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Salvatore


Fester schlug ich zu. Ich schlug immer fester gegen den Boxsack. Ich versuchte meine Atmung dabei zu kontrollieren. Ich nahm nichts weiteres wahr. Selbst den Schmerz an meinen Händen spürte ich nicht mehr. Immer und immer wieder sah ich das Bild in meinem Kopf. Das Bild von ihr. Das Bild von ihr ging mir nicht mehr aus meinem Kopf. Wie auf Dauerschleife durchlief es in meinem Kopf. Sie tot auf dem Boden. In ihrer Hand ein Messer und daneben ihre Tochter, die weinend dabei zu sah, wie ihre Mutter sich selbst umbrachte.

Schweiß lief meiner Stirn entlang. Mein ganzer Körper stand unter Hitze.

Es ist schon sechs Jahre her und doch plagten  mich diese Erinnerungen. In der letzten Zeit waren sie nicht mehr sehr in meinem Kopf eingeprägt, doch als mir gestern Santiago den Friedhof gezeigt hatte, kam sie wieder durch meine Gitter.

Ich schlug diesmal noch fester zu. Auf meinen Fäusten war Blut zu erkennen, doch das hinderte mich nicht daran, weiterzumachen. Das Schlagen beruhigte mich. Dieser Schmerz ließ mich für einen gewissen Moment vergessen.

Erst als ich hörte, wie jemand meinen Namen rief, hörte ich auf. Ich drehte mich um und erkannte Dante, der sich am Türrahmen angelehnt hatte. ,,Was?", brummte ich schroff und nahm mir ein Handtuch, um meinen Schweiß wegzuwischen. Im Moment wollte ich einfach nur meine Gedanken weg haben und für mich alleine sein.

,,Du schlägst schon seit Stunden gegen den Boxsack. Es reicht."

,,Hör auf über mich zu bestimmen, Dante."

,,Was ist los? Du verhältst du schon seit wir von der De Santos wieder zurück sind komisch und abweisend. Ich habe es dir von Anfang an gesagt, dass das keine gute Idee mit der Zusammenarbeit ist."

Ich atmete nur genervt aus, wegen seiner Wörter. ,,Du weißt selbst ganz genau, dass die Zusammenarbeit beiden etwas bringt und hör auf mich zu nerven, Dante.", brummte ich und wollte gerade unseren Trainigsraum verlassen, als Dante sich vor mich stellte und mir somit den Weg versperrte.

,,Deine Gedanken sind wieder bei ihnen, stimmt's? Deswegen schlägst auch schon seit Stunden wie ein Irrer auf diesen Boxsack."

Ich schwieg und Blickte ihn an.

,,Wie oft müssen wir es dir noch sagen? Du trägst keine Schuld. Du trägst keine Schuld an seinem Tod und du trägst auch keine Schuld an ihrem Tod. Du trägst an beider keine Schuld, verstanden?"

Trotz dessen schwieg ich und sagte nichts. Ich konnte mich damit nicht befriedigt geben. Auch wenn sie es mir oft genug gesagt hatten, ich trug keine Schuld, fühlte es sich so an.

,,Bist du fertig?"

Dante schüttelte nur den Kopf und trat zur Seite, damit ich raus laufen konnte. Ich ging mit dem Handtuch hoch, um duschen zu gehen. Als ich gerade in mein Zimmer reinlaufen wollte, hindere mich eine Kinderstimme darin.

,,Padre!"

Ich drehte mich um und sah, wie Aurora auf mich zu rannte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich ging in die Hocke. ,,Guck Mal was ich gemalt habe! Ella hat mir geholfen.", kicherte Aurora und zeigte mir dabei Stolz das Bild. Ich schmunzelte bei dem Bild und legte meine Hände um ihr Gesicht. ,,Es ist schön, principesse." Ich gab ihr einen leicht Kuss auf ihre Stirn.

,,Cara wollte mit mir in den Garten, padre. Dürfen wir?" Ich nickte. Aurora kicherte und rannte auch wieder schon die Treppen runter. Ich stand auf und begab mich in mein Zimmer.

Von Tag zu Tag merkte ich, wie ähnlich sie ihr war. Die selben großen Augen, das selbe Lächeln und das selbe große Mundwerk. Sie redete ohne Punkt und Komma, genauso wie sie es damals getan hatte.

The Lost Enemies-La mia dea della notteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt