New York City, Apartment, 18:04 Uhr
„Wayne, wir müssen Reden!", auch wenn ich von dem heutigen Tag sehr erschöpf bin, sammele ich meine letzte Kraft, um ein ernsthaftes Gespräch zu führen. Heute ist wohl einer diese Tage, bei denen ich froh bin, dass mein Partner, wieder einmal, bei einem Geschäftsessen, eingeladen ist. Meine alleinige Zeit kann ich nun komplett Wayne richten.
Während ich das leichte Rauschen des Walkie-Talkies vernehme, lasse ich mich auf das Sofa nieder und stopfe mir das Sushi von gestern in meinen Mund. Auch wenn es nicht mehr so frisch schmeckt, verschwende ich dieses leckere Essen auf keinen Fall. Außerdem dient es als passende Nervennahrung.
„Ich wollte dir eben genau das Gleiche sagen.", antwortet Wayne ruhig. Alleine seine Stimme löst bei mir immer eine Art und Weise aus, die ich nicht beschreiben kann. Mittlerweile habe ich sogar das Gefühl, ich kenne ihn schon lange. Das kann aber unmöglich sein und ich schüttele diesen Gedanken schnell ab. „Wieso, was wolltest du denn besprechen?".
„Ich finde, wir sollten uns mal darum kümmern, alle Hinweise miteinander zu verbinden. Am besten schaffst du dir ein Board an!", überrascht von seinem Vorschlag, fällt mir beinahe das Sushi aus meinen Stäbchen. „Manchmal, da denke ich echt, dass du meine Gedanken lesen kannst."
„Vielleicht bin ich ja auch eine Vorstellung von dir.", bei seiner Aussage muss ich lauthals anfangen zu lachen. „Witzig, Wayne. Mach es nicht noch schlimmer", schnaufend verzehre ich ein letzte lachsgefüllte Sushirolle. Ein unfassbarer Genuss. „Jetzt aber ernsthaft. Ich habe leider kein Board, nur im Revier, aber wir können schon einmal alles vorbereiten", ich stapel die dreckigen Teller zur Seite und greife nach der Aktenkiste.
Im Büro habe ich zuvor noch von allen Bilder gemacht und sie auch direkt drucken lassen. „Besser als nichts...", kommentiert Wayne es nur trocken. Ich gehe nicht weiter auf ihn ein, sondern nehme mir den ersten Hinweis. „Hier, ich habe deinen Namen in einer wunderschönen Schrift drucken lassen.", stolz präsentiere ich seinen, in einer schönen weißen Schrift, auf schwarzen Hintergrund, entwickelten Namen.
Sein ironisches: „Super", ignoriere ich weiterhin und schreibe auf einen Zettel: seit 20 Jahren tot, 03. Januar 2003 (wahrscheinliches Todesdatum). Des Weiteren ist die Akte des Kollegen verbrannt worden, in der Ermittlungen von Waynes Mord stehen. Verdächtig hierbei ist aber auch, dass auch diese Person ausgelöscht ist. „Wir gehen bei dem Gedächtnisverlust deines Freundes aber nicht von einem Unfall aus oder?", frage ich zögernd nach, bevor ich auch diese Information aufschreibe.
„Bonnie, du musst das alles logisch zusammenführen!", ich finde aber keine passende Antwort, nur das Stöhnen von Wayne, unterbricht die kurze Stille. „Natürlich nicht! Du darfst dich nicht immer von deiner Unsicherheit einnehmen lassen. All das ist komplette Absicht gewesen. Dieser Fakt, muss auch aufgeschrieben werden. Hinterher, kann dieser immer noch wegfallen. Das müsstest du aber wohl am besten wissen, schließlich hast du einen anderen Detective für eine nicht bestätigte Tat verdächtigt...", ich verkrampfe mich leicht bei seinen Worten.
„Ja", das Knabbern an meinen Fingernägeln symbolisiert meine starke Beschämung. Ich schlage mir kurz auf den Kopf. „Ist gut, versuch mit mehr Selbstbewusstsein zu arbeiten!", ich bin mir nicht sicher, ob seine Wort eine Aufmunterung gleich kommen, ich versuche jedoch mir seine Kritik zu Herzen zu nehmen.
„Also, als nächstes haben wir Miles Gold als Opfer.", ein Bild des Profiles lege ich auf den Teppich nieder zu den anderen Beweisen. „Notiere dir alles, was du über ihn weißt!", Wayne betont die Wörter so stark, dass ich beginne jedes Detail niederzuschreiben. „Wir wissen, dass Miles Gold Frisör war. Seine Einnahmen sind aber durch 5.000 Dollar mit seinem früheren Job nicht abzudecken. Irgendwie muss er Bareinnahmen bekommen haben", ich versuche alles in kurzen Stichworten zusammenzufassen und bin zufrieden mit dem Ergebnis.
„Außerdem haben wir in seinem Apartment zwei wichtige Hinweise bekommen, die ich gleich morgen im Labor untersuchen werde. Ein Fingerabdruck und ein Haar, welches auf jeden Fall nicht seines ist", die beiden Bilder der Texturen lege ich in die Nähe des Toten.
„Dann kommen wir zum Ein-", unterbricht Wayne meine Worte mit einem lauten „Nein!". Ich stutze bei seinem Zwischenruf. „Wieso, was habe ich denn vergessen?", ich bin kurzzeitig panisch. Immer wieder mache ich Fehler über Fehler. „Bonnie...Fehler sind menschlich. Dafür bin ich doch da. Ich helfe dir. Reiß dich zusammen!", zum wiederholten Mal während dieses Gespräches muss ich Wayne zustimmen.
„Jedes Detail zählt! Was haben wir in der Wohnung noch alles gefunden?", Wayne bringt meine Überlegung so weit, dass ich mit dem Kopf schütteln muss. „Du meinst jetzt aber nicht, das Bild vor dem Safe?", ich krame bei seinen Worten mein Handy heraus und in der Galeria öffne ich die besagte Darstellung. „Dring, dring, dring. Hundert Punkte für dich", ich kann mir ein sanftes Lächeln nicht verkneifen.
Das Symbol ist das einzige, wovon ich keinen Druck getätigt habe. „Ich verstehe aber nicht, warum das von Wichtigkeit ist?", fragwürdig drehe ich mein Handy in allen Richtungen, aber ich kann immer noch nicht genau bestimmen, woher ich es kenne. „Du kennst es doch irgendwo her. Dementsprechend gibt es eine Verbindung, welche wir aber nicht genau bestimmen können", wie als kann Wayne meine Gedanken lesen, spricht er diese aus.
Fragwürdig drehe ich mein Handy in alle Richtungen, um vielleicht eine andere Perspektive erhaschen zu können. Leider muss ich mich aber mit einer Enttäuschung zufrieden geben. „Okay, es wird notiert", meinen Worten nachahmend skizziere ich die neuen Ergebnisse. „Machen wir weiter? Oder fehlt noch etwas?", das stumpfe Rauschen des Walkie-Talkies nehme ich als eine Bestätigung wahr.
„Der Einbruch in den Friseursalon und der Diebstahl von den Haarsprayflaschen kann kein Zufall gewesen sein. Schließlich ist er der Designer der Verpackung", Wayne kommentiert dies alles nur mit einem „mhm" und zufrieden kann ich auch diesen Fakt zu meinen vorherigen Belegen sortieren. „Das wäre es", zugeben das Gesamtbild sorgt für Verwirrungen. Wenigstens habe ich alles organisiert.
„Tolle Arbeit, Bonnie!", ich summe bei dem Lob leise vor mich hin. Ein wiederholtes Mal mache ich ein Foto. Auch wenn ich auf der Arbeit ein Board benutzen kann, so ist mein Misstrauen immer noch zu groß. Meine Kollegen hätten meine Ergebnisse allesamt auf dem Präsentierteller. Andererseits kann ich sie auch nicht weiterhin auf den Teppich liegen lassen. Auch wenn ich Clyde zu einhundert Prozent vertraue, so ist dies immer noch eine Polizeiermittlung.
Nachdem ich also alles in dem Safe sicher verstaut habe, plane ich noch ein bisschen mit Wayne zu reden. „Wayne ich habe mich schon immer gefragt, warum du manchmal so kurz angebunden bist?", diese Frage liegt mir schon lange auf der Zunge. Die Möglichkeit hat sich nie ergeben, dass er sich mir öffnet. „Weißt du das etwa nich-", die Worte Waynes werden von einem „Was machst du da?", unterbrochen und erschrocken lasse ich das Walkie-Talkie fallen.
„C-Clyde?", stottere ich nervös, als ich die große Gestalt neben mir erkenne. Clyde bückt sich, ganz der Gentleman nach dem Walkie-Talkie, welches ich ihm aber nur rapide aus der Hand reiße. „Wollte dir nur helfen", achselzuckend dreht er sich von mir weg und mit einer schnellen Bewegung springe ich auf. „Hast du das gerade gehört?", ich starre nervös in seine Augen, welche mich nur verwirrt anblicken. „Was meinst du? Hast du mit jemanden geredet oder was hat du gemacht?", empört über seine Aussage kneife ich meine Augen zusammen.
Meint er das gerade ernst? Er muss Wayne gehört haben. „Ich habe nur mit mir selbst geredet", erkläre ich ihm schnell. Damit scheint für ihn die Angelegenheit vorbei zu sein. „Warum bist du überhaupt so früh da?", ganz unberechtigt ist die Frage nicht. Die Uhr zeigt kurz nach 19 Uhr an und eigentlich muss er nicht längst bei einem Geschäftsmeeting sein.
„Mein Vater hat mich heute früher nach Hause geschickt", das ist ungewöhnlich, denn sein Vater ist meistens derjenige, der ihn länger bei sich behält. „Er hat mich dazu gedrängt dir eine Bootschaft zu übermitteln. Du bist eingeladen, ihn morgen kennenzulernen", ich verschlucke mich bei dieser Aussage und fange an zu Husten. Sein Vater wollte mich die ganze Zeit nie kennenlernen. Warum denn jetzt?
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Whispers from the past
Mystery / ThrillerA B G E S C H L O S S E N ☽ ONC 2023 - Beitrag ☾ In den pulsierenden Straßen von New York City lebt die junge Polizistin Bonnie ihren Traum als Detective. Doch ihr erster Fall stellt sie vor eine unerwartete und furchterregende Herausforderung: Eine...