12| ...die alles verändert.

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New York City, Apartment, 03:23 Uhr

Mein emotionaler Zusammenbruch vor einigen Stunden, nagt immer noch an meinem Gewissen. Meine Emotionen lassen sich gleichstellen mit einer wilden Achterbahnfahrt, die von Höhen und Tiefen geprägt ist. Mittlerweile habe ich mich aber soweit beruhigt, dass ich das Chaos beseitigen konnte.

An Schlaf jedoch ist jedoch nicht zu denken. Zwar liege ich in dem Bett und auch wenn meine Augen sich wie Blei anfühlen, so kann ich diese nicht schließen. Außerdem bin ich mir unsicher, ob Clyde vielleicht nicht doch noch auftaucht. Schließlich hat er von meinem Ausbruch nichts mitbekommen.

Ein kurzer Blick auf meinen Wecker lässt mich unschlüssig werden. Bald ist es schon halb vier und noch immer ist er unterwegs. Augenblicklich überfallen mich die Gedanken an seinen Lover. Wütend kneife ich meine Hand zusammen, bei dem Gedanken, dass er sich hinterrücks mit einer Affäre begnügt. Dafür wird er büßen.

Ich habe immer gedacht er sei der Einzige, der mich versteht. Komplett versteht. Für mich ist, nein war er meine wahre Liebe. Als meine Mum bis vor einem Jahr im Sterben lag, ist er oft an den Wochenenden zu mir nach Brooklyn gereist und hat mir dort emotionalen Beistand gegeben. Auch wenn er mal nicht da war, haben wir in den Nächten stundenlang telefoniert.

Seit langem hat er mir das Gefühl von Liebe und Vertrauen geschenkt. Dennoch hat er mir alles vorgespielt und ich bin zu naiv gewesen, diese Seite von ihm nicht zu sehen. Sicherlich ist es seine Masche gewesen, um das Geschäft seines Vater erben zu können. Anders kann ich mir das alles nicht erklären.

Trotzdem spukt schon seit Stunden, genauso wie jetzt, die Frage, warum ausgerechnet ich ihm zum Opfer fallen musste. Bestimmt war ich das erste Tinder-Match, welches sich auf ihn eingelassen hat. Er hat die Möglichkeit beim Schopf genommen. Ich versuche die Gedanken beiseite zu drängen und mich an die Worte von Wayne zu erinnern.

Selbstbewusst. Quasi ein Fremdwort für mich. Auch wenn ich den Job als Polizistin eingegangen bin, zweifele ich auch bei dieser Berufswahl. Im Fall bin ich, um es genau zu nehmen, kein Stück weiter gekommen. Vielleicht war es eher der Drang meiner Familie aus gewesen. Detective ist nicht meins, als Polizistin habe ich mich viel besser geschlagen. Ganz sicher liegt das auch nicht an meinen faulen Kollegen.

Ich seufze laut auf und möchte am liebsten meinen Tränen freien Lauf lassen. Doch auf einmal vernehme ich das Klacken der Türe und ich reiße mich zusammen. Wenn ich vor einer Person keine Schwäche zeige, dann ist es vor Clyde. Die Tränen wegwischend, lege ich mich auf die Seite und schließe meine Augen. Auf ein weiteres Gespräch kann ich heute gut verzichten.

Ich lausche gespannt den Bewegungen von Clyde und als er nach ein paar Minuten, die sich wie Stunden anfühlen, das Schlafzimmer betritt, schlägt mein Herz mir bis zum Hals. Der Versuch meine aufgeregten Herzsprünge zu überdecken, hat Erfolg. Er scheint sich in aller Seelenruhe umzuziehen und bettfertig zu machen.

Die Matratze senkt sich leicht und ich weiß sofort, dass er zu mir ins Bett kommt. Ich halte die Luft ein, in dem Moment als er sich zu mir dreht. „Gute Nacht, mein Schatz", bei seinen Worten, reiße ich die Augen auf. Wie konnte er mich in der Situation noch so liebevoll ansprechen. Am liebsten hätte ich mich zu ihm umgedreht und eine geknallt, aber ich halte mich zurück.

Ich rede mir ein, dass ich erst einmal warten muss. Er soll von meiner Rache erst später etwas erfahren. Tief im inneren meines klopfenden Herzen aber weiß ich genau die Wahrheit. Auch wenn ich weiß, dass er mich anlügt, so ist er trotzdem liebevoll zu mir. Ich brauche seine Nähe und seine Liebe. Auch wenn sie vorgespielt ist. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, ist das alles nur ein großes Missverständnis. Mit den Worten, die mich beruhigen, schlafe ich dann endlich ein.


New York City, Apartment, 6:58 Uhr

„Bonnie Schatz. Aufstehen!", das sanfte Rütteln an meiner Schulter, lässt mich aus meinem tiefen Schlaf hochschrecken. Keinen Moment später, starre ich in die blauen Augen von Clyde, die mich strahlend anblicken. „Du hast jetzt deinen Wecker schon zum dritten Mal überhört, da dachte ich, dass ich dich wecke", ich schrecke auf, als ich sehe, dass es fast 7 Uhr ist. Normalerweise bin ich zu dieser Zeit schon längst auf den Weg ins Police Department.

Mein Schlaf ist einfach viel zu kurz gewesen. Normalerweise würde ich in solchen Momenten, hektisch aufspringen und mich so schnell es geht anziehen, aber meine Lust ist heute an einem Tiefpunkt. Ich überlege ernsthaft mich sogar krank zu melden. Hat doch so oder so keinen Sinn bei meiner Arbeit aufzutauchen. Der Fall ist aussichtslos.

„Ich bin krank", maule ich leise und lasse mich zurück in das weiche Kissen fallen. „Hmm", murmelt Clyde und legt Hand an meine Stirn an. „Fieber hast du nicht", stellt er dabei fest. „Ich bin erschöpft", erkläre ich ihm und drehe mich von ihm weg. „Okay?", seine Antwort klingt mehr wie eine Frage. „Soll ich dir etwas besorgen?", endlich lässt er von mir ab. „Ne ist schon gut. Danke", meine Worte sind so leise, dass selbst ich gleich befürchte einzuschlafen.

„Komisch. Dafür koche ich heute Abend für dich, ja?", ich grummele nur. „Liebe dich", er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und verschwindet gleich nach draußen auf die New Yorker Straßen. Dieses Mal aber kann ich keinen weiteren Gedanken mehr an Clydes liebevolle Seite widmen, ich schließe die Augen. Gleich kann ich richtig schön ausschlafen.

Wütend richte ich mich auf, sobald das Klingeln meines Handys ertönt. Ich angele wild nach meinen Handy, wobei ich es mehrmals verfehle. „Was soll das Clyde?", fauche ich in den Hörer. Er hat doch meinen Zustand eben erlebt und soll mich ja in Ruhe lassen. „Hier ist Sam, nicht Clyde", sagt die Stimme an anderem Ende trocken. „Ah, du rufst sogar zur richtigen Zeit an. Hiermit melde ich mich für heute krank. Tschau", ich will den Hörer auflegen, aber das laute „Ich glaube nicht", von Sam, hält mich im letzen Moment davon ab.

„Ich. Bin. Krank!", betone ich wütend jedes Wort einzelnd. „Wenn ich dir jetzt erzähle, was ich herausgefunden habe, glaube ich das nicht", murmelt Sam. „Wieso? Etwa schon wieder ein Einbruch, bei dem Jugendliche, Haarspray gestohlen haben?", spotte ich. Dafür bewege ich mich sicherlich nicht aus diesem Bett.

„Ne aber fast", die seichte Antwort Sams, bringt mich dazu meine Augen zu verdrehen. „Jetzt spuck schon aus und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen!", fordere ich ihn auf. Langsam geht mir diese Geheimnistuerei ganz schön auf die Nerven. „Ich bin eingebrochen und habe Haarspraydosen geklaut", verkündet er mir stolz. „Hast du Lack gesoffen oder was?", schreie ich in den Hörer.

Was für eine Schlagzeile. Ein Polizist bricht in den Friseursalon ein, um sich stylen zu können. „Du weißt schon, dass du sofort vom Dienst suspendiert wirst?", mittlerweile hat er ganz meine Aufmerksamkeit. „Ich erzähle dir alles genauer, wenn du im Büro bist", nach den Worten legt er auf. Ich stöhne laut auf. Wie bescheurt muss man denn sein? Ergeben richte ich mich aus dem schönen, warmen und allseits kuscheligen Bett auf. Toll, ich wollte doch heute krank sein. Aber nein, jetzt muss ich wahrscheinlich meinen Kollegen, den ich nicht einmal mag, aus der Patsche helfen.

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