21| Ertappt...

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New York City, Apartment, 14:40 Uhr

„Entsichere deine Waffe lieber. Wer weiß", fordere ich Sam auf. Auch wenn er mich nur verstört anblickt, mache ich das, was ich will. „Es handelt sich hierbei um einen Psychopathen!", flüstere ich Sam zu. Er seufzt und entsichert seine Waffe. Wir beide richten die Waffen nach oben und zielen nach vorne.

„Sicher, dass er bei dir zuhause ist?", fragt er. Ich nicke aber nur stumpf. „Ganz sicher", flüstere ich vor mich her. In einer geduckten Haltung nähere ich mich dem Fenster an, welches die Küche präsentiert. Wir schielen gemeinsam in die Küche in der sich doch tatsächlich Clyde und Graves unterhalten. Sie gestikulieren lautstark und ihre Lippen bewegen sich hektisch auf und ab. Auch wenn ich keine Worte verstehen kann und auch keine Meisterin des Lippenlesens bin, nehme ich an, dass sie sich anschreien.

„Wir gehen rein!", deute ich Sam an. Ich tapse auf die Eingangstüre zu und winke Sam zu mir. „Was ist der Plan?", flüstert er mir zu. „Wir stürmen zur Türe hinein, stellen Graves zur Rede und dann nehmen wir ihn mit!", Sams Blick zeigt mir, dass er nicht sonderlich zufrieden mit meiner Idee ist. „Vielleicht nicht das beste Konzept. Aber was soll denn schon passieren? Wir sind zu zweit. Verstärkung können wir immer noch rufen", erkläre ich Sam, welcher zögerlich nickt.

Ich atme tief aus und im nächsten Moment stoße ich die Türe lautstark aus. Ohne mich umzudrehen steuere ich zur Küche. „Sofort die Hände hoch, Graves!", fordere ich ihn auf. Geschockt leistet er mir Folge. „Bonnie, ich weiß du bist wütend, aber lass die Waffe herunter. Du kannst ihn nicht verhaften wegen einer Affäre!", mischt sich Clyde ein.

„Wir sind nicht hier wegen dieser Angelegenheit", auch wenn es mir schwer fällt dies nicht in meine aufbrausende Wut mit einzubeziehen, kann ich es nicht verhindern die Worte verachtend auszusprechen. „Du hast dich sowieso immer schon viel zu sehr von deinen Emotionen leiten lassen. War schrecklich mit dir", Clydes Aussage verletzt mich ein Stück weit. Ich versuche es aber zu überspielen. „Fangen wir jetzt an Fehler bei dem anderen zu suchen? Dann hätte ich einen ganzen Aufsatz parat", säusele ich ironisch. Clydes Hand ballt sich zu einer Faust zusammen. „Halt dich daraus, Clyde Coleman", danach senkt er schweigend den Blick.

„Jetzt zu dir, Graves!", ich schenke ihm wieder meine ganze Aufmerksamkeit. „Ich weiß genau, was du alles gemacht hast!", beschuldige ich ihn, woraufhin er nur lustlos mit den Achseln zuckt. „Zuerst legst du deine Waffen auf den Boden und schiebst sie zu mir herüber", befehle ich ihm. Er beginnt nur an zu lachen. „Das lasse ich mir nicht bieten. Hast du denn eine richterliche Anweisung oder sonstiges?", ich schüttele mit dem Kopf. „Nein, aber eine Waffe und jetzt lass verdammt noch mal deine Waffen fallen", zum Ende hin werde ich lauter. „Ich werde dich anzeigen. Für eine Beschuldigung eine Affäre. Das wirst du mir büssen", faucht Angesprochener, folgt dann aber halbherzig meiner Aufforderung.

Nachdem ich seine Waffen einkassiert habe, komme ich auf meinen eigentlichen Punkt zurück.„Du bist der Mörder von Miles Gold und der berüchtigte Drogendealer, der vor Jahren Detektive Wayne zur Strecke gebracht hat!", bei meiner Anschuldigung wird er aschfahl im Gesicht. „Das stimmt nicht!", verteidigt er sich. „Wir nehmen dich jetzt mit aufs Revier. Da kannst du einen Anwalt anrufen", mit einer Hand greife ich an meine Seitentasche, um die Handschellen herauszuholen.

„Stop, stop!", ruft er und ich halte kurz inne. „Das sind drastische Anschuldigungen. Das weißt du!", Graves Verteidigung endete bei mir in einer Sackgasse. „Was redest du? Ich lasse mich ganz sicher nicht festnehmen!", er schreitet einige Schritte zurück. „Muss ich dir das jetzt noch buchstabieren, was du verbrochen hast?". Er schweigt nur.

„Dann fange ich ganz von vorne an", beginne ich an zu erklären. „Du bist der Drogendealer von der Firma ↄc, die hier schon vor 20 Jahren sein Unwesen getrieben hat", er blickt mich nur stur an. „Wayne war dir ganz dicht auf den Fersen. Dann hast du ihn hinterrücks umgebracht. Den kompletten Mord vertuscht und Leute, die weiter forschen wollten, ausgeschaltet. Leider hast du nicht mir mir gerechnet", ich lache bitter auf. „Dann hast du Miles Gold umgebracht. Warum musste er sterben? Was wollte er? Mehr Geld?", frage ich ihn.

Graves beginnt am ganzen Körper zu zittern. Ertappt. „Das können wir im Revier klären. Jedenfalls hast du uns die Akte überlassen, weil du dachtest wir bekommen das nicht hin. Du hast gedacht, ein fauler Detective und eine neue, unsichere Detective stecken schon ihre Nase nicht wo tief in deine Angelegenheiten. Falsch gedacht", ich gluckse.

„Leider hat Miles aber einen genauso schlimmen Fehler gemacht. Seine Flaschen waren, warum auch immer im Friseursalon. Du hast zwei Jungs bezahlt dort einzubrechen und die Flaschen mit Cannabis zu klauen. Leichtes Spiel. Trotzdem versagt!", immer mehr scheint Graves einzuknicken. „Miles ist der Dümmste von allen. Er konnte froh sein, dass er überhaupt Geld bekommen hat. Immer mehr wollte der Gierhals. Als er dann nicht mehr bekommen hat, ist er völlig durchgedreht. Wollte alles petzen. Dann musste ich ihn umbringen", platzt es aus Graves heraus.

„Aha!", kreische ich schon fast verzückt. „Hör auf!", geht Clyde dazwischen. „Es ist sowieso zu spät!", unterbricht Graves ihn. „Ich gestehe alles. Aber Miles war ein Idiot. Er hat die blöden Flaschen vertauscht", ich spähe kurz zu Clyde herüber, bei dem sich ebenfalls ein Haufen Wut anbaut. Tja, ist schon schlimm, den Liebhaber zu verlieren und Lügen aufzudecken. Sehr verletzend. Siegessicher blicke ich ihn an.

„Aber eine Sache verstehe ich nicht. Was hattest du bei Miles zu suchen? Die Flaschen? Zeig mal deine Hand her!", ich gehe auf ihn zu und verlange seine beiden Daumen. Doch erkenne ich keine weitere Wunde und ein Blick auf seine gefärbten schwarzen Haare zeigen mir, dass kein Ansatz eines weißen Haares zu sehen ist. Graves schweigt.

Auf einmal vernehme ich das lautstarke, raue Lachen hinter mir. Erschrocken drehe ich mich um und renne einige Schritte nach vorne. In dem Flur auf der anderen Seite steht in einer versteckten Ecke Christian Coleman. In seiner Gewalt hält er Sam fest umschlungen. Eine Hand presst er ihm auf den Mund und mit einer Waffe zielt er auf seinen Kopf. „Sam", ich bin den Tränen nahe.

Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe einer der wichtigsten Regeln in der Polizei vergessen. Nicht nur habe ich missachtet den Raum ordentlich abzusichern, ich habe meinen Partner ignoriert. Er steckt in großer Gefahr. Ich hätte es bemerken müssen, schließlich hat er die ganze Zeit über keinen Mucks von sich gegeben.

„Wirklich gute Polizeiarbeit. Aber leider falsch gedacht. Als ob Graves der Kopf der Drogendealer ist", er lacht immer noch vor sich hin. „Ich bin es!", er schüttelt seinen Arm und sein Ärmel seines Jacketts rutscht nach oben. Er präsentiert mir das Tattoo eines Kreuzes übergehend in ein Messer. Das ist genau das gleiche Motiv, welches Miles in seiner Wohnung auf dem Bild hat. „Jetzt haben wir genug gespielt", er wechselt zu einer ernsten Stimmung.

Ich muss Zeit schinden und mir einen Plan überlegen. „Du warst das mit dem Einbruch, nicht?", frage ich ihn. „Natürlich, Graves war ja mit meinem Sohn beschäftigt, da musste ich selber Hand anlegen", erklärt er. „Clyde wusste das alles oder? Er wird der Nachfolger!", ich spanne mich mehr an.

Wie soll ich uns hier nur raus bekommen? Gerade sind wir quasi am Ende. Zwar hat Graves keine Waffe, aber im Nahkampf müsste er gut sein. Clyde kann ich nicht einschätzen und Christian scheint vor nichts zurückzuschrecken. Ich muss ihn erschiessen. „Denk nicht dran", droht er mir und quetscht die Waffe enger auf Sams Stirn, welcher nur gequält das Gesicht verzeiht. Keine Chance.

„Genug Kaffeekränzchen gehalten. Ist doch klar, dass Clyde mein Geschäft übernimmt. Das wird euer Ende sein. Ihr habt zu viel herumgeschnüffelt", damit zieht Christian die Waffe von Sams Kopf weg und zielt auf einen selbstsicheren Graves. Binnen in Sekunden sehe ich wie er den Abzug drückt und eine Kugel aus seiner Pistole den Weg zu Graves findet. Es trifft ihn genau am Herzen und er fällt schlapp zu Boden.

Ich nehme den gedämpften Schei von Clyde wahr, der sich sofort neben Graves niederlässt. Wie in Zeitlupe schwenkt mein Kopf zu Sam, wessen Mund sich bewegt. „Lauf!", aber ich kann nicht rennen. Auch wenn ich weiß, dass ich der Situation entkommen kann, Sam darf nicht sterben. Ein weiteres Mal drückt Christian ab und ein lauter Knall ertönt.

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