18. Wahrheiten und Geständnisse (POV Tsukki)

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Ich hatte schon vorher bemerkt, dass sich Hinata verändert hatte. Seit wir vom Trainingscamp zurück waren und ich ihn beobachtet hatte, hatte ich gesehen, dass er sich viel Mühe gab, wieder richtig zu leben und unserem Team mehr zu vertrauen. Er zuckte nicht mehr so schnell zusammen, wenn ihn Kageyama anschrie, er schrie sogar zurück. Auch seine Berührungsängste wurden besser, er ließ es zu, dass Noya und Tanaka ihn durch die Gegend warfen und ihn ansprangen. Seine Gesichtsfarbe war auch bei weitem gesünder und seinem Körperbau nach zu urteilen aß er wieder regelmäßig. Es war schön, das alles zu sehen, aber es machte mich auch ein wenig traurig, dass ich ihm dabei nicht geholfen hatte und somit sein Glück nicht mit ihm teilte. Ja, ich hatte mich aktiv dafür entschieden, mich selbst zu schützen und ihm aus dem Weg zu gehen, aber das hieß noch lange nicht das es mir auch gefiel. Als er dann wutendbrannt vom Joggen zurück kam und ich mitbekam, was er genau geschehen war, wollte ich schon zu ihm stürmen und ihn beruhigen, aber als ich dann Shimizu sah wusste ich, sie wird wissen wollen was war, also setzte ich mich zusammen mit Yams auf die Lauer. Wir konnten sie nur hören aber nicht sehen. „Was ist mit Ushijima passiert?" Das war Shimizu. „Oh, gleich zur Sache?" Shoyo klang genervt und gereizt. Eine kurze Pause war entstanden, ich wollte schon um die Ecke schauen, als er begann: „Es ist das gleiche wie mit dem Typen von AobaJohsai und Date Tech. Er sieht einem der netten Herren ähnlich. Ich wollte erst wieder umdrehen und weglaufen, aber ein bestimmter Gedanke hielt mich ab."Jetzt war ich neugierig. Er spieh die Worte förmlich aus, wurde aber beim letzten Satz ruhiger und unsicherer. „Ich hatte mir geschworen zu kämpfen. Ich habe an Tsukki gedacht und wollte einfach nicht klein beigeben." Warte, was?! "Als der Riese dann aber meinte, mich, mein Team und vor allem meinen Tsukki beleidigen zu müssen..." Ab da hörte ich nicht mehr zu. Er hat an mich gedacht?... Er ist so sauer, weil der andere MICH beleidigt hatte?... Mein Herz schwoll an. Vielleicht sollte ich doch nochmal versuchen mit ihm zu reden... Aber wenn er... Nicht dran denken.... Nein... Ich warte bis er zu mir kommt... Yams ging hinter dem Baum hervor und fragte mich etwas, aber ich schenkte ihm keine Beachtung. Ich versuchte verzweifelt heraus zufinden was ich als nächstes tun sollte.

"TSUKKI! Hörst du mir überhaupt zu?" Yams riss mich aus meinen Gedanken. "Was?!" "Jetzt bist du wieder da. Was genau willst du jetzt machen?" "Verdammt Yams, ich weiß es nicht. Was soll die Aussage bedeuten?... Mein Kopf explodiert jetzt dann, wenn das so weiter geht." Frustiert legte ich meine Hände an meine Schläfen. "Ich schau mal, wie die nächstenTage werden, und dann entscheide ich." Yams nickte und wir setzten unseren Weg nach Hause fort. Ich lag an diesem Abend noch lange wach und versuchte zu verstehen, was in dieser kleinen, verrückten Mandarine vor ging. In den nächsten Tagen schien er total aufs Training fixiert zu sein. Er sprang höher als voher, rannte schneller und war aber auch leiser und konzentrierter als je zuvor. Tanaka und Noya bemerkten das auch und ließen ihn in Ruhe. Kageyama schrie ihn nicht einmal an. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich ihm den Rat gegeben, einfach mal leise in einer Ecke zu sitzen, dann wären die drei Idioten ruhiger gewesen... Zum Mittagessen trafen sich Hitoka, Shimizu und Sho immer noch, obwohl ich von Yams wusste, dass die kleine Mandarine in der Zeit nur mit Lernen beschäftigt war und sonst nichts anders tat. Yams sah das als Chance, um sich wieder der Gruppe an zuschließen, außerdem wusste ich, dass er gern die Zeit mit seiner Freundin verbringen wollte. Also gingen wir zu ihnen und wie Yachi es gesagt hatte, saß er auf dem Boden, ein Heft auf dem Schoß und war so vertieft, dass er nicht einmal mitbekam wie Yams und ich uns dazu setzten. Ich sah ihn von der Seite an und als er blind nach seinem Essen greifen wollte und komplett daneben lag, konnte ich nicht anders als seine Hand zu nehmen und ihn zu führen. Sein Handgelenk war warm und weich und in mir kroch eine Wärme hoch, die meine Wangen erröten ließen. Er sah auf und schaute mir direkt in die Augen. Diese großen, braunen Augen mit dem verträumten Blick, ich hatte sie so sehr vermisst. „Hast du nach dem Training kurz Zeit?" Der Satz war raus, bevor ich darüber nachdenken konnte. Sein Gesicht zeigte Verwirrung, aber er antwotete: „Klar, treffen wir uns hier?" Ich nickte und ließ seine Hand los. Sofort bereitete sich ein Gefühl des Verlusts in mir aus. Ich blickte schnell zu den Anderen, damit er nicht sah wir sehr ich ihn wollte. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, über was ich mit ihm reden will... Gut gemacht Kei, du Depp...

Der Unterricht und das Training danach nahm ich nur noch verschwommen war, ich dachte immer noch darüber nach, wie ich dieses Gespräch anfangen sollte und was ich eigentlich genau wollte. In der Trinkpause des Trainings zog ich Yams zur Seite. "Hilf mir bitte, Yams." Ich klang verzweifelt. "Nach dem Traing treff ich mich mit Sho um zu reden, aber ich weiß weder worüber wir reden sollen, noch wie ich das scheiß Gespräch anfangen soll. Das macht mich wahnsinnig." Oh und wie verzweifelt ich bin... Yams lachte und klopfte mir auf die Schulter. "Du machst das schon. Du weißt welche Gedanken dir durch den Kopf schwirren und was du wissen willst. Geh es ruhig an und sei ehrlich zu dir selbst und zu ihm und sag ihm, was das Ganze in dir ausgelöst hat. Vielleicht überrascht er dich ja." Das half mir garnicht. Wir tranken eine Schluck und gingen dann wieder auf das Feld um weiter zu trainieren. Ehrlich zu ihm und zu mir selbst sein... Ihm sagen, was das Ganze in mir ausgelöst hat... Leichter gesagt als getan... Super Yams, du hast mir garnicht geholfen... nach dem Trainig ging ich gedankenverloren in die Umkleide, zog mich um und packte meine Sachen. Je näher das Gespräch rückte, desto nervöser und unsicherer wurde ich. Was, wenn es wirklich ein Suizidversuch war? Was, wenn ich das belauschte Gespräch zwischen ihm und Shimizu falsch verstanden hatte? Ich wollte das Ganze schon absagen, als ich sah, dass auch Sho nervös war. Meine Neugier siegte. Ich wollte unbedingt wissen, was geschehen war. Und sollte das ganze Gespräch in eine Richtung gehen, die mir nicht gefiehl, konnte ich ihm immer noch aus dem Weg gehen und anfangen, über ihn hinweg zu kommen. Als ob das möglich wäre...

Als ich zu unserem Treffpunkt ging, sah ich ihn schon am Baum lehen, den Kopf gesenkt, die Hände in den Hosentaschen. Von hier sah er so klein aus, als würde er die Sorgen der ganzen Welt auf seinen Schultern tragen. Als er bemerkte, dass ich mich ihm näherte, sah er auf und lächelte schwach. Das war kein gutes Zeichen. Ich ging auf ihn zu und kam eine Armlänge weit vor ihm zum stehen. "Bevor wir mit diesem Gespräch anfangen, muss ich dir unbedingt etwas sagen." Sho wirkte nervös. "Es tut mir unendlich Leid, was am ersten Tag im Trainingscamp passiert war." Er wich meinem Blick aus. "Ich wollte mich nicht selbst umbringen. Zuerst nahm ich nur zwei Tabletten, die doppelte Dosis von dem, was ich zu diesem Zeitpunkt nahm, um die Nacht durch zuschlafen." Er senkte verlegen den Kopf. "Die Gedanken in meinem Kopf wurden einfach nicht leiser, also nahm ich nochmal eine und so weiter. Ich weiß garnicht mehr, wie viele es waren. Als ich dann bemerkte, dass das die dümmste Idee war, die ich jemals gehabt hatte, war es zu spät." Er begann leise zu schluchzen. "I-Ich wollte d-das wirklich n-nicht... I-Ich...." Er begann zu weinen und sank auf die Knie. Ich kniete mich vor ihn und hob sein Kinn an. "Du brauchst nicht zu weinen. Wie wäre es, wenn dir jetzt erst mal zu mir gehen, da kannst du mir alles in Ruhe erzählen. Da laufen wir nicht Gefahr, dass uns jemand zuhört." Ich sprach sanft mit ihm. Er nickte und ich half ihm, auf zu stehen. Ich legte einen Arm um seine Schultern und führte ihn vom Schulgelände in Richtung meines Hauses. Wir gingen schweigend nebeneinander her. Gott sei Dank... Es war kein gewollter Versuch... Ich könnte heulen vor Erleichterung... Bei mir angekommen gingen wir direkt in mein Zimmer. Ich setzte ihn auf mein Bett und setzte mich im Schneidersitz vor ihn. "Also, jetzt ganz in Ruhe von vorne... Warum warst du an dem Baum?" Ich sah ihn fragend an. Er schaute mich schüchtern an und begann zu erzählen: "Ich saß mit Kenma in seinem Schlafsaal, als immer mehr Spieler von Nekoma kamen. Mir wurde es irgendwann zuviel und ich ging. Auf der Suche nach einem ruhigen Ort, wo nicht viele Leute vorbei gingen, hab ich den Baum im Garten gefunden. Er hat mich an den Baum an unserer Schule erinnert. Es war so schön ruhig, aber die Angst, dass ich an diesem unbekannten Ort mit sovielen Leuten schlafen sollte, wurde immer größer. Also hab ich die Tabletten genommen und den Rest weißt du schon..." er senkte wieder seinen Kopf. "Es tut mir so unendlich Leid... Ich wollte das alles nicht... Besonders wollte ich nicht, dass du mich findest... Ich hab mich so geschämt... weil ich so schwach war... Ich wollte nicht das du mich so siehst... Ich.. Ich.." Er brach wieder in Tränen aus. "Und dann ist das E-Erste, was ich s-sehe, d-dein p-panisches Gesicht... I-Ich... w-wollte d-dir d-doch s-sagen, d-dass... a-alles g-gut w-war... d-dass i-ich n-nicht... sterben w-wollte... a-aber...a-aber... i-ich b-bekam k-keinen T-Ton r-raus.... u-und d-dann... w-warst d-du s-so s-sanft u-und z-zärtlich... u-und i-ich schämte m-mich s-so..." Ich spürte, wie mein Herz brach. Ich nahm ihn in die Arme, zog ihn vom Bett und platzierte ihn auf meinem Schoß. Ich strich ihm sanft durch die Haare. Mir fiel nichts bessers ein als zu summen. Ich summte eins meiner Lieblingslieder 'Hindenburg'und begann uns beide zu wiegen. Ich ließ ihn weinen. Wie kann man nur so dumm sein... Ich hätte ihn fragen sollen... Ich hätte... Ich weiß nicht, was ich hätte tun sollen... Hoffentlich können wir das richten... Ich hab ihm genauso weh getan, wie er mir... "Schh... alles gut meine kleine Mandarine.. Du brauchst dir jetzt keinen Kopf mehr zu machen... Ich bin da und ich gehe nicht." Ich wiegte uns weiter hin und her. "Bitte, bitte geh nicht... Ohne dich weiß ich nicht mehr was ich tun soll... Ich liebe dich doch so sehr, Tsukki!"

Heilen zu ZweitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt