Spielen ist gut für die Seele

956 50 2
                                    

ODELA

Zwei Tage!
Seit zwei verdammten Tagen ignorierte ihre Mutter sie. Nach der Schokoladenorgie hatte Odela erwartet, dass ihre Mama eine Gardinenpredigt der Superlative, gespickt mit ein bisschen Rumgebrülle und auf dem Tisch hauen vom Zaun brechen würde.
Aber nichts!
Rein gar nichts! Adelheid hatte sie nicht einmal angesehen. Sie hat ihr einfach nur stumm das Abendessen hingestellt, inklusive des Kräutertees, den Dela so liebte und hatte sich ins Wohnzimmer zurückgezogen. Und so ging es jetzt seit zwei Tagen.
Frühstück, Mittagessen, Abendessen.
Die junge Frau musste sich eingestehen, dass sie es bevorzugte, wenn ihre Mutter sie anbrüllte. Dann war der Krach nach ein paar Minuten gegessen und sie konnten zur  friedlichen Tagesordnung übergehen, aber so... Odela spürte, wie sie deprimiert wurde. Ihre Wölfin stupste sie immer wieder an und bettelte darum, rauskommen zu dürfen... etwas im Wald spielen zu können. Vielleicht fangen - mit ein paar Kaninchen oder einem Reh... Sie musste ja nicht unbedingt zu dem hübschen Alpha, der so gut roch, sie würde - notgedrungen- auch mit einem Luchs flirten, Hauptsache raus... in den Wald und laufen, spielen ... zurück an ihren See... Eventuell ein paar Schmetterlinge fangen.
Und nach zwei Tagen hatte sie Dela endlich soweit, abends resignierte die junge Frau. Ein weiteres antarktisches Abendessen lag hinter ihr und sie war fix und fertig.

„Gute Nacht, Mama," murmelte Odela traurig, nachdem sie den Tisch abgeräumt hatte und ging mit hängenden Schultern in ihr Zimmer hoch. Dann schloss sie die Tür hinter sich und betrachtete sich im Spiegel. Tiefe Schatten lagen unter ihren Augen und da sie in den letzten Tagen nicht wirklich viel runter bekommen hatte, war sie deutlich magerer geworden. Sie seufzte müde und ging zum Fenster. Ihre Wölfin stellte die Öhrchen auf und begann tief in ihrem Inneren zaghaft mit der Rute zu wedeln. Leise hangelte sich Dela die Regenrinne hinunter und joggte in den Wald. An ihrem üblichen Platz zog sie sich um und wandelte sich. Die kleine goldene Wölfin schüttelte ihr glanzloses Fell aus und fiepte. Das Seelentier sah zurück zum Wohnhaus und musste mit aller Kraft das Bedürfnis unterdrücken vor Kummer aufzujaulen. Dann drehte sie sich um und trottete in den Wald.
Doch schon nach wenigen Metern kam ihr verspieltes Naturell wieder hervor. Sie beschleunigte ihre Schritte und hüpfte über Baumstämme, kroch durch das Unterholz und wälzte sich hin und wieder in den Wildblumen, die im Wald blühten. Als sie schließlich ihren See erreicht hatte, war ihr goldfarbenes Fell eher dunkelbraun-grün gescheckt und sie duftete wie ein Gewächshaus. Die kleine Wölfin betrachtete sich in der spiegelnden Wasseroberfläche und kläffte fröhlich das Spiegelbild an. Ihre Rute wedelte wild hin und her und dann hüpfte sie mit einem riesigen Satz mitten in den See hinein.

Nachdem sie eine Weile geplanscht hatte, kraxelte sie ans Ufer zurück und schüttelte das Wasser aus dem Fell. Zufrieden gähnte die Omega und ließ sich auf den noch Sonnenwarmen Steinen niedersinken. Ein leises, tiefes Grollen durchbrach die schläfrige Atmosphäre und Odela spitzte fragend ein Ohr. Die Lichtung füllte sich immer mehr mit gigantischen Wölfen. Jeder Mensch und vermutlich auch jeder Wandler wäre vor Angst erst mal erstarrt. Doch die kleine Omega fühlte keine Furcht.
Alles was sie da sah, waren neue Spielkameraden!
Rasch erhob sie sich und streckte schnuppernd das Köpfchen vor. Der Geruch erinnerte sie an den hübschen Alpha, der mit dem wundervoll warmen, vibrierenden Schnurren. Also kategorisierte das Welpengehirn der Kleinen die gewaltigen Riesen als Freunde ein. Bellend stürmte sie fröhlich auf den ersten goldbraunen Wolf zu und trieb sich an seinem Vorderbein. Der Rüde senkte den Kopf und beschnupperte neugierig das Nackenfell. Ein leises Brummen kam von dem gewaltigen Gamma-Wolf und er wedelte mit der Rute um der Kleinen zu zeigen, dass er keine Gefahr für sie war.
Die Omega streckte die Schnauze vor und leckte ihm den Hals, dann zwickte sie ihn ins Vorderbein und bellte auffordernd. Der Krieger-Wolf erbarmte sich dem Spieltrieb des Winzlings und trottete hinter ihr her, während die Wölfin sich zwischen den Beinen der 15 anderen Wölfe hindurch schlängelte. Ab und an schnappte sie nach einer wedelnden Rute, bis sie es tatsächlich schaffte, sämtliche Krieger zum Spielen zu animieren.

Irgendwann war Odela völlig erschöpft. Hechelnd plumpste sie vor die Pfoten des größten Gammas und kaute verstohlen auf einem seiner Zehen herum. Der goldbraune Riese senkte den Kopf und brummte leise. Dann stupst er sie zärtlich an und versuchte, sie zum aufstehen zu bringen. Die Wölfin maulte leise und unwillig, drehte sich auf den Rücken und unterwarf sich, das Bäuchlein präsentierend dem Krieger, damit dieser sie in Ruhe ließ.
Der große Wolf schob sein Maul unter sie und drehte die Omega um. Dann griff er mit seinen starken Zähnen zu und hob sie im Welpengriff hoch. Die anderen 15 Wölfe reihten sich hinter ihm ein, während er die kleine, vor sich hin dösende Wölfin zum Rudelhaus zurücktrug.
Einer der Gammas lief vorweg, wandelte sich in Jace und öffnete grinsend die Tür.
„JOOOO... NICO! Wir haben da was niedliches, kleines im Wald gefunden, was dir gehört!"
Sekunden später stand der Alpha auf der Türschwelle und streckte mit einem glückseligen Lächeln seine Hände nach der kleinen Omega aus. Der goldbraune Gigant ließ sie in seine Arme gleiten und wandelte sich. Dean griff nach der Hose die Jace ihm hinwarf und sah grinsend zu seinem Alpha.
„Lex hatte recht! Sie ist mega goldig! Und so welpenhaft verspielt!"

Nico drückte Odela behutsam an seine Brust und schnurrte leise. Er lächelte seinen obersten Gamma an und sagte leise: „Ich danke euch... Wir haben auch etwas sehr Gutes mitgebracht. Unser Rudel hat jetzt endlich einen Heiler! Männer, darf ich vorstellen: Adeline Weston. Ihres Zeichens Kräuterheilerin und jetzt auch erste Rudelärztin der Eifel." Eine hübsche, dunkelhaarige Frau mit auffallend hellblauen Augen lehnte mit einem freundlichen Lächeln in der Tür. Als ihr Blick auf die winzige goldene Wölfin in Nicos Armen fiel, strahlte sie vor Freude.
„Oh, Göttin... Eine Omega, wie schön! Aber sie ist sehr klein... Warum ist sie so klein? Oder ist sie etwa noch ein Welpe?" Dean schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein. Ihr Geruch ist der einer Erwachsenen. Irgendetwas scheint ihren inneren Wolf kleinzuhalten. Vielleicht ist es aber auch eine Genmutation und wer weiß...vielleicht kannst du uns helfen, die Antwort darauf zu finden." Die Kräuterheilerin lächelte fröhlich und antwortete: „Ich habe ein gutes Geheimnis schon immer geliebt! Und wenn ich es nicht herausbekomme, dann bin ich mir sicher, dass meine Tochter Sarah da ein paar Ideen hat." Nico senkte derweil seinen Kopf und vergrub seine Nase in dem seidigen, flauschigen Nackenfell. Die Omega winselte leise und schob ihr Köpfchen unter seinem Hemd. Der Alpha schmunzelte und streichelte zärtlich über den kleinen Körper. Doch dann stockte er.... Waren das etwa ihre Rippen, die er da spürte? Mit einem lauten, wütenden Grollen machte sich der innere Wolf bemerkbar. Sein kleines, süßes Weibchen hatte nicht genug zu fressen bekommen! Das ging ja gar nicht! Das Seelentier sträubte sein Fell und überlegte, was er ihr am besten jagen konnte. Eventuell ein Reh und ein dickes Wildschwein oder ... vielleicht ja lieber ein paar saftige Cheeseburger... die hatten seiner Kleinen doch letzte Mal so gut geschmeckt! Der Mann stimmte mit dem Wolf vollkommen überein. Nico hob den Kopf und knurrte über die Schulter: „Mila! Mein Weibchen hat Hunger! Wir brauchen ein paar von den Cheeseburgern und zwar schnell..." Dela spitzte interessiert die Ohren. Cheeseburger? Da war sie doch voll dabei! Sie streckte den Kopf und knabberte glücklich an Nicos Kinn. Der vertiefte sein Schnurren und ging ins Haus, dicht gefolgt von seinen riesigen Gammas, deren Seelentiere bereits stramm standen um ihrer zukünftigen Luna jede noch so geringe Gefahr von dem niedlichen, kleinen Hals fernzuhalten.

OdelaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt