2| ...und ein toter Detective.

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New York City, Apartment, 18:27 Uhr

Ich bin mehr als froh, zuhause von einem waffelbackenden Mann empfangen zu werden. Der großbewachsene Mann steht in einem ungewöhnlich sexy aussehenden, beigen Anzug zur Küche gerichtet. Sodass ich durch die eng anliegenden Klamotten seinen muskulösen Rücken zu Gesicht bekomme.

Gerade als ich meine Hände um seinen Oberkörper legen will, wirbelt er zu mir herum, wobei seinen braune Lockenpracht mich im Gesicht kitzelt. „Hey Schatz.", er schenkt mir einen dieser liebevollen Blicke, die mich sofort weich machen lassen.

„Hey.", antworte ich ebenso sanft. Woraufhin er mir einen Kuss auf die Lippen drückt. Ich merke aber sofort anhand des kurzen Kusses, dass er heute nicht bereit ist, unsere Zweisamkeit zu vertiefen. Ein unzufriedenes Grummeln meinerseits und er seufzt. „Ich habe noch einen Termin".

Meine Schulter sacken ein und damit ist unser Abend gelaufen. Ein Termin bedeutet, dass er bis mindestens Mitternacht bei einem Geschäftsessen verabredet ist. Dabei habe ich mir so sehr eine Ablenkung und Therapiesitzung bei meinem Freund gewünscht.

„Ich weiß, ich weiß, Schatz. Ich versichere dir aber, dass das der letzte für diese Woche ist. Außerdem habe ich dir Waffeln gebacken. Dann kannst du dir einen schönen Abend machen.", auch wenn seine Worte eine Aufmunterung gleich kommen, bin ich trotzdem leicht enttäuscht. Jedoch versuche ich dies nicht zu zeigen und ich kommentiere es nur mit einem „Danke".

Sein erleichtertes Strahlen zeigen mir, dass ich richtig reagiert habe. „Wenn was ist ruf mich an.", er küsst mich noch einmal kurz, bevor er sich einparfümiert und in die Nacht verschwindet. Nur noch das Zischen des Waffeleisens erfüllt den Raum.

Keine 10 Minuten später sitze ich in Jogginghose, einem Teller voller Waffeln und Eis auf der Couch. Das Fernsehprogramm ist, wie immer uninteressant und ich schiele zu dem Aktenkarton, den ich eben neben dem Wohnzimmer abgelegt habe. Ich zögere kurz, richte mich dann aber auf und lege all meine Hinweise verteilt auf den Boden.

Aber auch nach mehrmaligen Studieren komme ich zu keinem weiteren Fortschritt. Ich nehme noch einmal das Portrait der Leiche in die Hand. „Naja, trauriges Ende hattest du schon.". Stille. Sollte aber auch eigentlich klar sein, dass mir keiner antwortet. „Schade, du hattest echt niemanden. Hast du dir denn keine Partnerschaft gewünscht?", frage ich ihn leise.

Ich weiß nicht woher meine plötzliche Stimmung kommt, aber mit meinen nächsten Worten hätte ich mir am liebsten selbst gegen den Kopf geschlagen. „Weißt du als ich Clyde kennengelernt habe, musste ich schon lachen. Alleine schon sein Name. Clyde", ich lache als ich daran denke, wie ich diesen Mann auf meinem Datingprofil nach rechts wischte.

Ein Match fand damals keine Sekunde später statt und so hatten sich wiederholt ein zweites Mal Bonnie und Clyde gefunden. Nur, dass wir kein Verbrecherpaar sind. „Anfänglich war die Distanz schon schwierig, aber dann habe ich hier ein Angebot bekommen. Diese Chance habe ich sofort ergriffen und siehe da: Ich konnte zu Clyde in ein schnuckeliges Apartment ziehen.", erzähle ich munter drauf los.

Keine Sekunde später fällt mir auf, wie respektlos ich eigentlich bin. Ich kannte diesen Mann gar nicht und dann erzähle ich ihm auch noch Dinge, die er als vereinsamte Seele bestimmt ganz und gar nicht hören will. „Tut mir echt leid. War nicht so gemeint. Bin einfach nur so verliebt", entschuldige ich mich.

Die eigentliche Stille wird aber durch ein stumpfes „Hör auf damit!", unterbrochen und mir rutscht nur ein „Bitte?" Heraus. Bilde ich mir jetzt schon ein, dass Tote mit mir sprechen? Vielleicht beschäftigt der Fall mich etwas zu sehr und ich soll lieber für heute aufhören.

„Du hast mich richtig verstanden. Rede nicht mit ihm, sondern finde den Mörder!", erneut ertönt diese männliche Stimme. „Hallo. Wer ist denn da? Sie wissen schon, dass es sehr unhöflich ist Gespräche zu belauschen. Wenn Sie so schlau sind, können Sie mir gerne helfen.", meine anfängliche Wut, wandelt sich in Sarkasmus um.

„Ich helfe dir gerne". In mir baut sich zum wiederholten Male am diesem Tag, eine unglaubliche Wut an. „Sie kommen jetzt sofort raus. Hier spricht eine Polizistin. Mir Widerstand zu leisten, könnte fatale Folgen haben!", ich richte mich auf und gehe in eine Kampsstellung.

Lautes Gelächter ertönt. „Ich bin doch gar nicht da, schau doch mal lieber in der Kiste nach.", auch wenn ich eigentlich keinen fremden Aufforderungen folge leiste, so nähere ich mich langsam der Kiste. „Sind Sie jetzt ein Geist in einer Kiste oder was?", versuche ich ironisch meine Nervosität zu überspielen.

„So in etwa", nach dieser Antwort reicht es mir komplett und ich blicke gebannt in den Karton. Dort liegt aber nur ein altes Walkie Talkie. „Hört sofort auf mit den Spielchen.", zisch ich zynisch. Da erlauben sich Rogers und Grave einen dummen Scherz. Ich nehme das Ding in die Hand und bin kurz davor es auf den Boden zu schmeißen und diesen zu zertreten, werde jedoch beim Ausholen unterbrochen.

„Das ist kein Spiel. Ich bin weder einer von deinen Kollegen, noch sonst wer.", die Stimme scheint eindeutig aus dem Walkie Talkie zu kommen und mittlerweile bin ich mir unsicher, ob das wirklich einer meiner Kollegen sein sollte. Ich kann mich nicht daran erinnern, diesen Mann schon eimal gehört zu haben.

„Wer bist du?", frage ich also um einiges ruhiger. „Bond, James Bond.", versucht die Stimme mich zu überzeugen. Toll, ich bin doch in eines der Spiele meiner Kollegen geraten. Diese können morgen aber was erleben. „Nein nein, war ein Scherz. Wobei ich schon immer so cool sein wollte wie er.", ich zögere, als die Stimme weiter spricht.

„Nenn mich Wayne.", kommt er dann schlussendlich mit der Sprache heraus. „Wayne was?", fragte ich nach. Es lässt sich bestimmt die ein oder anderer nützliche Informationen über diese Peron finden. „Einfach nur Wayne.", seine Antwort ist so schneidend scharf, dass ich es erstmal dabei belasse und nicht weiter nachforsche. Aber auch nur fürs Erste.

„Ich weiß, dass du noch Fragen hast. Na los!", fordert er mich auf und ich setze direkt an ihn mit Fragen zu bombardieren. „Warum wollen Sie mir unbedingt helfen, Wayne?", ich lasse mich wieder auf dem Sofa nieder, behalte aber die Hinweise im Auge. „Ich bitte dich Bonnie. Ich habe dir schon meinen Vornamen verraten, dann kannst du mich auch Duzen. Ich bin ja kein alter Bock."

Ein leichtes Schmunzeln ziert meine Lippen. Dieser Mann trifft auf seltsame Art und Weise meinen Humor. „Na gut, ich werde dich jetzt duzen, Wayne!", das Wayne betone ich extra laut. Er räuspert sich kurz und auch wenn ich ihn nicht sehe, stelle ich mir vor, dass er sich ein Lachen unterdrücken muss.

Auch ich muss mich immer mehr zusammenreißen. „Kannst du meine eigentliche Frage beantworten?", ich brauche immer noch mehr. Es kann sein, dass dieser ein Zeuge oder ein unerwarteter Freund des Verstorbenen war und er will Inkognito bleiben.

„Ich will einen Fall lösen.". „Bist du denn auch ein Detektive oder wieso?", meine Neugierde wächst. „Ja", Waynes Antwort ist so überzeugend, dass ich ihm Glauben schenke. „Und was hat der Fall mit meinem zu tuen? Weißt du etwas?", sprudelt es nur gerade so aus mir heraus.

„Ja!", diese kurz gebundene Bestätigung, befriedigt jedoch nicht meine andern offenen Verwirrungen. „Hör zu, Bonnie: Dein Fall und mein Fall sind miteinander verbunden. Und damit auch wir beide Haben wir uns verstanden?", ich quetsche nur ein „Ja" heraus. Auch wenn Wayne mir anfänglich eine lustige Seite zeigte, so hat er auch etwas strenges und aufforderndes an sich.

„Wir lösen diesen Fall zusammen. Deiner wird nicht ungelöst sein, genauso wie meiner!", es ist eher eine eigene Aufmunterung, als eine Anforderung an mich. „Du musst aber auch ehrlich zu mir sein.", fordere ich. Stille. „Wie heißt dein Fall, wo bist du und warum redest du durch ein Walkie-Talkie mit mir? Ich will Antworten.", ich weiß nicht woher dieser Mut kommt, aber ich will einfach Antworten.

„Meine Akte wirst du nicht einseh-", ich unterbreche ihn: „Warum nicht! Dann gib mir die Akte persönlich!", aufgeregt schlage ich mit meiner Faust auf den Tisch. „Die Akte über den Mord und über mich ist verbrannt. Du wirst nichts finden.", eine beruhigende Aura geht aus dem Walkie-Talkie heraus, wodurch ich nur noch aufgeregter werde.

„W-Was soll das heißen?", ich stottere selten, aber meine Nervosität ist unglaublich. „Bonnie. Ich rede über das Walkie-Talkie, weil ich tot bin. Seit 20 Jahren."

Whispers from the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt