Kapitel 16

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Ich setze mich mit aufgestellten Beinen nahe dem Tisch auf den Boden, angelehnt an die Wand. Auf meinen Knien ruhen meine Ellenbogen, meine Arme lasse ich durchhängen. Mein Kopf ist leicht gesenkt, wodurch mein Blick etwas von mir entfernt den Boden fixiert. Ich versinke langsam aber sicher in meinen Gedanken. Wo versteckt sich Luke und warum droht er Rapid? Er hegt wenig Interesse an diesem. Ganz im Gegensatz zu mir. Denkt Luke, er würde über Rapid an mich herankommen? Das wäre ein zu offensichtliches Motiv. Doch ich weiß es innerlich. Luke will etwas von mir. Ich gehörte damals zur Mafia, genauer gesagt bin ich die Tochter des Bosses. Luke war neben Raúl der engste Vertraute von Vater und hat mich für alles ausgenutzt. Indem er mich verprügelt hat, hat er seine Wut  über Vater ausgelassen. Er hatte mich völlig unter Kontrolle. Nach einiger Zeit hat Vater es herausgefunden und Luke ist rausgeflogen. Da die Mafia meines Vaters nicht gut auf ihn zusprechen ist, hält er sich von der Unterwelt und mir fern. Zumindest war es damals so. Ich bin nicht lange nach seinem Rauswurf zur Navy gegangen und habe der Mafia den Rücken gekehrt. Mein Bruder ist ein paar Monate später nachgezogen. Durch unsere Familienabstammung hatten wir beide so einiges in petto und haben uns schnell hochgearbeitet. Wir sind nun mal Mafiaprinz und Prinzessin. Durch meine Fähigkeiten merkte ich, dass Vater mich beschatten ließ. Doch irgendwann mussten sie es aufgeben, denn durch meine hochgradige Navy Ausbildung überschritt ich auf Dauer ihr Können und Wissen. Ich hatte nun mal noch so eine Tricks, die sie nicht kannten, dazu gelernt.

Mein Vater ist ein liebender Vater, er hat mich nur schweren Herzens gehen lassen, doch ich musste gehen. Eine Mafiaprinzessin hätte sich niemals von einem Handlanger so runterstufen lassen. Den Kontakt zu meinem Vater verlor ich letztendlich, als ich zu den Seals kam. Das ist jetzt 8 Jahre her. Obwohl ich hier bei den Seals für das Gute einstehe, weiß ich, dass die Mafia immer noch ein Teil von mir ist. 

Doch warum Luke nun genau jetzt auftaucht, begreife ich nicht. Was für einen Auslöser kann es dafür gegeben haben?

Ich spüre, wie mich jemand an der Schulter berührt und blicke auf. Ich schaue in Conners schokoladenbraunen Augen und quietsche erfreut seinen Namen. Blitzschnell umarme ich ihn, während er vor mir kniet. Er richtet sich mit mir auf. Nach kurzer Zeit entferne ich mich von ihm und blicke ihn mit funkelnden Augen an. Er grinst. Seit dem Telefonat am Morgen meiner Einstellung von Hotch habe ich ihn weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Auch wenn es nur ein paar Monate waren, er bedeutet mir eben einfach alles. Ich blicke an Conner vorbei und Reids und meine Augen treffen sich. Schnell wandert mein Blick zu den anderen im Raum. Die Profiler starren mich allesamt an. Conner ist mittlerweile neben mich getreten. "Das ist Diablo, ein weiteres Mitglied meines Teams. Und zudem mein Bruder." Ich schaue mit den Augen kurz zu ihm rüber und erwidere sein leicht gefährliches Grinsen.

"Okay, Leute, wir besprechen die bisherigen Ergebnisse. Hat sich jeder mit den bisherigen Informationen vertraut gemacht, gerade die Profiler?" Nachdem ich ein einstimmiges Nicken als Antwort erhalten habe, setzen sich alle an den Konferenztisch. JJ fängt an zu sprechen "Wir sind unterrichtet über die bisherigen Informationen. Doch was hat es jetzt mit diesem Luke auf sich?" Rapid antwortet "Warum er hinter mir her ist, wisst ihr ja bereits. D-" Morgan unterbricht ihn "Aber mehr über den Typen wissen wir auch nicht. Und ein wirkliches Motiv für die Briefe hat er nicht." "Ich glaube nicht, dass es mit Rapid zu tun hat." Rapids Blick trifft meinen und ich sehe, dass er es schon geahnt hat. Conners Blick hingegen wird dunkler und er knetet verkrampft seine, zuvor noch ineinander verschränkten, Hände. Ich seufze lautlos. Morgan will schon wieder anfangen, sich zu beschweren, doch ich hebe meine Hand, um ihm zu signalisieren, dass er still bleiben soll. Reid ergreift jedoch vor mir das Wort, "Er hat es auf dich abgesehen." Ich blicke ihm unverwandt in die Augen. In seine tritt eine leichte Spur von Härte. "Aber warum?", fragt JJ leicht verwirrt und blickt zu mir. Ich lächle sie mit schräg gelegenem Kopf an. "Ich glaube, wir fangen damit an, wer Luke eigentlich ist." Sie nickt. "Nun gut. Unser Täter heißt Luke Enric Díaz. Er ist seit er 22 als engster Vertrauter von Rafael Gabriel Blake tätig gewesen. Er hat die Position des Stellvertreters vertreten, bis Rafaels Sohn Alejandro 18 geworden wäre. Sein Rausschmiss wurde ein halbes Jahr, bevor Alejandro seinen Posten als Stellvertreter eingenommen hätte, verübt. Luke ist aus dem Grund geflogen, weil er Alexa, die Tochter von Rafael, misshandelt hat. Das mit Rapid hat in der Zeit kurz nach seinem Rauswurf stattgefunden. Da Alexa es mitbekommen hat, konnte sie Luke davon abhalten, Rapid, wie seine Freundin zuvor, zu töten." "Der Mafia Rafael!?" spricht Garcia erschrocken aus. Ich nicke leicht. Morgan blickt mich prüfend an, "Die Blakes sind gefährliche Leute, was hast du bitte mit ihnen zu schaffen?" Noch während er dies sagt, blitzt etwas in seinen Augen auf. Er hat den Zusammenhang erkannt und blickt mich geschockt an. Ich atme kurz kaum merklich durch, bevor ich mich entschließe, den Profilern die Wahrheit zu sagen. "Alej?" Conner stellt sich schräg hinter mich und legt seine Hand auf meine Schulter. "Bevor wir der Mafia den Rücken gekehrt haben, kannte man uns als Alejandro" "und Alexa." Garcias Blick wechselt von neugierig zu erschrocken. Reid blickt mich mit großen Augen, wie auch JJ und Rossi, an. Morgan kneift seine Augen misstrauisch zusammen und auch in Hotchs Blick sehe ich so etwas wie Verständnislosigkeit. All ihre Blicken haben jedoch etwas gemeinsam: Es liegt etwas Durchdringendes in ihnen, sie versuchen mich, wie so oft, zu profilen. Dieses mal kann ich allerdings nicht Stand halten, meine Maske fällt. Ich fahre mit meinem Daumen über das Tattoo an meinem Handgelenk, starre den Namen darauf an. Im Auto hatten die anderen nur auf das von meinem rechten Unterarm geachtet. Zu neugierig waren sie daran interessiert, warum ich Ghost genannt werde. So haben sie nicht bemerkt, dass auf meinem Handgelenk nicht Conner steht. Sondern Alejandro. Ich vergrabe meinen Kopf in meinen Händen. Conners Griff, der immer noch beschützerisch hinter mir steht, verstärkt sich. "Keine Sorge, es sind keine gefälschten Identitäten, die wir hier ausleben. Sobald es um etwas außerhalb der Mafia ging, waren wir Conner und Josephine. Lediglich unsere toten Eltern, die nach Camps Folterung damals aufgespürt werden konnten, waren nicht unsere leiblichen, sondern die Schwester unserer Mutter und ihr Mann. Mehr als ein zweiter Vorname ist es also nicht. Und wir haben schon lange nichts mehr mit der Mafia zu tun." Morgan gibt nur ein empörtes Schnauben von sich und ich hebe langsam meinen Kopf. Conners Hand berühre ich kurz, damit er sich wieder etwas entspannt. "Wir kennen dich, Jose. Ich vertraue dir." antwortet Reid. Unsere Augen treffen sich und er lächelt mich an. Ich lächel zurück.

Operation Mind-Fallout (Criminal Minds FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt