13. Freunde aus anderen Städten (POV Shoyo)

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Die Wochen vergingen ruhig ohne weitere Panikattacken, Zwischenfälle und ohne das noch jemand mein Geheimnis entdeckte. Tsukki und ich trafen uns zu jeder Mittagspause unter meinem Baum, aßen zusammen und lernten auch ein bisschen, was meinen Noten unglaublich gut tat. Er war verwundert als er bemerkte, dass ich eigentlich nicht so dumm war, wie meine Noten es sagten, sondern ich einfach nur Schwierigkeiten hatte, ruhig zu sitzen, also rollten wir zum Beispiel einen Ball hin und her, während wir die Englischvokabeln wiederholten. Ab und zu schloss sich auch Shimizu unserer kleinen Mittagsrunde an. Wir quatschten und lachten, und ich wurde von Tag zu Tag entspannter. Zum Schlafen nahm ich mittlerweile Schlaftabletten. Die halfen mir deswegen, weil ich traumlos schlief. Es war nicht die beste Lösung, aber es war eine. Nur, wenn ich bei Shimizu oder Tsukki übernachtete, benötigte ich keine. Ich konnte mich bei den Beiden so gut entspannen, dass ich ohne Medikamente einschlief. Mit Shimizu redete ich meistens den ganzen Abend über Jungs, was wer angestellt hatte und später endeten wir meistens damit, über unsere jeweiligen Crush zu schwärmen. Bei Tsukki war es der Körperkontakt. Wenn ich bei ihm übernachtete, schlief ich meist unterm Filmschauen in seinem Arm ein.

Wir wollten gerade mit dem Training beginnen, als Herr Takeda durch die Sporthallentür geflogen kam und uns allen mit Stolz verkündete, das ein alter Rivale aus Tokyo einem Übungsspiel zugestimmt hatte und sie uns bald besuchen kommen würden. Einerseits war ich total aufgeregt, neue Spieler und ihr Können zu sehen, andererseits hatte ich Panik, Panik dass so etwas wie im letzten Spiel noch einmal passieren würde. Sowohl Tsukki als auch Shimizu schienen genau zu wissen, was ich dachte, denn beide stellten sich neben mich. Shimizu nahm meine Hand und drückte sie leicht, während Tsukki mir beschützend eine Hand auf die Schulter legte. "Du brauchst keine Angst zu haben, wir sind beide da, ich am Spielfeldrand und Tsukki auf dem Feld mit dir.",versuchte Kiyoko mich zu beruhigen. "Ich weiß, aber was wenn...", ich konnte den Satz nicht vollenden. "Trainer, ich hab etwas im Clubraum vergessen und gehe schnell mit Sho, ich meine, mit Hinata es holen.", sagte Tsukki und schob mich Richtung Clubraum, ohne auf eine Antwort zu warten. Er öffnete die Tür zum Clubraum und schob mich hindurch. Erst da bemerkte ich, dass ich zitterte und schwitzte. Er schloss die Tür hinter sich und sperrte ab, dann kam er mit langen Schritten auf mich zu und umarmte mich, erdete mich, wobei eine Hand an meinem Hinterkopf Kreise durch meine Haare zog. "Jetzt atmest du erst einmal tief durch.", war das Einzige, was er sagte. Ich konzentrierte mich auf seine kreisende Hand und auf die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Das Gefühl des Schutzes, dass ich schon bei ihm zu Hause hatte, breitete sich in meinem Inneren aus und ließ mich entspannen. So blieben wir einige Minuten stehen, bis ich mich vollständig beruhigt und entspannt hatte. "Wenn ich fragen darf, worin genau liegt deine Angst?", fragte er ganz zärtlich und sanft. Ich wusste, dass er nicht fragen wollte, aber dass er diese Information brauchte, um mir helfen zu können. "Ich habe Angst,... durch einen Flashback wieder zurück in die dunkle Gasse gezogen zu werden,... dass noch jemand mein Geheimnis erfährt,.. dass sie mir wehtun könnten und das ich das Einzige verliere, dass die Gedanken in meinem Kopf ruhig stellt, Volleyball.", ich begann leise, konnte aber nicht mehr aufhören als die Worte aus mir heraus zu sprudeln begannen. "Das Einzige, was dir höchstens passieren kann, ist, dass dich Kageyama anschreit, so wie jedes Mal, und dass du wegen deiner Sorgen deinen Fokus verlierst. Niemand wird dir wehtun können, solange ich da bin. Niemand wird dich aus dem Club werfen. Niemand kann dir etwas antun, vertrau mir. Und solltest du das Gefühl haben, dass dir alles zuviel wird, komm zu mir oder Shimizu, wir werden einen Platz für dich zum Beruhigen finden, okay?!", versprach er mir ganz sanft. Ich glaubte jedem seiner Wort, straffte die Schultern und sah zu ihm auf. "Danke."

Ich verbrachte die letzten fünf Tage bis zum Trainingsspiel bei Tsukki zu Hause, da er sich Sorgen machte, ich würde nicht mehr essen. Mir war es ganz Recht, denn so konnte ich ohne chemische Hilfsmittel schlafen, außerdem konnte ich mein Energielevel oben halten, denn Tsukki sorgte dafür, dass ich aß. Vor dem Trainingsspiel lernte ich diesen komischen Jungen kennen, der sich dann als Zuspieler von Nekoma herausstellte. Kenma und ich verstanden uns sehr gut, und wir entschieden, dass wir Nummern ausstausen sollten. Ich war von mir selbst überrascht, dass ich so einfach mit ihm Freundschaft habe schließen können. Könnte aber auch daran liegen, dass ich von Kenma nicht den Eindruck hatte, als könne er irgendjemanden irgendetwas antun. Er war so harmlos. Wir begannen öfter miteinander zu schreiben, hauptsächlich über die neusten Computer und Konsolenspiele. Er schien nicht zu ahnen, was in mir vorging. Es war schön, sich mit ihm per Text zu unterhalten, da ich mich nicht verstellen musste, kein Lächeln aufsetzten musste und ich auch keine Angst haben musste, dass er irgendetwas in meinem Gesicht lesen hätte können, er sah es ja nicht. Ich bemerkte, dass Tsukki sich noch nicht entscheiden konnte, ob er das für gut oder schlecht halten sollte. Wir waren gerade an unserem Lieblingsplatz in der Mittagspause, als mein Handy signalisierte, dass eine Nachricht eingegeangen war. Er sah mürrisch auf mein Handy. "Was will er jetzt schon wieder?", fragte er mich, während er die Augen verdrehte. "Kenma will wissen, ob ich in Animal Crossing seine Freundschaftsanfrage erhalten habe und ob wir uns demnächst in der virtuellen Welt treffen werden." Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. "Sag jetzt nicht, du hast deine Switch dabei?" Er sah mich entgeistert an. "Nein, ich werde heute Abend nach dem Training online gehen. Wir haben momentan keine Prüfungen und Spiele stehen auch keine an. Also werde ich ein bisschen spielen." Faszinierd sah ich Tsukki an. Er wirkt nicht begeistert. "Was machst du am Wochenende?", fragte ich ihn. Ich hatte wenig Hoffnung, dass wir etwas gemeinsam machen würden, da ich zufällig mitbekommen hatte, dass sich Yamaguchi bei ihm beschwert hatte. Die beiden waren seit einer Ewigkeit beste Freunde und Yamaguchi hatte anscheinend etwas Wichtiges mit Tsukki zu besprechen. "Tut mir Leid, ich hab schon was vor." Ich war ein wenig enttäuscht, wusste aber, dass ich nicht das Recht dazu hatte. Der Rest des Tages verlief ruhig.

"Also, wir wurden eingeladen, am großen Trainingscamp mit Nekoma und anderen Mannschaften in Tokyo teil zunehmen. Geplant ist die Reise nach Tokyo in zwei Wochen. Wir werden dort für vier Tage in einer Jugendherberge unter kommen, Kosten können von der Schule gedeckt werden. Kiyoko verteilt euch gerade die Erlaubniszetteln, die eure Eltern bitte unterschreiben. Noch Fragen?" Herr Takeda sah erwartungsvoll in die Gesichter der Schüler vor ihm. In ihnen konnte er die Vorfreude und Spannung lesen. "Nein", gaben wir alle zurück. In mir stiegen gemischte Gefühle auf. Ich würde Kenma wieder sehen, aber da würden wieder soviel Menschen sein, die ich nicht kannte. Tsukki sah mich besorgt von der Seite an. Ich spürte seinen Blick, setzte ein Lächeln auf und sah ihn an, er erwiderte meinen Blick mit hochgezogener Braue. Jetzt kann ich nicht mal mehr ihn täuschen... Kann ich überhaupt noch irgendjemanden täuschen?... In dem Moment sprang mich jemand von hinten an. Ich erstarrte und musste meinen Aufschrei unterdrücken, als ich bemerkte, dass es sich dabei um Nishinoya handelte. "Nishinoya, Tanaka, Beruhigt euch....Wenn ihr soviel Energie habt, könnt ihr ja noch fünf Runden laufen.", rief Daichi, bevor ich reagieren konnte. Nishinoya ging von mir runter und Tanaka stand mit offenem Mund da. Die Beiden begannen mit Daichi zu diskutieren, während Sugawara nur lächelnd den Kopf schüttelte. Er sah aus wie eine Mutter, die ihren Kindern dabei zusah, wie sie den Spaß ihres Lebens hatten. Irgendiwe lustig. Tsukki wollte schon losstürmen, als er dann bemerkte, dass ich mich wieder beruhigt hatte. Die Aussicht auf das Trainingscamp begann mich jetzt schon zu stressen. Na Klasse...

Heilen zu ZweitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt