13| Einbrecher Sam...

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New York City, Police Department, 8:01 Uhr

Müde schleppe ich meinen geschundenen Körper durch die Gänge des Police Departments. Immer wieder muss ich den starrenden Blicken einiger Kollegen ausgesetzt sein. Dieses Mal aber wegen meines Erscheinungsbildes. Auch wenn ich eigentlich eine Person bin, die nicht so viel Wert auf das Aussehen legt, so habe ich in der Vergangenheit oftmals versucht einen ordentlichen Erscheinungsbild an den Tag zu legen.

Mit heute ist dies allerdings nicht zu vergleichen. Gerade so konnte ich mich in eine Jogginghose quetschen und die Kombination mit meiner Lederjacke lässt zu Wünschen übrig. Dafür bin ich aber im Rekord hierhergefahren und es kann nicht erwartet werden, dass ich mich modebewusst kleide. Ich betrete das Büro, knalle meine Tasche auf den Boden und mich gleich direkt hinterher auf den Stuhl.

„Wow, deine Augenringe sprechen schon für sich", gackert Sam mich von der Seite an. Von mir kassiert er nur ein warnendes Augenzucken. Kurz schreckt er zurück. „Wenn das jetzt nicht bis morgen warten hätte können, bezahlst du mir mein Mittagessen", auch wenn ich Sam gegenüber immer noch nicht nett gestimmt bin, möchte ich mir diese Möglichkeit nicht nehmen lassen. Außerdem weiß er genau, dass er mich nur zu ihm rufen sollen, wenn es nicht wichtig ist.

„Hier, für dich. Einen Kaffe", spielerisch verbeugt er sich vor mir und stellt diesen auf meinen Tisch. Noch so eine Sache. Kaffe, über Tee. Ganz klar. Als ich die braune Plürre dann aber anschaue, ist der Drang viel zu groß, mir einen Energieschub für den heutigen Tag zu geben. Ergeben trinke ich einige Schlücke. Ein Glück ist er warm, sodass er noch einigermaßen genießerisch ist.

„Erzähl schon! Muss ich dich verpfeifen?", er weitet augenblicklich die Augen. „Pscht. Nicht so laut", er wedelt panisch mit der Hand. Ich kneife meine Augen misstrauisch zusammen. „Komm näher", fordert er auf und ich rolle mich ohne aufzustehen, sitzend zu seinem Schreibtisch.

„Also gestern da war ich leicht angetrunken, ganz wenig", da haben wir ja etwas gemeinsam. Gestern bin ich auch betrunken gewesen. „Und dann bist du einfach eingebrochen, weil du Haarspray brauchst oder was?", ich muss bei dem Gedanken leicht loslachen. „Bonnie, hör mir zu!", diese strenge Seite von Sam überrascht mich und ich verstumme. „Naja, auf jeden Fall war ich einfach sauer, wegen unserem Streit", erklärt er munter drauf los.

Wenn ich es nicht besser weiß, hat Sam manchmal auch kleine Stimmungsschwankungen. „Ich bin an dem Friseursalon vorbei gekommen. Du weisst schon? Bei dem die Jungs eingebrochen sind?", ich bestätige seine Fragen mit einem kurzen Nicken und einem weiteren Schluck aus dem Becher. „Ich habe noch mal währenddessen nachgedacht. Vielleicht ist da doch etwas dran mit dem Fall", überrascht über diese plötzliche Wendung, hebe ich meine Augenbrauen.

„Jetzt kommen wir aber zum interessanten Teil. Eine von diesen Flaschen lag auf den Boden und ist ausgelaufen. Dabei hat diese verdächtig geglitzert", gespannt lausche ich seinen Worten. „Puh, eh, bin dann halt in den Laden eingebrochen", stottert er leise vor sich hin. Ungläubig schaue ich ihn an

„Du kannst doch nicht einfach in einen Laden einbrechen? Spinnst du? Wofür sind wir denn Polizisten?", ich schüttele den Kopf, jedoch ist keine Reue bei ihm zu sehen. „Wir hätten doch gemeinsam das als Tatort besuchen können oder irgendwie sowas?", von der Müdigkeit fehlen mir sogar die Worte. „Ja aber du bist nicht die einzige, die bemerkt hat, dass hier etwas gewaltig faul ist", immer noch flüstert er.

„Ich habe das so unauffällig wie möglich gemacht. Ich bin leise eingebrochen, habe den Tatort steril bereinigt und bin dann ohne Spuren gegangen", ein Griff unter den Tisch und er präsentiert mir stolz, die in Tüte eingepackte Dose. In meinem Kopf bilden sich lauter Fragezeichen. „Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe: Du bist in den Salon eingebrochen, wegen dieser Flasche. Hast aber deinen Eid als Polizist hintergangen, weil du glaubst, dass was faul ist?".

Er nickt aufgeregt mit dem Kopf. „Ich meine, wer weiß, wer da seine oder ihre Finger im Spiel hat", ich bin überrascht von seiner Aussage. „Aber woher weiß ich, dass du nicht auch ein krummer Finger bist?", entgegne ich ihm. „Das wollte ich dir damit beweisen. Glaub mir doch", letzteres ist ein bettelndes Flehen.

Ich überlege kurz. „Glaubst du mir jetzt? Ich will mit dir an diesem Fall zusammenarbeiten", der auffordernde Hundeblick lässt mich weich werden. „Okay. Wir arbeiten zusammen", erfreut erhellt sich Sams Gesicht. „Aber ich behalte dich im Auge!", warne ich ihn. Dieses wiederum nimmt er nur achselzuckend an.

„Gut. Dann ist das endlich geklärt", erfreut fällt er im Stuhl zurück. Auch ich bin ein Stück weit erleichtert, jetzt nicht mehr alleine an dem Fall arbeiten zu müssen. Den Kaffe leer trinkend, schwenkt mein Blick zu der Tüte, in Sams Schoß. „Was haben wir?", ich deute mit dem Kopf auf das Diebesgut.

„Meine Vermutung ist eine Droge. Ich habe aber nicht nicht weiter nachgeforscht, weil ich auf dich warten wollte", beschreibt er den Sachverhalt. Nun nehme ich es genauer unter die Lupe. Die ausgelaufene Flasche deutet tatsächlich auf Drogen hin. Es ähnelt glänzenden Kristallen.

„Wir sollten ins Labor", munter von dem Kaffe oder der neuen Erkenntnis, springe ich auf. Ohne Widerworte steht auch Sam auf und reicht mir die Tüte mit den Worten: „Pack sie lieber in deine Handtasche", ich weiß worauf er anspielt. Auf unserer Kollegen wirft er auch ein Auge. Schmunzelnd verstecke ich sie in meiner Tasche und wir beide machen uns auf den Weg zum Labor. Wir beide wissen genau auf wen wir zusteuern werden: Diana Price. Sie ist frisch und unmöglich verdächtig.

Ein Glück befindet sich Diana auch im Labor. Fleißig wie immer hat sie bei unserer Ankunft Bücher studiert. Erfreut begrüß sie uns. „Welch eine Ehre", kichert sie und drückt sich ihre heruntergerutschte Brille den Nasenflügel hinauf.

„Kannst du das für uns untersuchen?", lächelnd reiche ich die Tüte, welche sie sofort zu inspizieren anfängt. „Natürlich", wieder einmal bin ich überfordert und kann der Arbeit nur staunend zuschauen. Sam macht es mir gleich, plappert aber währenddessen munter mit ihr drauf los.

Nach einer Weile jauchzt sie erfreut auf. „Das ist Cannabis und kein Haarspray", wissend werfen Sam und ich uns gleichzeitig einen Blick zu. „Was für schlaue Köpfe. Die Erfinder lassen es so aussehen wie Haarspray, sogar von der Verpackung aus, aber es ist eindeutig Cannabis", erklärt sie weiter.

„Danke Diana", bedanke ich mich bei ihr und sie schenkt uns wieder ein strahlendes Lächeln. Auch Sam bedankt sich und nach einer kurzen Verabschiedung, verlassen wir das Büro. „Was wissen wir jetzt?", fragt mich Sam, während wir im Aufzug stehen. „Wie wäre es wenn du mir ein Mittagessen ausgibst und ich dir alles erkläre?", auch wenn wir vereinbart hatten, dass er mich nur ein Essen ausgibt, wenn er mich umbedeutsamer Weise ins Büro gerufen hat, habe ich Hunger.

„Mittagessen? Du meinst ein zweites Frühstück?", schmunzelnd blickt er mich an. „Dann eben so", bestätige ich. „Ich kenne da eine ganz tolle Bäckerei. Lass uns lieber dahin fahren", er betätigt die Taste des Fahrstuhls, sodass wir wieder nach unten fahren. „Hast recht. Hier ist es nicht sicher". Damit machen wir uns gemeinsam auf den Weg zu der besagten Bäckerei.

In mir kommt nach Tagen endlich ein wärmendes Gefühl auf. Ich fühle mich verstanden und nicht alleine. Natürlich habe ich Wayne, aber leider ist er ein toter Detective und kein lebender Mensch.

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