2. Türchen

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(Johns POV)

Draußen ist es dunkel und Florence hat mit mir Schluss gemacht. Eigentlich hat sie das nicht einmal richtig, zumindest nicht so, wie man es normalerweise tut. Es waren nur zwei verlorene Sätze in einem langen Verlauf. Es war viel ich und nicht mehr glücklich und kein du.

Kurz frage ich mich, ob ich mich darüber ärgern sollte, dass sie mir das genau jetzt sagt, einen Tag vor Weihnachten, oder ob es daran liegt, dass ich ihn mit Sherlock verbringe und nicht mit ihr. Wobei das so nicht ganz richtig ist.
Ich hätte ihn mit Sicherheit mit Florence verbracht. Aber weil Sherlock nicht allein zu der Familienfeier wollte, weil dort sowieso nur langweilige Dummköpfe sind - mit anderen Worten: Sherlock hatte erstaunlicherweise Angst vor blöden Bemerkungen über ihn - habe ich unser Date abgesagt. Zugegebenermaßen ziemlich kurzfristig. Wenn man Florence Glauben schenkt, dann saß sie schon im Restaurant, als sie die Nachricht erreicht hat. Ich denke, sie übertreibt damit ein wenig.

Wie dem auch sei. Florence hat ebenso kurzfristig mit mir Schluss gemacht, wie ich ihr abgesagt habe, und nun sitze ich auf dem Sofa neben Sherlock und höre seinem Bruder und seinem Vater dabei zu, wie sie über die britische Regierung diskutieren. Also praktisch über Mycroft. Diese Bemerkung behalte ich aber für mich. Für unangenehme Situationen zu sorgen ist schließlich nicht Teil unserer Abmachung. 

Ich soll Sherlock eine gute Begleitung sein - und ich gebe mir die größte Mühe, der beste Freund zu sein, den man sich auf einer Familienfeier wünscht. Ob es mir gelingt, weiß ich nicht. Sherlock und ich berühren uns ja nicht einmal.

„Also, halten wir jetzt Händchen oder sind wir eines dieser Paare, die sich vor anderen nicht einmal ansehen können?", spreche ich meine Gedanken leise aus. Sherlock wendet den Kopf in meine Richtung und mustert mich nachdenklich.
„Ich will nicht wie eines dieser Pärchen sein", beschwert er sich und sieht kurz zu seinen Eltern, die uns gegenübersitzen und einander im Arm halten. „Aber so will ich es auch nicht."
„Ich denke, wir sind ziemlich weit davon entfernt, so zu werden", bemerke ich und werfe ihm einen prüfenden Blick zu. Er wirkt seltsam verstimmt. „Also nimm jetzt endlich meine Hand."

Sherlock starrt mich an, als würde ich von ihm erwarten, Sonne und Mond zu vertauschen.

„Jetzt?", fragt er flüsternd und zieht unsicher die Augenbrauen hoch. „Hier?"
„Ja, wo denn sonst?" Ich schnaube leise. „In unserem Schlafzimmer, wo uns keiner sieht?"
„Zum Beispiel?"
„Sherlock, wieso sollte ich im Schlafzimmer mit dir Händchen halten?"

Weil Sherlock nichts weiter tut, als daraufhin beinahe gekränkt die Lippen aufeinanderzupressen und nichts mehr zu sagen, bin ich es schließlich, der seufzend seine Hand ergreift.

„Es fühlt sich erzwungen an", beschwert Sherlock sich augenblicklich. Seine Finger sind kalt und entziehen sich meinem Griff. Ich unterdrücke den Impuls, die Augen zu verdrehen.
„Ist nicht dieser ganze Abend inklusive der Fake-Freund-Sache erzwungen?"

Sherlock wendet den Blick scheinbar desinteressiert von mir ab und starrt stur geradeaus, aber mir entgeht das angespannte Zucken seiner Lippen nicht. Etwas stört ihn. Oder jemand. Vorsichtig rutsche ich näher an ihn heran. Wenn er von sich aus keinen Versuch macht, das Ganze ein wenig mehr wie eine Beziehung und weniger wie eine flüchtige Bekanntschaft aussehen zu lassen, muss ich das eben tun.
Viel selbstsicherer als ich mich eigentlich fühle, lege ich meine Hand auf seinen Oberschenkel und lasse meine Fingerspitzen zwischen seine Beine gleiten. Augenblicklich verkrampft Sherlock sich.

„John, was tust du da?"
„Ich führe eine Beziehung mit dir", erwidere ich schlicht. „Ist das nicht genau das, was du deiner Familie erzählt hast?"
Sherlocks Augen springen unruhig zwischen meinen hin und her.
„Ja", sagt er vage und verzieht das Gesicht. „Aber ich habe in keinem Satz erwähnt, dass das bedeutet, dass du deine Hand zwischen meinen Beinen haben darfst."
„Sie ist auf deinem Oberschenkel, Sherlock. Zwischen den Beinen ist etwas ganz anderes." Ich mustere ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und stupse ihn grinsend in die Seite. „Oder macht dich das etwa nervös?"
„Vielleicht ein bisschen", flüstert Sherlock so leise, dass ich ihn kaum verstehe.
„Wie bitte?"
„Was?"

Johnlock Adventskalender || LemonleliWo Geschichten leben. Entdecke jetzt