Zweisamkeit

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Marco POV

Es war ein komisches Gefühl nach langer Zeit wieder hier zu sein. Zwar strengen sich alle mir gegenüber an nett und glücklich zu wirken doch man merkte diesen zwang ganz besonders bei Ulla. Ich kann es vollkommen verstehen. Lea war meinetwegen am Boden zerstört. Ulla war diejenige die für sie da war, die sie hielt als sie fiel und dank ihr kam Lea schnell wieder aus dem Loch. Vermutlich hatte sie viel zu tun. Auch Liam sollte sich in den Wochen verändert haben als ich mich nicht gemeldet hatte. Ich war schuld daran, dass mein Sohn sich nicht so verhalten konnte wie er es wollte, dass er für seine Mutter viel wegstecken musste um selbst für sie da zu sein. Er hatte die männliche Rolle übernommen wofür ich eigentlich zuständig war. Auch wenn es eine bedrückende Stimmung war am Tisch, genoss ich die Minuten wieder mit ihnen zusammen. Lea saß die ganze Zeit neben mir und sah mit ihrer kleinen Kugel bezaubernd aus. Ich habe es immer verdrängt was ich getan habe. Aber immer wenn ich Lea sah, sei es beim Training oder bei der Vertragsunterzeichnung wo sie dabei sein musste, kommen mir die Erinnerungen hoch. Es tat weh und ich will mir gar nicht vorstellen wie sehr Lea zu leiden hatte. Vermutlich hatte ich mich deswegen abgeseilt von allem und jeden. Zwar war ich beim Training aber ich hielt Abstand zu den anderen. Die Jungs wollten mir helfen. Okay, der eine oder andere war für ein paar Tage nicht gut auf mich zu sprechen und ich glaube auch Cathy hatte da ihre Finger mehr oder weniger im Spiel gehabt. Aber ich war froh darüber. Der einzige der die ganze Sache mit Lea nicht so richtig mitbekommen und sich auch nicht von mir abschütteln lassen hatte war Kevin. Er war bereits 4 Monate im Team und gehörte bereits für jeden dazu als ob er schon Jahre bei uns wäre. Durch seine lustige und humorvolle Art vergaß ich den Stress um mich herum. Er brachte sogar den benötigten Abstand zwischen mir und den anderen. Ich war ihm sehr dankbar, auch wenn ich ihn nicht sehr lange kannte. Er ist ein guter Mensch und bereits dabei ein sehr guter Freund zu werden. "Worüber denkst du nach?" Leas Stimme holte mich aus den Gedanken. Ich lächelte knapp und sah auf meine Hände. "Nichts Besonderes. Ich genieß das gerade nur." Wir saßen gemeinsam auf der Terrasse und genossen die Zweisamkeit. Ulla und Jürgen hatten sich bereit erklärt Liam ins Bett zu bringen. Ich war froh darüber denn dann hatte ich endlich die Gelegenheit mit Lea allein zu sein und ich glaube, ich war nicht der einzige der so dachte. "Ich freu mich schon so auf den Sommer wenn es abends endlich wieder wärmer wird." Sie zog ihre Decke bis zum Hals und lehnte sich zurück. "Willst du rein? Ist dir kalt?" sie sah zu mir, lächelte und schüttelte den Kopf. Nach einer Weile hörte ich Lea neben mich laut durchatmen. "I-Ich wollte mich bei dir entschuldigen." Wieder ging mein Blick zu ihr. Sie fummelte nervös an der Decker herum bis sie nach wenigen Sekunden zu mir sah. "Wegen der Sache im Krankenhaus." ich lehnte mich zurück und sah geradeaus zu dem Wald welcher sich vor uns erstreckte. "Ich glaube, du brauchst dich für nichts zu entschuldigen." Ich sah in meinem Blickwinkel wie sie wild mit dem Kopf schüttelte. "Ich habe Sachen zu dir gesagt die nicht hätten sein müssen und das auch noch dann als du erfahren musstest was mit deiner Schwester und Nichte passiert ist." ich befeuchtete meine Lippen etwas mit meiner Zunge, sah an mir herunter und nickte. "Es ist ok. Wirklich. Das letzte was du machen müsstest wäre dich zu entschuldigen für eine Sache die nur wegen meiner Dummheit passiert ist." Zögerlich sah ich zu ihr und konnte ihre Traurigkeit im Gesicht erkennen. "Hey." ich rutschte weiter zu ihr und legte ihr einen Arm um. "Hör auf so ein Gesicht zu ziehen. Vergiss das. Wir genießen jetzt das was gerade passiert." ich lächelte sie an. Lea starrte für wenige Sekunden an mir vorbei bis sie in mein Gesicht sah und ich könnte wetten, dass ich da ein leichtes zucken an ihren Lippen gesehen habe. "Wie lange kannst du jetzt eigentlich nicht spielen?" Lea lehnte sich weiter zurück und kam mir noch etwas näher. Ich bemerkte, wie sie ihre Augen schloss, tief Luft holte und beim ausatmen über ihren Bauch strich. Es tat gut sie zu sehen. So entspannt. "Keine Ahnung. Das kommt drauf an wie ich mich in den nächsten Tagen schlagen werde. Ich glaube aber, dass ich gegen Gladbach nicht dabei sein kann." Sie öffnet ihre Augen und sah zu mir. "Das tut mir leid." Lea wusste noch ganz genau, dass ich mich immer darüber gefreut hatte gegen meine alte Mannschaft zu spielen. Bereits in der Vorrunde hatte ich nicht das Vergnügen gehabt und hoffte, dass es in der Rückrunde klappen würde. Jedoch kam der Fuß mir wieder mal in die Quere. "Ich drück dir die Daumen." Ich nickte und sah geradeaus auf den Garten. "Weißt du schon was von ... Jürgen?" ein leichtes stöhnen konnte ich von ihr hören bis sie mir leise antwortete "Nein. Hast du es jemanden gesagt?" ich schüttelte den Kopf und sah zu ihr. Wir sahen uns eine Weile an und nach kurzem schweigen nahm ich meinen Mut zusammen, ging mit meiner Hand unter der Decke zu ihr herüber und legte diese auf ihren Oberschenkel. Ich beobachtete ihre Reaktion. "Das ist alles nur eine Gewöhnungssache." "Es machen mir nur die ganzen Fragen Angst. Was wird er danach machen? Wohin geht er? Bleibt er hier bei mir oder geht er ins Ausland? Wenn er ins Ausland geht, dann...dann wüsste ich nicht was ich tun sollte." ich zog meine Augenbrauen in die Höhe. "Würdest du mit ihm gehen?" Sie sah mich lange an und zuckte anschließend mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Auch meine Mutter könnte sich das nicht vorstellen. Eigentlich ist es das gleiche wie bei dir. I-Ich glaube, ich würde nicht gehen. Schon wegen Liam und der kleinen nicht." Sie sah auf ihren Bauch herunter und legte beide Hände darauf. "Ich will, dass meine Kinder in Deutschland aufwachsen. Klar wäre es super wenn sie mehrere Sprachen können aber das kann ich den beiden auch hier in Deutschland beibringen." Ich nickte und rutschte weiter zu ihr. "Das sagt auch keiner, dass du mit musst. Es ist deine Entscheidung Lea." Lea schniefte und sah wieder in meine Augen. "Ich will aber nicht, dass mein Vater denkt, ich lasse ihn im Ausland im Stich." Wieder schüttelte ich den Kopf. "Habt ihr schon miteinander geredet und darüber gesprochen?" Sie ging sich mit beiden Händen durch die Haare. "Nein. Ich hab es irgendwie immer vermieden mit ihm darüber zu sprechen. Ich fand es irgendwie auch schon schlimm, es nicht von ihm zu erfahren." Ich merkte, dass Lea immer aufgelöster wurde. So wie früher, als sie über ihre Ängste von Gregor sprach. "Mach dir erst einmal nicht so den Kopf. Er wird mit dir und deiner Mutter schon reden. Aber erst wenn die Zeit gekommen ist. Gib ihm die Zeit die er braucht. Vielleich will er erst einmal Urlaub machen." Sie nickte, wischte mit ihrem Zeigefinger einmal unter ihr rechtes Augen und lächelte mich an. "Vielleicht hast du Recht. Die Schwangerschaft nimmt mich ganz schön mit. Ich bin mal traurig, mal bin ich wieder wütend, dann auf einmal heul ich. D-Die ... " " ... die Gefühle..." ich nickte und schmunzelte. "..spielen verrückt. Ich weiß." Lange sah sie mich von der Seite an und legte nach kurzem Zögern ihren Kopf auf meine Schulter. "Ich bin froh, dass du hier bist." Ich streichelte abwesend ihre Seite. "Ich auch." Wir saßen noch knapp eine Stunde so eng aneinander da und sprachen über Gott und die Welt. Immer wieder mussten wir lachen als wir über früher sprachen. Sie erzählte mir was Liam alles so im Kindergarten machte und das bereits jetzt schon in seinem Alter die Mädels schlange standen. Es war so schön wieder das zu machen was wir früher fast jeden Tag gemacht hatten. Wir sprachen über den Alltag und was wir morgen alles noch für Termine hatten. Schade das die Zeit immer so schnell vergeht wenn es gerade schön wurde. "Wie kommst du eigentlich nach Hause?" Lea war nach der Zeit immer mehr zu mir gekommen und hatte sich an mich gekuschelt. Die Decke um uns gelegt wärmten wir uns gegenseitig und dieser Duft der immer wieder von ihr kam gaben mir Kraft und meine Sinne erwachten endlich wieder zum Leben. "Auba holt mich dann ab." Genau in dem Moment vibrierte mein Handy. "Wenn man vom Teufel spricht." wir beide lachten, Lea setzte sich auf damit ich ungehindert an mein Handy in der Hosentasche kam. Das Display zeigte mir eine Nachricht an jedoch nicht von Auba.

Marcel

"Hey Großer, hast du Zeit? Ich bin im Büro und komm gerade nicht klar."

"Was ist los?" Lea beobachtete mich aufmerksam. Schnell änderte ich meinen Gesichtsausdruck und lächelte knapp. "Nichts Schlimmes. Es ist nur ... Marcel." Lea zog ihre Augenbrauen in die Höhe und sah weiter zu mir. Als ich auf die Uhr sah sank meine Stimmung. "Auba kommt in 10 Minuten." Lea ging es vermutlich wie mir. Sie nickte leicht und sah traurig in den Garten. "Dann sollten wir langsam wieder rein." Ich nickte, stand auf und hielt ihr meine Hand hin die sie sofort nahm. Immer noch Händchenhaltend lief ich mit ihr zur Terrassentür, ließ Lea den Vortritt und schloss die Tür hinter mir. "Lass mich noch einmal zu Liam." Es war dunkel sodass ich Leas Gesicht nicht sehen konnte sowie den Weg durch das Haus. Doch Lea hielt meine Hand weiterhin fest und führte mich zu dem Zimmer in dem Liam schlief. Erst vor dem Bett ließ sie mich los, beugte sich zu Liam runter und deckte ihn richtig zu. Auch ich beugte mich noch einmal über ihn, gab ihm zum Abschied einen Kuss auf die Stirn und ging ihm vorsichtig durch die Haare. "Er sieht immer mehr nach dir aus." ich stand wieder neben Lea und sah sie einfach nur an. Ihr Blick ging zu Liam und ein kleines Lächeln bildete sich in ihrem Gesicht. Zögerlich nahm ich ihre Hand und zog sie zu mir. Unsere Blicke kreuzten sich. Leicht streichelte ich über ihre Wange. Was würde ich jetzt dafür geben sie zu küssen doch die Angst war groß diesen schönen und friedlichen Moment wieder zu zerstören. Daher gab ich ihr einen langen Kuss auf die Stirn und zog sie in eine Umarmung. Auch sie legte ihre Arme um mich und genoss den Moment. Er war schön doch dies wurde durch das vibrieren meines Handy zerstört. Wieder eine Nachricht aber diesmal von Auba der mir sagte, dass er vor dem Haus stand. "Ich muss." Nur ein leises "hm..." konnte ich von Lea hören jedoch ließ der Druck unserer Umarmung nicht nach. Nach gefühlten Minuten vibrierte mein Handy wieder. Doch diesmal stärker und länger. Auf dem Display konnte ich Marcels Namen erkennen. Ich stöhnte leicht, drückte Leas Kopf noch einmal an mich, gab ihr einen Kuss auf ihren Kopf und nahm den Anruf entgegen. "Ich bin auf den Weg zu dir." ich hörte laute Atemgeräusche. "Danke" Marcel legte auf und ließ mich stirnrunzelnd zurück. "Was ist los?" Marcel war aufgelöst. Irgendwas stimmte nicht und ich wusste, dass mein bester Freund meine Hilfe dringend brauchte. "Alles gut. Ich muss jetzt aber wirklich." Wieder nahm Lea meine Hand und führte mich aus dem Zimmer, durch den Flur, zur Tür die sie mir öffnet. "Wir sehen uns." sagte sie und lehnte sich an die Tür. "Ja. Das tun wir alle Fälle." sie lächelte und winkte zu Auba der genau vor dem Haus stand. "Tschau." "Tschau." immer noch das Handy fest in meiner Hand lief ich den Vorgarten entlang, durch den Gartenzaun und sah noch einmal zurück bevor ich ins Auto stieg. Sie winkte und schloss die Tür hinter sich. Ich atmete noch einmal durch und zog die Tür ran. Auba startete das Auto und fuhr "langsam" los. Was auch immer er unter langsam verstand mit diesem Auto. "Und? Wie lief es?" ich lächelte knapp und sah zu ihm. "Gut. Sehr gut sogar." Auba lachte und schlug mir leicht auf den Oberschenkel. "Das freut mich total für euch." Ich nickte und sah aus dem Fenster. "Wir müssen noch einmal in die Stadt. Ins Büro." Aubas lächeln verblasste und nickte vorsichtig. "Was ist los?" ich zuckte mit den Schultern. "Kein Ahnung. Irgendwas ist mit Marcel." Auba bog in die nächste Straße und gab Gas.

Der Kampf um die große Liebe [Marco Reus  FF] -Band 3-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt