19| Zwei Ekelpakete...

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New York City, Aym's Bread, 10:54 Uhr

Ich bin überrascht, dass mich keinerlei Nervosität überfällt. Im Gegensatz ich bin von kompletter Energie und guter Laune gefüllt. Heute ist der Tag, an dem ich Clyde Coleman zur Strecke bringen werde und damit seine ganze Zukunft. So wie er mein Leben zerstört hat, ist nun seins genauso an der Reihe.

Auch wenn ich zu früh bin, darf ich keine Chance verpassen. Zufrieden über mich selbst schenke ich mir einen letzten Blick in meinen Spiegel. Ich fühle mich wohl. Mein Outfit entspricht meinem Geschmack und ich muss mich nicht herausputzen, für Clyde perfekt auszusehen, um seinen Vater zufriedenzustellen.

Eine schwarze zerrissene Jeans und ein T-Shirt mit dem Aufdruck meiner Lieblingsband Queen drauf, gibt mir das nötige Selbstvertrauen. Meine treue, allseits bekannte, schwarze Jeansjacke rundet mein Gesamtbild ab. Nickend wende ich mich ab und stoße die Türe auf, um ins Bäckereiinnere zu gelangen.

Sofort erkenne ich Clydes Vater an einem der Tische sitzen. Sein Aussehen ist eindeutig eine ältere Version von Clyde und unverkennbar. Der einzige Unterschied ist, dass er nicht so ein Ekelpaket ist, wie sein Sohn. Sicherlich findet er die Aktionen seines Sohnes genauso abartig wie ich und zweifelt an seinem Erziehungsstil.

Etwas Mitleid empfinde ich ihm gegenüber schon. Schließlich hat er sein ganzes Unternehmen auf ihn gestemmt und ist durchgehend angelogen worden von seinem eigenen Sohn. Naja, umso besser ist es, dass ich ihm die Wahrheit mitteile. Dann kann er sich so schnell wie möglich um einen neuen Erben kümmern.

Ich lasse mich auf dem Stuhl gegenüber von ihm nieder. Ganz der Gentlemen schenkt er mir seine ganze Aufmerksamkeit und legt sein Handy zur Seite. „Guten Tag, meine liebste Schwiegertochter", bei seinen Worten zieht sich in mir alles zusammen. „Nenn mich bitte nicht mehr deine Schwiegertochter!", befehle ich ihm. Bei meiner Lautstärke reißt er überrascht die Augen auf.

„Was ist denn los?", er beugt sich vertrauensvoll zu mir herüber und will meine Hände berühren, ich ziehe sie aber zurück. „Kommen wir zum Punkt, Christian. Denn ich denke keiner von uns hat das verdient. Auch du musst die Wahrheit wissen!", Christian zieht die Augenbrauen nach oben. „Schön. Dann schieß drauf los!".

Diese Aufforderung nehme ich an. Ich greife in meine Seitentasche und ziehe die Drucke der Bilder heraus. Ich knalle sie auf den Tisch. „Ihr Sohn hat eine Affäre mit einem Mann", es herrscht ein Moment der Stille. Seine Finger gleiten über die Bilder und nach kurzem Betrachten, fängt er lautstark an zu lachen. „Ich wusste es".

Mir entgleiten alle Gesichtszüge und mein ganzes Selbstbewusstsein, welches ich aufgebaut zu haben meinte, verschwindet. „Was willst du für dein Schweigen? Geld?", er kramt in seiner Tasche und blättert in seinem Portmonee herum. Immer noch in Schockstarre, bringe ich kein Wort über die Lippen. „Ne das wird nicht reichen", entscheidend zückt er einen Stapel Checkscheine heraus.

„Zweitausend Dollar? Oder doch lieber das Doppelte?", er notiert die Daten und reißt das oberste Blatt heraus. Stolz legt er den Check auf den Tisch ab. „Dafür möchte ich das alle Beweise vernichtet werden. Auch die auf deinem Smartphone", brabbelt er und mir fällt immer noch nicht ein, was ich darauf erwidern soll.

„Ich kann dir auch monatlich eine Summe anbieten, dass du noch länger mit ihm zusammenbleibst. Das ist super für das Geschäft. Als Polizistin ist dein Gehalt jetzt auch nicht soooo super, nicht?", letzteres lacht er mich verachtend ins Gesicht. Jetzt erkenne ich, dass sich die beiden in keinem der Punkte unterscheiden. Vater und Sohn sind beide widerliche Menschen. Als Christian anfängt die Fotos zu stapfen, schüttele ich mit dem Kopf.

„Interessiert es dich denn nicht, dass dein Sohn dich die ganze Zeit über angelogen hat?", ich stottere leicht, den Schock immer nicht tief in den Knochen sitzend. „Kleines, das ist das Geschäft. Voller Geheimnisse. Was interessiert mich das mit meinem Jungen. Hauptsache er macht mir ein Enkelkind. Ob er mit einer anderen Mann schläft, ist nicht meine Sache", kichert er.„Nicht ihr ernst?", spucke ich ihm die Worte ins Gesicht. „Ich wusste du hast kein Benehmen".

Entrüstet springe ich auf. „Kein Benehmen?", schreie ich lautstark. „Weißt du was kein Benehmen ist? Dass dein Sohn mit meinem Kollegen rummacht und du mir Schweigegeld zahlen willst, damit deine Firma vor den Ruinen gewahrt wird!", ich erkenne, dass sich in seinem Gesichtsausdruck etwas verändert. Er kräuselt die Augenbrauen und presst die Lippen aufeinander. „Setz dich sofort hin!", befiehlt er zischend. Ich verschränke aber nur die Arme vor meiner Brust. „Kannst du vergessen!".

„Ich sagte: Setz. Dich. Hin", jedes Wort betont er. Auch wenn er flüstert haben seine Worte eine immens große Kraft. Das kann er vergessen. Ich werde ihm nicht Folge leisten. Schon genug, was sein Sohn er mir angetan hat. Den Gefallen werde ich nicht noch seinem Vater geben. „Ich habe keinen Respekt mehr vor dir. Wieso sollte ich mich setzen?", erwidere ich ironisch.

„Ich wusste, dass du kein Benehmen hast. Schau dich doch an. Diese billigen Klamotten. Was hat mein Sohn nur an dir gefunden?", säuselt er vor sich hin. „Denkst du die Worte verletzen mich? Nein! Ich fühle mich wohl genauso wie ich bin. Ich verändere mich nicht für euch", überrascht sagt er nichts. „Außerdem glaube ich du wirst alt. Du wiederholst dich", mit den Worten will ich einen süffisanten Abgang vollbringen.

Als ich an ihm vorbei gehe, streifen seine Schultern meine. „Dich werde ich mit in die Ruinen stürzen, genauso wie deinen Sohn", ich bin froh über meine Worte. Leider muss ich zugeben, dass ich keine Ahnung habe, wie ich das hinbekommen soll.

In meinem Auto lasse ich erschöpft den Kopf auf meinem Lenkrad nieder. Statt mich aber meinen eigentlichen Gefühlen zu geben, kämpfe ich dagegen an. Ich fange lautstark an zu lachen. Wie konnte ich nur so dumm sein und mich mit der Familie Coleman einlassen. Dieses niederträchtige Pack.

„Du bist stark Bonnie", ertönt es aus dem Walkie-Talkie, welches ich an der Seite meines Gürtels geklemmt habe. „Danke Wayne. Trotzdem befinden wir uns in einer Sackgasse", stöhne ich. „Wieso das denn? Ich finde es super, dass du dich von deinem Freund getrennt hast und die Wahrheit über ihn haben wir auch herausgefunden. Jetzt fehlt nur noch der Untergang", erklärt er. „Aber wie soll ich das denn anstellen?", nörgele ich vor mich her.

Wayne lacht. „Weißt du wie populär die Firma ist? Einen Schritt zur Presse und sie befinden sich auf der Anklagebank", Wayne hat Recht. Sowie immer. „Jetzt muss ich mich aber auf deinen Fall konzentrieren. Das bin ich dir schuldig", murmele ich vor mich hin. „Fokussiere dich. Du schaffst das!", muntert Wayne mich weiter auf. Ich nicke nur, in der Annahme, dass Wayne meine Zustimmung wahrnimmt. „Das wird".

„Hey Bonnie!", Sam klopft gegen meine Scheibe und ich zucke zusammen. Erstarrt blicke ich ihn an und hoffe, dass er keinesfalls Wayne gehört hat. Denn wenn ich ihn durch das Fenster verstehen kann, muss er es ebenfalls. Jedoch ist Sams Blick nur fröhlich und nicht verstört. Tja, da habe ich wohl Glück gehabt.

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