10. Zwei sind Einer zuviel (POV Shoyo)

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Am nächsten Tag stand auch schon unsere nächstes großes Spiel an, Aoba Johsai. Wir hatten schon einmal gegen sie gespielt, weshalb ich entspannt war. Als Kiyoko kurz vor dem Spiel ihre Ecke verlassen musste, weil die Natur sie rief, dachte ich mir, das ich einen kurzen Blick in die Halle werfen sollte. Ich spähte an der Tür vorbei und erstarrte. Aoba Johsai hatte einen neuen Spieler. Er hatte blond gefärbte Haare und strahlte puren Hass aus. Mein Atem beschleunigte sich, meine Hände zitterten und mir brach der Schweiß aus. Mir wurde schwindlig und ich wich wankend zurück. Nein, nicht noch einer.... Wie kann es sein, dass unsere Gegner immer aussehen wie diese Typen... Shimizu, wo ist sie?... ich bekomme keine Luft mehr.... Hilfe, egal wer..... HILFE!!!! Ich konnte spüren, wie die Hände des Typen über meine nackten Körper wanderten, wie er sich an meinem Kopf platzierte, wie er sein Ding mir tief in den Hals steckte, bis ich keine Luft mehr bekam. Ich war in meinem Flashback gefangen und wusste nicht, wie ich da wieder raus kommen sollte. Zwei Hände berührten mich sanft an den Schultern und leiteten mich. Ich wurde sanft auf den Boden gesetzt, Arme legten sich um mich, begannen in ruhigem Rhythmus Kreise über meinen Rücken zu streichen. „Sho? Kannst du mich hören? Langsam atmen.... Einatmen...... Ausatmen... Konzentrier dich nur auf meine Stimme.... Ein und aus. Es wird alles gut meine kleine Mandarine, ich bin bei dir, niemand kann dir etwas tun, niemand kann dir weh tun. Ich bleibe bei dir, versprochen. Jetzt konzentrier dich erst mal nur auf deine Atmung.... Ein und langsam aus. Das machst du großartig, meine kleine Mandarine." Das war nicht Shimizu, das war jemand anderes, jemand männliches. Er sprach ruhig und gleichmäßig. Ich konzentrierte mich auf die Stimme. Noch jemand.... Jetzt weiß es noch jemand.... Was soll ich nur tun?... Meine Atmung begann sich zu normalisieren, ich fing an, meine Umgebung langsam wieder wahr zu nehmen. „OH MEIN GOTT, WAS IST PASSIERT?" Das ist Shimizu... sie wird mir helfen, dass nicht noch jemand mein Geheimnis erfährt... Als ich mich wieder beruhigt hatte stellte ich fest, dass ich in den Armen Tsukishimas lag. Er war derjenige, der mich gefunden, in meine Ecke gebracht hatte und mich aus meiner Panik rausgeholt hatte. „ Er hatte gerade ein Panikattacke, als er in die Turnhalle sah. Warum, weiß ich nicht, aber er hat sich jetzt beruhigt." Er sah mich an. „Ich werde dich jetzt auf dem Boden absetzten, aufstehen und zum Rest des Teams gehen." Tsukishima sah mich erwartungsvoll an, also nickte ich als Antwort. Er setzte mich sehr sanft und vorsichtig ab, stand auf und ging ohne sich noch einmal um zudrehen oder auch nur einen Ton zu sagen. „ Was war los?" Ich schilderte Shimizu kurz was geschehen war und was der Auslöser war. Ich sagte ihr nicht, dass ich einen Flashback hatte, dass ich den Geschmack dieses Typen noch auf der Zunge hatte und ich kurz davor war mich zu übergeben. Sie strich mir über den Rücken. Sie redete wie am Vortag beruhigend auf mich ein und wir fassten den selben Plan: Ich schlage seinen Doppelgänger und ihn, ich werde sie beide besiegen.

Ich tat alles wie beim Spiel gegen Dateko, außer das ich jeglichen Augenkontakt mit Tsukishima vermied. Nachdem Spiel ging ich direkt in die Kabine um mich umzuziehen und zum Bus zu gehen. Ich hatte den Typen nicht besiegt, wir hatten verloren. Ich hatte den Geschmack von Galle im Mund und musste mich darauf konzentrieren, mich nicht zu übergeben. Vom Rest des Tages weiß ich nichts mehr. Die Stimmen in meinem Kopf waren so laut und penetrant, dass ich sie nicht ausschalten konnte. Als wir zurück an der Schule waren, war ich der Erste, der den Bus fluchtartig verließ. Ich wollte nur noch alleine sein und den Tag verarbeiten. Ich konnte meine Maske nicht aufrecht erhalten. Ich musste mich beeilen, denn ich spürte wie mein Zusammenbruch immer näher kam. Das darf niemand, wirklich NIEMAND mitbekommen. Ich gab ein kurzes Tschüss von mir, rannte schnurrstraks zu meinem Fahrrad und war vom Schulgelände. Ich schaffte es bis zum Park, drei Straßen weiter. In meinen Augen standen die Tränen, ich konnte nichts mehr sehen, also blieb ich stehen, stieg vom Rad und ging einfach so lange weiter bis ich einen ruhigen Platz unter einem abseits stehenden Baum gefunden hatte. Die Emotionen brachen aus mir heraus. Ich kauerte mich zusammen, machte mich so klein es nur ging, weinte und schrie. Ich hatte das Gefühl als würde ich auseinander brechen. Meine Lungenflügel brannten, mein Herz schmerzte. Die Illusion von Händen, die begannen mir über den Körper zu streicheln, wurde immer stärker. Nein.... Bitte... mach das es aufhört.... Irgendjemand bitte.... Ich kann das heute nicht noch einmal ertragen.... Warum ich.... Bitte.... Hilfe... Ich begann mich zu winden, irgendetwas dagegen zu tun. Es war nutzlos. Nutzlos? Ja.... Ich bin nutzlos.... Ich bin ohne sie aufgeschmissen..... ich kann mir nicht mal selber helfen, wie soll ich da meine Freunde im Kampf unterstützen.... So nutzlos.... Und dumm.... Ich dachte wirklich, ich könnte .... Dumm und nutzlos... Ich ballte meine Hand zu einer Faust und schlug halbherzig in den Stamm. Nutzlos... Der nächste Schlag war härter. Dumm... Es folgten drei sehr harte Schläge. Schwach... Ich hob die Faust an mein Gesicht und schlug mit aller Kraft zu. Ich fühlte, wie meine Knöchel aufplatzen, wie das warme Blut an meinen Fingern nach unten rann. Das Gefühl des Schmerzes und meinem Blut zu zu sehen, wie es aus meinem Körper fließt, holten mich aus meiner Panik. Ich starrte auf meine Hand, unfähig, mich zu bewegen. Die Tränen versiegten, meine Atmung normalisierte sich, meine Umgebung war wieder klar zu sehen, die fremden Hände waren verschwunden. Langsam bemerkte ich, wie sich eine alles übermannende Müdigkeit über meinen Körper legte. Ich war ausgelaugt. Meine Augen und mein Körper wurden schwerer. Ich muss aufstehen, ich muss nach Hause bevor ich hier einschlafe.... Ich muss.... Ich konnte den Gedanken nicht zu Ende denken, schloss meine Augen und schlief ein.

Heilen zu ZweitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt