Lea nicht wieder so sehen wie vor ein paar Wochen. Sie ist durch die Schwangerschaft eh schon total Emotional. Dann noch meine Situation. Ihre Gefühle kommen wahrscheinlich nicht mehr so mit. Nutz das nicht aus. Hörst du?" Ich sah auf meine Tasche die mir im Schoß lag, schüttelte mit dem Kopf und drehte mich wieder zu ihm um. "Ich würde sie nie ausnutzen und ich dachte nach unseren unzähligen Gesprächen hast du es auch endlich verstanden. Sie ist mir genau so wichtig wie dir. I-Ich kämpf für unsere Familie. Unsere Ehe." Jürgen legte eine Hand auf sein Lenkrad und schüttelte wild mit dem Kopf. "Marco, das ist doch n..." "Doch, genau das brauch sie und Liam jetzt. Ich habe zwar viele Fehler gemacht und war selten dämlich, aber, ich habe daraus gelernt. Zwar hat es lange gedauert bis ich alles verdauen und begreifen musste aber es hat sich ausgezahlt. Endlich kann ich vor ihr und Liam stehen. Mich haben so viele Schuldgefühle geplagt. Ich hatte bis vor 2 Tagen keine ruhige Nacht. Immer wieder dachte ich an die beiden und jetzt habe ich endlich die Möglichkeit von ihr bekommen wieder alles gut zu machen." ich legte eine kurze Pause ein und sah prüfend zu Jürgen der mir aufmerksam zuhörte. "Ich werde es langsam angehen lassen und ich weiß ganz genau, dass es mit einer Schulter zum ausheulen nicht reichte. Da brauch es viel mehr bedeutende Sachen und die werde ich ihr nach und nach geben um langsam wieder in ein normales Familienleben zu kommen." "Marco, sie hat die Scheidung eingereicht. Du hast einen ganz großen Fehler unter den unzähligen gemacht. Denkst du wirklich, dass wird alles so leicht?" ich holte Luft um etwas darauf zu erwidern doch ich wusste nicht was. Mein Blick ging von ihm ab nach unten. "Ich werde alles versuchen. Es wird schwer aber es ist möglich." Jürgen nickte leicht mit dem Kopf. "Ich hoffe es." Nach einer kurzen Zeit drehte ich mich wieder zur Tür, bedankte mich für das mitnehmen und stieg aus. Ich konnte noch ein leises "gerne" von ihm hören bis ich die Tür zu schmiss und mit schnellen Schritten Richtung Gebäude ging. In Gedanken versunken und schlecht gelaunt bemerkte ich Mats und Cathy gar nicht die mir hinterher riefen. Nur eine Hand die sich auf meine Schulter legte, mich leicht zurück zog und mich sofort in die Gegenwart zurück brachte. "Hi. Alles klar?" Fragte Mats der sich noch einmal umdrehte um Cathy zu zuwinken die gerade wieder ins Auto stieg und vom Gelände fuhr. "Wieso bist du mit Jürgen gekommen?" Ich lief wieder etwas schneller und senkte meinen Blick weiterhin. "Wood! Rede!" Mats stimme wurde ernster. Auch sein Lächeln verschwand als ich ihn kurz ansah. Am Eingang angekommen öffnete ich die Tür und hielt sie für Mats auf bis ich selbst hinter ihm hinein ging. Sven lief mit einem Handy am Ohr durch den Gang, grüßte uns kurz mit einem breiten Lächeln und einem nicken bis er sich wieder umdrehte und weiter mit der Person am Telefon sprach. Wir liefen gemeinsam um die Ecke und kurz vor der Tür zu den Kabinen stellte sich Mats davor und versperrte mir den Weg. "Warum bist du durch den Wind und warum kommst du mit unserem Coach, mit deinem Schwiegervater zum Training?" Ich verdrehte genervt mit den Augen und sah den Gang entlang wo ich von weiten Lukasz und Kuba sah die uns entgegen kamen. "Lass mich rein Mats." Sagte ich genervt. Mats jedoch bewegte sich keinen Millimeter. "Mats!" Lukasz und Kuba waren nur noch ein paar Meter von uns entfernt. Noch einmal sah ich in Mats Gesicht der mich ernst und mit den Armen verschränkt vor dem Körper ansah. "Lea ging es nicht so gut gestern. Ich hab die Nacht bei ihr verbracht und Jürgen hat mich hergebracht." Mats ließ seine Arme an seinem Körper herabfallen und sah mich weiter an. "Hey Boys." Sagte Kuba der erst mit mir einschlug und dann sich zu Mats drehte. Auch Lukasz begrüßte mich so und öffneten im Anschluss die Tür neben Mats der sich endlich in Bewegung gesetzt hatte. "Was wolltest du bei ihr?" Er zog mich den Gang entlang und sah mich weiter ernst an. "Ich hab ihr geholfen mit Liam. Er hat geschlafen und ich hab ihn getragen." Mats ging sich durch die Haare und sah nach vorn wo Sven immer noch telefonierte. "Ja und warum bist du dann dort geblieben? Ich hab dir gesagt, dass du es langsam angehen lassen sollst. Man, Cathy wird dir deinen Kopf abreißen wenn sie das erfährt!" Ich atmete tief ein "sie hatte Meeting mit Joachim und Michael. Danach ging es ihr nicht g..." Mats unterbrach mich sofort. "Wie? Was? Meeting an einem Samstag? Das hat nichts Gutes zu bedeuten." Ich stemmte meine Arme in die Seite und befeuchtete meine Lippen mit meiner Zunge. "Hat es auch nicht." "Weißt du was?" Ich sah ihm lange ins Gesicht und schüttelte mit dem Kopf. "Nein. Sie war nur sehr aufgelöst. Gegessen hat sie auch nicht viel und das ist nicht so gut in ihrem zustand." Mats nickte und legte seine Hand auf meine Schulter. Wir liefen wieder um die Ecke zu den Kabinen. "Da wird irgendwas Großes auf uns zukommen und ich glaube das wird nicht lange auf sich warten lassen." Ich nickte und konnte ihm nur recht geben. Das wird ein Schock für das komplette Team werden. Irgendwie war es zu erwarten nach so einer Vorrunde aber dass es jetzt passierte wo wir langsam wieder in Fahrt kamen konnte ich nicht verstehen. Jedoch musste ich mich jetzt um meine Familie kümmern. Sie war höchste Priorität. Ich musste Lea von den Gedanken ablenken, dass ihr Vater den Verein verlässt und mich nebenbei um Liam kümmern. Liam! Mein Sohn der in den Wochen so gewachsen ist und sich verhielt als ob er bereits erwachsen wäre. Es war so schön ihn gestern ins Bett zu bringen. Ich will den Alltag mit der Familie wieder fühlen und genießen. Meinen Sohn jeden früh sanft zu wecken, ihm durch seine Haare zu gehen die ihm durch den Schlaf überall hin standen so wie bei seinem Vater, den kompletten Tag mit ihm verbringen und ihn dann abends wieder ins Bett bringen um ihn noch eine Geschichte vorzulesen wie ich es sonst auch immer tat. Und dann war da auch noch Lea die mir gestern einfach nur einen Schrecken eingejagt hatte als sie mir das Bettzeug gab welches ich gar nicht gebraucht hatte. Sie nahm das alles ganz schön mit, die Trennung von mir, die Arbeit und jetzt auch noch ihr Vater. Jedoch war ich endlich froh darüber sie wieder in meinen Armen zu halten, ihren Kopf an meiner Brust zu spüren und die leichten Atemgeräusche zu hören die mir sagten, dass sie in einen ruhigen Schlaf gefallen ist. Ich musste mir schnell was einfallen lassen damit Lea mich endlich wieder an ihrer Seite akzeptierte. Leider waren da noch die Scheidungspapiere die ich immer noch nicht unterschrieben habe. Immer wieder blieb ich neben den Formular stehen wenn ich sie auf unserem Wohnzimmertisch liegen sah. Diese Papiere mussten weg. So schnell wie möglich.

Der Kampf um die große Liebe [Marco Reus  FF] -Band 3-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt