Unerträgliche Wartezeit

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Marco POV

Ich war schwach doch noch in der Lage wie so ein irrer auf dem Gang herum zu laufen um mir die Zeit zu vertreiben. Immer wieder hielt ich mich an der Wand fest und wurde von meinem Vater gestützt. Alle waren sie hier. Melanie, Yvonne, Cathy, Ann, Mario, Robin, Sylvia und sogar Marcel standen mir bei. Es war mir in der jetzigen Situation vollkommen egal was zwischen Marcel und Lea passiert ist. Ich wollte nur meine Frau und meine Tochter lebendig in den Armen nehmen. Nach einer Stunde kamen dann auch Mats, Erik, Kevin und die anderen Jungs. Als Auba um die Ecke lief und mich sah, blieb er sofort stehen, legte seine Hand auf den Mund und ging mit schnellen Schritten auf mich zu. Wir umarmten uns. Auch wenn die Umarmung überall schmerzte brauchte ich diese von meinem besten Freund. Tränen liefen von meiner Wange auf seine Schulter. Ich schluchzte leise. "Gibt es was Neues?" ich holte tief Luft, schüttelte mit dem Kopf und ging mir durch die Haare. Mit wackeligen Beinen lief ich ein paar Schritte rückwärts und lehnte mich gegen die Wand. "Die können doch nicht so lange brauchen um meine Tochter in Sicherheit zu bringen und Lea ins Koma zu legen." ich stützte mich auf meine Beine ab und starrte auf den Boden. Wir waren alle bereits seit knapp 3 Stunden auf dem Gang vor der Intensivstation. Immer wieder wenn ein Arzt oder eine Krankenschwester an uns vorbei lief, schreckten wir auf und sahen sie gespannt an. "Wo ist Jürgen?" fragte Auba leise neben mir. Ich zuckte mit den Schultern. "I-Ich weiß es nicht." Auba streichelte meinen Rücken. Es beruhigte mich etwas jedoch schweiften meine Gedanken immer ab. Warum dauerte es so lange? Ging es den beiden gut oder war bereits einer bereits Tod? Ich verzog mein Gesicht als ich daran dachte. "Marco?" meine Mutter kam aus einem Zimmer in unserer Nähe und sah mich fragend an. "Liam ist wach und fragt nach seiner Mutter. Ich glaube, du solltest zu ihm." ich sah sie lange an bis ich meine angehaltene Luft ausstieß, meine Tränen von der Wange wischte und zu ihr lief. Meine Mutter hielt mir die Tür auf und streichelte noch einmal meinen Rücken herunter als ich an ihr vorbei lief. Sie schloss die Tür und schirmte das Zimmer von den Außengeräuschen ab. Ich konnte nur noch das schluchzen von Liam hören. Er sah zu mir als sich die Tür hinter mir schloss. "Hey mein Großer." ich lächelte leicht und legte mich langsam zu ihm. Er kuschelte sich an meine Brust und weinte bitterlich. Ich gab ihm einen langen Kuss auf seinen Kopf und streichelte über seinen Rücken. Irgendwann atmete er ruhig und spielte abwesend mit meiner Kette. "Wo ist Mama?" Liams raue und traurige Stimme versetzten mir einen Stich ins Herz. Noch nie habe ich ihn so gesehen oder gehört. Ich versuchte so gut es ging ihm zu erklären warum wir hier waren, was sie mit seiner Mutter machten und wann seine Schwester kommen wird. "Ist meine Schwester daran schuld das wir hier sind?" er sah zu mir hoch. Seine Augen waren glänzend und rot unterlaufen. "Wir waren auch im Krankenhaus als du kamst." Liams Augen wurden größer und sahen mich aufmerksam an. "Du hast die Mama mitten in der Nacht geweckt weil du raus wolltest. Du konntest es schon gar nicht mehr abwarten." Liam lächelte leicht und zupfte an seinem Kuscheltier welches er an seinen Körper presste. Ich versuchte ihn abzulenken. Fragte ihn was er letztens im Kindergarten gegessen hatte und wohin der nächste Ausflug mit seiner Erzieherin hingehen sollte. Wenn mal stille zwischen uns war starrte er aus dem Fenster. Nach einer gefühlten Stunde lag er mit dem Rücken zu mir ganz ruhig da. Ich stützte mich vorsichtig mit meinem Arm auf dem Bett ab und sah wie Liams Augen immer wieder zu fielen. Er kämpfte gegen die Müdigkeit und verlor nach kurzer Zeit. Ich ging ihm noch einmal durch sein kurzes Haar und stand langsam auf. Am Fenster sah ich hinaus und beobachtete die Menschen gedankenverloren. Die Sonne stand weit oben am Himmel und strahlte auf uns herab. "Herr Reus?" ich drehte mich um und sah wie eine Krankenschwester ihren Kopf in das Zimmer steckte und mich aufmerksam ansah. "Die Operation wurde soeben beendet." ich lief in ihre Richtung. "Und?" sie öffnete die Tür und meine Mutter kam herein. "Der Arzt möchte mit ihnen sprechen." Meine Mutter drückte noch einmal meine Hand und lief zu Liam. "Ich pass auf ihn auf." ich nickte, formte mit meinen Lippen das Wort 'Danke' und lief der Krankenschwester hinterher. Alle sahen mich an als ich aus dem Zimmer kam. Ich sah nicht zu ihnen und schirmte alles um mich herum ab. Die Krankenschwester öffnete die Schiebetür zur Intensivstation und führte mich zu einem Arzt der mit einer anderen Krankenschwester sprach. Als er mich sah, nickte er noch einmal zur Schwester die sofort verschwand und widmete sich mir. "Herr Reus." er führte mich in ein angrenzendes Zimmer und schloss die Tür hinter sich. "Ich habe gute Nachrichten für sie. Ihrer Tochter geht es sehr gut. Sie wird noch einige Wochen auf unserer Frühchenstation bleiben aber ich sehe positiv in die Zukunft." ich nickte. "Und meine Frau?" der Arzt stöhnte und lief zu seinem Schreibtisch auf dem er seine Unterlagen und seine Brille absetzte. "Die Operation war nicht einfach. Nachdem wir ihre Tochter retten und untersuchen konnten hat sich der Zustand ihrer Frau drastisch verändert. Jedoch war dies abzusehen. Wir mussten uns beeilen und beschleunigten die Arbeiten. In der Zeit, als wir begannen sie zu nähen, hörte ihr Herz von einer auf die andere Sekunde auf zu schlagen." ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Mir wurde schwindelig und ich musste mich auf die Liege hinter mir setzten. "Was jedoch dann geschah verwunderte uns bis jetzt." ich sah ihn überrascht an. "Wir wollten sie reanimieren jedoch begann ihr Herz selbstständig an zu schlagen und das in regelmäßigen Abständen." ich sah ihn verwundert an. "Das komplette Ärzteteam ... w-wir haben so etwas noch nie gesehen. Bei dieser Verletzung, die Situation und noch schwanger im 7. Monat. Es war medizinisch einfach nicht möglich." ein kleiner Hoffnungsschimmer baut sich in meinem Körper auf. Lea kämpfte. Sie kämpfte für das Leben, für unsere Kinder und mich. "K-Kann ich zu ihr?" er nickte und führte mich aus dem Zimmer. Mir wurde ein Kittel und ein Mundschutz in die Hände gedrückt die ich schnell anzog. Der Arzt blieb vor einer Tür stehen und sah mich fragend an. Meine Hände wurden feucht und zitterten. "Bereit?" ich nickte und sah in das Zimmer welches von ihm geöffnet wurde. Als ich Lea sah blieb ich sofort stehen. Mein Mund stand offen. Mein Blick ging zu ihr, dann auf die Gerät und die Schläuche die überall mit ihr verbunden waren. "Leider konnten wir sie nicht ins künstliche Koma legen da sie selbst in das 'echte' Koma gefallen ist." ich lief zum Bett und legte meine Hände auf das Geländer am Fußende. Es war ein wundervolles Gefühl sie zu sehen, zu sehen wie sich ihr Brustkorb hob und senkte und die Herztöne, die durch das Piepen aus dem Gerät neben ihr kamen. "Was ist der Unterschied?" Der Arzt stellte sich neben die Geräte und sah auf dem Monitor. "In dem künstlichen Koma haben wir die Möglichkeiten die Grundfunktionen ihrer Frau zu kontrollieren. Das 'echten' Koma ist immer Folge einer schweren, oft lebensgefährlichen Funktionsstörung des Gehirns. Wir haben keine Chance sie aus dem Koma heraus zu holen. Ob sie wieder aufwacht hängt ausschließlich davon ab, wo und in welchem Ausmaß das Gehirn geschädigt wurde. Sie war insgesamt 2 Mal nicht mehr am Leben gewesen. Ihre Atmung war 4 Minuten nicht vorhanden um das Gehirn den benötigten Sauerstoff zu bieten." ich nickte und lief um das Bett. Auch wenn das piepen bedeutete, dass ihr Herz schlug, machten sie mich immer nervöser. "W-Wie lange dauert es bis sie aufwacht?" der Arzt zuckte mit den Schultern. "Mal kann es ein paar Tage dauern, mal mehrere Wochen." er räusperte sich und kam zu mir. "Es kommt jetzt drauf an ob sich der Zustand ihrer Frau verbessert." ich nahm mit zitternden Händen Leas Hand und streichelte mit meinem Daumen ihre weiche Haut auf dem Handrücken. "U-Und was wenn nicht?" "Wenn sich der Zustand nicht schnell ändert ..." er stöhnte. " ... dann kann es passieren, dass ihre Frau einen Hirntod erleidet!"

Der Kampf um die große Liebe [Marco Reus  FF] -Band 3-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt