Etienne beendete das Klavierstück und fand sich nun sehr gut vorbereitet für das Konzert am Abend. Nur seine Gedanken, die in letzter Zeit immer wieder zu Milo abdrifteten, würden ihn jetzt noch aus dem Konzept bringen können.
Seine Eltern hatten ihn vor vier Wochen darauf aufmerksam gemacht, dass der Campingplatz in Casalborsetti, auf dem er einen Sommer verbracht hatte und von dem er so verändert wiedergekommen war, nach diesem Sommer für immer seine Tore schließen würde.
Immer öfter dachte er nun mit Wehmut an diese Zeit zurück. Aber er wollte nicht wehmütig sein, wenn er an den Sommer zurückdachte. Wollte keinen melancholischen Gedanken mit Milo in Verbindung bringen, denn er hatte es ihm zu verdanken, dass er zu dem Mann geworden ist, der er heute war.
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Nach dem Mittagessen am nächsten Tag machte sich Etienne wieder auf den Weg zur Hütte. Er hatte das ein oder andere Stück Brot und Obst beim Frühstück und Mittagessen mitgehen lassen, denn Milo wollte mit ihm zusammen ein kleines Picknick machen.
Nach einem langen innigen Kuss ließ sich Etienne auf der Decke nieder. „Wundern die anderen sich nicht, wenn du nicht zum Volleyball erscheinst?" „Ach, ich habe soviel Kurse, ich wusste selbst teilweise nicht mehr, wo ich wann hin muss", sagte Milo lachend.
„Jetzt geht es ein wenig ruhiger zu und ich glaube ich mag ruhiger...Ich habe viel über deine Worte nachgedacht. Darüber, dass ich was verberge." „Und verbirgst du etwas?" Milo nahm sich einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken.
„Ja, ich verberge was. Aber nicht vor dir. Du hast mich durchschaut und ich habe es zugelassen. Aber Etienne, was verbirgst du?" So eine Frage hatte ihn noch nie jemand gestellt. Wer sollte auch denken, dass er etwas verbarg.
Aber das Geheimnis, welches er jetzt schon so lange mit sich rumtrug, gehörte nur ihm und wäre nur bei ihm in Sicherheit. „Ich möchte nicht darüber reden." „Ha, verbirgst du also doch was, aber ich komme noch dahinter. Ich habe schließlich noch fast drei Wochen Zeit. Was machst du nach dem Camp? Gehst du auf eine besondere Schule? Ich meine, jemand so Besonderes wie du, wird doch bestimmt mal ein großer Pianist."
„Nein, keine besondere Schule und ich bin auch nichts Besonderes und werde auch kein Pianist", sagte Etienne trotzig. „Was? Warum nicht?", wollte Milo wissen, aber Etienne war schon aufgestanden.
„Komm her, ich möchte mich nur gut fühlen, wenn ich mit dir zusammen bin und das fühlt sich hier gerade nicht gut an. Komm her und mach, dass ich mich wieder gut fühle."
Milo ließ sich nicht zweimal bitten und schmiegte sich dicht an Etienne. „Ich weiß nicht, warum du dich so fühlst und warum du denkst, du wärst nichts Besonderes-" begann Milo, aber Etienne erstickte seinen Redeschwall mit einem Kuss.
„Du bist was Besonderes, hörst du?", versuchte Milo es erneut, doch Etiennes Hände, die sich unter sein T-Shirt schoben lenken ihn erneut ab. „Ich will das von vorgestern nochmal machen, geht das?" Milo nickte und drückte seine Hüfte dicht an die von Etienne.
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Die Melodie des Sommers
RomanceEin Sommer in Italien Ende der 80er Jahre. Der 18-jährige Etienne muss seine Sommerferien, gegen seinen Willen, in einem Jugendcamp an der Adria verbringen. Alles, was er sich wünscht, ist, dass die sechs Wochen schnell vorbeigehen mögen, doch dann...