Die Nacht, die alles veränderte

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NICO

„Hey, Mann... Ich glaub, wir haben Mist gebaut!" Nico drehte sich zu dem Sprecher um und musterte Lex mit hochgezogenen Augenbrauen. „Mist gebaut? Inwiefern?" Der zweite Beta seines Rudels sah zerknirscht zu ihm auf und scharrte unruhig mit den Füßen. „Ich glaube, wir haben Odela verschreckt. Die Rheinland Luna hat ein Luchs Baby zwangsadoptiert und wir haben herum gescherzt, dass wir uns schon auf Delas Schwangerschaft freuen. Man konnte regelrecht sehen, wie die Klappen bei ihr runtergegangen sind. Tut mir echt leid, Mann.." Der große Alpha seufzte leise und fuhr sich durch die dichten Haare. „Schon gut... Hast du ne Ahnung, wo sie hin sein könnte?" Der Tracker nickte nur und deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung Aussichtsplattform. Nico legt ihm kurz eine Hand auf die Schulter, drückte zu und ging dann in die angegebene Richtung davon.
Sein süßes kleines Trotzköpfchen... sie hatte einfach nur Angst... Angst vor ihren eigenen Gefühlen, Angst davor, Teil einer so großen Familie zu werden. Sein Wolf stromerte unruhig tief in seiner Seele auf und ab. Er wollte los, wollte seine Kleine in die Arme schließen. Sie in Sicherheit bringen, am besten von Kopf bis Fuß ablecken und nie wieder loslassen. Nico lief rasch die Treppen hinauf und wusste, dass sie da war noch bevor er sie sehen konnte. Ihr süßer Honig -, und Schokoladenduft durchtränkte den Weg vor ihm und als er die Plattform erreichte, stand sie da... eine zierliche, schmale, einsame Gestalt. Der junge Alpha seufzte lautlos und trat an Odela heran. Seine Wärme umhüllte ihren durch den starken schwedischen Wind ausgekühlten Körper und unwillkürlich schmiegte Dela sich an seine Brust.

Mit einem leisen, sanften Schnurren schlossen sich seine Arme um sie und seine Nase strich zärtlich über ihren Hals. „Was ist los, Kleines?" murmelte er und küsste sanft die empfindliche Stelle hinter ihren Ohren. „Haben dich meine Chaoten verschreckt?" Die Omega schauderte und legte ihren Kopf zur Seite um ihm besseren Zugang zu geben. „Hmhm..." summte Dela leise und ihre Hände strichen über die seinen. Nico schmunzelte an ihrer Haut und fuhr fort leichte Küsse auf ihrem Hals zu verteilen. „Ich hatte eine kleine Unterhaltung mit meiner... hmmmm, oh, das fühlt sich... äh, mit meiner Wölfin. Sie hat mit... oh, Goooott.... zu... verstehen gegeben, dass ich überreagiert ha... ach, scheiß drauf!" Mit einem leisen Fluchen drehte Odela sich in seinen Armen herum, schlang ihm die Arme um den Hals und presste ihre Lippen auf seinen Mund. Nicos Hand glitt in ihren Nacken und er vertiefte den Kuss. Seine Zunge drang in sie ein und er stöhnte bei dem Geschmack ihres Mundes genüsslich auf. „Komm mit mir, meine süße Wölfin..." flüsterte er heiser und Dela sprang ihm regelrecht auf die Hüfte. Sie knabberte an seiner Schulter und kuschelte sich vertrauensvoll an den großen Mann, während dieser die Treppe hinunter zu seiner Zimmerflucht ging....

Das Zwitschern der Vögel weckte Nico früh am nächsten Morgen. Genüsslich reckte er sich und sah dann auf die Gestalt seiner gewählten Gefährtin. Odela schlief in einen Deckenkokon gewickelt aus dem nur die blonde Lockenflut und ihre niedliche kleine Stupsnase herausschaute. Ein warmes Lächeln umspielte die Lippen des Alphas. Die Nacht war in vielerlei Hinsicht magisch gewesen... während sie den besten Sex seines Lebens gehabt hatten, wurde der Himmel hier im Norden Schwedens von atemberaubenden Polarlichtern erhellt. Und nachdem er seine Omega viermal zum Höhepunkt gebracht hatte - sein Wolf putze sich immer noch voller Stolz das Brustfell - hatten sie geredet. Odela hatte ihm von ihren Ängsten erzählt, den Unsicherheiten und ihrer Überzeugung, dass sie keine gute Mutter sein würde. Und Nico hatte zugehört, sie im Arm gehalten, als sie vor Angst weinte, dass er sie deswegen von sich stoßen würde und dann hatte er der kleinen, völlig verunsicherten Omega auf die beste Weise ihre Furcht vor dem Verlassen-werden genommen.... Er hatte sie markiert. Und Dela hatte ihm ebenfalls ihre Zähnchen in die Schulter gegraben. Jetzt war sie offiziell sein... und er war der ihre... die Gefährtenbund-Zeremonie würde schon bald folgen. Der Tag hätte so schön sein können... wäre da nicht die Gerichtsverhandlung von Vater und Sohn Canton. Nico stöhnte und fuhr sich über das Gesicht. Er hatte ja so was von absolut null Komma null Bock, sich mit seinen verräterischen Verwandten rumzuschlagen und überlegte ernsthaft, dem Drängen seines Wolfes nachzugeben, sich mit seinem Weibchen für die nächsten vier bis acht Wochen in seinem Schlafzimmer einzuschließen.
„Morgäääähn..." kam es verschlafen aus dem Deckenhaufen und Dela streckte vorsichtig den Kopf raus und sah sich mit müden Augen um.

Mühsam kämpfte sein süßes Sturköpfchen mit den verknäulten Deckenwust und stieß hin und wieder ein leicht genervtes Knurren aus, bis die junge Frau schlußendlich in seine Arme purzelte. „Morgen," flüsterte er mit einem warmen Schimmern in den Augen und küsste zärtlich seine Markierung. Dela schloss mit einem glücklichen Seufzer die Augen und ließ ihre Hand zu seinem Glied hinauf streichen. Doch Nico griff rasch zu und sagte mit einem leisen und bedauernden Aufstöhnen: „Liebling... das sollten wir uns für heute Abend aufheben... der Tag verlangt, fürchte ich unsere volle Aufmerksamkeit. Und er wird nicht einfach werden..." Odela richtete sich auf und betrachtete ihren Gefährten voll Mitleid. „Das hätte ich beinahe vergessen.. es tut mir so leid. Ich kann mir gut vorstellen, wie verraten ihr euch fühlen müsst.... nachdem was meine Mutter mit mir gemacht hat... Ich bin nur unendlich dankbar, dass ich nicht über sie zu Gericht sitzen musste - so wie es dein Vater und du mit euren Verwandten heute machen müsst. Ich schätze, dass ist die negative Seite daran, der königlicher Alpha zu sein oder es zu werden... Dass du selbst über die, die dir nahe stehen ein Urteil fällen musst."
Langsam und widerwillig erhob sich Nico, beugte sich nochmal zu Dela herunter und küsste sie auf die Stirn. „In diesem Prozess werde ich kein Richter sein. Sondern eher ein Zeuge. Ich habe mich in diesen kriegerischen Konflikt eingemischt, deswegen bin ich alles andere als objektiv. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich den beiden damals schon die Kehle herausgerissen... Es wird also meinem Vater zufallen, über Leben und den sehr wahrscheinlichen Tod der Cantons zu entscheiden..."

Mit diesen Worten verschwand Nico im Badezimmer und stellte sich unter die warme Dusche. Während das Wasser aus dem großen Regenkopf auf ihn herab prasselte, versuchte er diese absurde Mischung aus Geilheit, Verlangen, Liebe, Wut, Frust und Gereiztheit mit dem abfließenden Wasser verschwinden zu lassen um für die kommenden Stunden eine innere Ruhe zu finden. Die Tür öffnete sich, leise Schritte tapsten über den Marmorboden und nur Sekunden später betrat Odela hinter ihm die Dusche. Ohne ein weiteres Wort nahm sie das Duschgel und begann seinen Körper einzuschäumen. Knetete die starken Beinmuskeln und als Nico sich mit einem liebevollen Lächeln auf den Boden kniete, ging die Massage zu seinen Schultern über. Dann trat sie vor ihn und nahm sein Gesicht in die Hände. Während Dela dem jungen Mann tief in die Augen sah, streichelten ihre Finger über seine Wangen. Schließlich küsste sie Nico kurz auf den Mund, nahm das Haarschampoo und massierte es in seine Kopfhaut. Lautlos erhob er sich und legte den Kopf zurück, genoß die Ruhe, die ihn langsam überkam und erwiderte danach den Gefallen seiner süßen kleinen Wölfin.
Unnötig zu sagen, dass die Dusche um einiges länger - und heißer - als gewöhnlich wurde und beide danach sehr zufrieden und gesättigt zum Frühstück in das riesige Esszimmer hinuntergingen.

„Guten Morgen!!!"
Überschwänglich lief Katharina Ellesedil ihnen entgegen und umarmte die beiden fröhlich. Die Luna trat einen Schritt zurück, musterte Nico und Odela nachdenklich mit zusammengekniffenen Augen, dann keuchte sie auf und schrie: „HENRY!!! Schatz, komm schnell!!! Oh, was für ein wundervoller Tag! HEEEENRYY!!!!" „Liebes, brüll nicht so. Ich steh neben dir!" Verwirrt drehte Katharina den Kopf und sah ihren Mann erstaunt an. „Wo kommst du... egal... unser ältester Sohn ist verpartnert!!! Schau! Sie haben sich markiert...!!!!"
Überglücklich klatschte die ältere Frau in die Hände und hüpfte wie Kleinkind an Heiligabend auf der Stelle herum. Henry schmunzelte nachsichtig und sah stolz auf seinen Nachfolger. „Du hast dich also entschlossen, nicht den traditionellen Weg zu gehen und die Markierung erst bei der Gefährtenbund-Zeremonie zu geben..."
Nico lächelte auf Dela herunter und kraulte sanft ihren Nacken. „Mein geliebtes, süßes Weibchen brauchte Sicherheit. Das war der beste Weg ihr zu zeigen, dass sie zu mir und ich zu ihr gehöre... dass ich sie nie wieder verlassen werde..." Seine Eltern nickten verständnisvoll und schließlich räusperte Katharina sich und sagte mit belegter Stimme und Freudentränen in den Augen: „Großartig!!! Ich bin so glücklich... kommt, frühstücken wir. Der Tag wird trotz aller jetziger Freude nicht schön enden und wir sollten uns alle dafür stärken..."

OdelaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt