Kapitel 20

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PoV: Sammy
*Einige Zeit zuvor*

"Hier...", ich warf Fynn sein Handy zu: "Schreib deinem Vater, deinen Freunden. Keine Ahnung. Sag ihnen, wo du bist. Ich werde dich morgen früh hier raus holen. Versprochen..."

Mit diesem Worten griff ich nach dem Schlüssel und verließ das Zimmer. Nicht ohne hinter mir die Tür wieder abzuschließen und einen überforderten Fynn zurück zu lassen. Meinen Schlüssel ließ ich in meine Jackentasche verschwinden und sprintet schon fast durch den Korridor zur Treppe.

In meinem Kopf dominierten nur noch zwei Gedanken, die seit Stunden runden in meinem Kopf drehten. Fynn und Kalle. Ich machte mir ernsthafte Sorgen um ihn. Und sie wurden mit jeder Sekunde größer.

Kalle meldete sich immer bei mir, wenn er Krank ist oder mal zu seiner Familie nach Kanada flog. Sonst verbrachte er seine Zeit für Gewöhnlich nur in diesem Gebäude mit mir und meinen Aufträgen. Er hatte keine weiteren Freunde, keine weitere Familie, Haustiere oder Hobbys. Vorausgesetzt man zählte Essen und Schlafen nicht mit.

Mit großen Schritten flog ich förmlich durchs Gebäude. Kalle's Zimmer verbarg sich im letzten Abteil ganz hinten im Eck.

Völlig außer Atem kam ich schniefend vor der kahlen Eichenholztür zum Stehen. Vorsichtig hob ich meine Faust und klopfte genau vier Mal in kleinen Abständen dagegen. Keine Reaktion.

Der Flur wurde von der hereinbrechenden Stille förmlich aufgefressen und gab mir ein ungutes Gefühl mit auf den Weg.

Ich rang mit dem Gedanken einfach in Kalle's Zimmer zu gehen. Die Möglichkeit hatte ich als Boss schliesslich und die Befugnis vermutlich auch.

Ich verbrachte sicherlich eine halbe Stunde vor seiner Tür. Mittlerweile hatte ich ihn 10 weitere Male erfolglos versucht anzurufen und hämmerte inzwischen kraftvoll gegen seine Tür.

„Kalle?!" „Kalle?!!! Mach die verdammte Tür auf oder ich trete sie ein!!!"

Das würde ich nicht tun.

Ich stiess einen wütenden Atemzug hervor, bevor ich mir meine Schlüssel nahm und die Tür mit einem kleinen Knacken öffnete, der durch den gesamten Flur schallte. Vorsichtig lugte ich durch den Spalt und schob sie letztendlich ganz auf.

In seinem Zimmer war es stockdunkel. Die Rolladen waren herunter gelassen, kein Licht brannte. Nur ein winziger Funken entsprang aus der angelehnten Badezimmertür. Ein leichtes oranges Flackern. Schwer schluckend bewegte ich mich auf Zehnspitzen in diese Richtung. "Kalle?", murmelte ich. Wieder blieb es still. "Ich komm jetzt rein, wehe du bis nackt...". Mit dieser Vorwarnung drückte ich die angelehnte Tür leicht auf.

Meine Augen wurden riesig. Ich stand vor Kalle verdattert im Türrahmen, der samt seinen Klamotten in einer halb vollen Badewanne saß. Er beachtete mich überhaupt nicht. Sein Blick war starr, wie erfroren an die kahle Wand vor ihm gerichtet. In der linken Hand hielt er eine fast leere Weinflasche, die er nun langsam zu seinem Mund führte und trank einen großen Schluck daraus.

Überwältigt stand ich noch einige Sekunden erfroren im Türrahmen, bis ich aus meiner Schockstarre erwachte. Mit großen Schritten sprang ich auf Kalle zu und entriss ihm seine Weinflasche.

Kalle trank nie...

Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass diese bis auf einen letzten Schluck komplett gelehrt worden war. Entgeistert blickte ich zu Kalle. "Spinnst du? Hast du die ganze Flasche getrunken?! Heute!? ALLEINE!?". Ich musterte ihn einige Sekunden mit einem verständnislosen stummen Blick.

Kalle blieb dabei und zeigte keine Reaktion. Er benahm sich sehr kurios. Zumindest kurioser als sonst. Sein Blick glitt fast in Zeitlupe in meine Richtung. Erst jetzt wurden mir seine emotionslosen toten Augen offenbart. Heilige Scheiße. "Was ist passiert?". Mir blieb die Luft im Halse stecken.

Security CopWo Geschichten leben. Entdecke jetzt