Ein Ende mit Schrecken

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ODELA

Für ein paar Herzschläge schien die Zeit still zu stehen. Dann verbarg Odela ihre aufgewühlten Emotionen hinter einer stoischen Maske aus Gleichmut. „Mama... Bitte entschuldige. Ich hätte mich melden sollen.."
Adelheid Schuster lächelte und breitete die Arme nach ihrer Tochter aus. „Hauptsache, es geht dir gut, mein Herz. Bitte komm mit nach Hause ... jetzt ... wir wollen ja die Gastfreundschaft unserer neuen Nachbarn nicht überstrapazieren." Nico legte ein Arm um Dela, betrachtete ihre Mutter argwöhnisch und sagte: „Nicht doch... Wir freuen uns sehr über Odelas Hiersein und außerdem sind gerade meine Eltern gekommen, um sie kennen zu lernen. Wir würden uns freuen, wenn Dela noch zum Tee bleiben könnte."
Adelheids Blick zuckte zu den Eltern Ellesedil hin und sie zögerte. Dann schließlich nickte sie. „Na, schön. Aber ich erwarte dich zum Abendessen zurück. Außerdem denk dran, dass du morgen Frühschicht in der goldenen Ecke hast..."
Ein letzter mahnender Blick auf ihre Tochter, dann drehte sich Adelheid schwungvoll um und marschierte ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer.
Odela schloss für ein paar Sekunden, die Augen und versuchte, das wütende Knurren ihrer Wölfin zu überhören. Ihr Seelentier war stinksauer... Sowohl auf die Mutter wie auch auf Dela selbst. Sie konnte einfach nicht verstehen, warum ihr Mensch die Frau beschützte, die sie gefoltert hatte. Diese verstand es selber nicht wirklich. Sie wusste nur, dass wenn sie den Alpha wissen lassen würde, dass es ihre eigene Mutter gewesen war, die sie verletzt und gequält hatte... dann würde das Rudel bittere Rache üben und Adelheid töten. Und Odela konnte einfach nicht glauben, dass ihre Mama sie tatsächlich so sehr verabscheute. Himmelherrgott... Sie hatte sie großgezogen. Sie geliebt, war für Dela da gewesen, als sie krank war. So etwas machte keine Mutter die eine Abneigung gegen ihr Kind hatte! Nein... es musste eine andere Lösung geben, als Adelheid den Kopf runterzureißen.

„Liebes? Ist alles in Ordnung?" Katharina betrachtete besorgt die blonde junge Frau an der Seite ihres Sohnes. Und auch Henry Ellesedil richtete seine leuchtenden, dunkel blauen Augen auf die Omega. Sofort legte Dela ein freundliches Lächeln auf und nickte ruhig. „Ja... Meine Mutter und ich hatten eine Meinungsverschiedenheit vor ein paar Tagen und ich bin einfach weggelaufen. Das hätte ich nicht tun dürfen und sie ist zurecht besorgt gewesen. Ich werde das nachher mit ihr klären. Machen Sie sich bitte keine Sorgen." Nico warf einen kurzen, scharfen Blick zu Jace, dieser nickte kaum wahrnehmbar und zog sich unauffällig zurück. Katharina klatschte fröhlich in die Hände und rief: „Sehr gut! Dann lass uns jetzt einen Tee trinken und uns kennen lernen. Ich bin sicher, dass du das mit deiner Mutter wieder hinbekommst!" Odela ließ sich von der älteren Omega an die Hand nehmen und in Richtung der Küche ziehen. Daher bekam sie auch die besorgten Blicke nicht mit, die die Männer untereinander wechselten.
Nur eine Stunde später fühlte die junge Frau sich völlig erledigt. Katharina hatte einfach alles wissen wollen und ... Scheibenkleister... die spanische Inquisition war ein Witz gegen Nicos Mutter. Dass diese Delas BH Grösse nicht hatte wissen wollen, war auch schon alles gewesen. Die Frau kannte jetzt ihre Lieblingsspeise (Apfelpfannkuchen), ihr Lieblingsgetränk (Fanta), die Lieblingsfarbe (rot), ihre Abiturnote (1,4) und wusste zudem wo Odela gerne in den Urlaub hin wollte (Frankreich und Neuseeland) und auch dass diese vier Sprachen fließend beherrschte.
Zum Schluss legte Henry ein Machtwort ein als er sah, dass die kleine Omega vor Erschöpfung auf dem Stuhl schwankte.
Katharina sah zerknirscht zu ihrem Sohn und dessen gewählter Gefährtin.
„Göttin... das tut mir so leid! Ich ... du hättest mich auch früher unterbrechen können, Schatz. Ich wollte nur wissen, wer du bist und wie ich dich einschätzen kann..." Müde winkte Odela ab und lehnte den Kopf gegen Nicos Schulter. „Schon gut... kann ich verstehen..." murmelte sie müde und zog geistesabwesend den Duft ihres Alphas ein, dessen leises Schnurren die junge Frau allmählich einschlafen ließ.

An diesem Abend und in dieser Nacht kehrte Odela nicht nach Hause zurück, sondern wurde wieder in ihr Bett in der ersten Etage gebracht. Doch diesmal schlief sie dort nicht allein... Als sie am Morgen aufwachte, lag sie - in Löffelchenstellung - in den Armen von Nico. Langsam wandte sie den Kopf und musterte den Mann neben sich. Die Haare waren verwuschelt, seine schönen blauen Augen geschlossen und der drei Tage Bart ließ sie vor Verlangen beinahe sabbern. Verdammt! Er war schon ein heißes Stück Mann! Hechelnd stimmte ihre Wölfin ihr zu und das Seelentier überlegte auch prompt, wie es dieses Prachtexemplar am besten bespringen konnte.
Notgeil... ihre Wölfin war eindeutig notgeil! Dela verdrehte über ihre dreckigen Gedanken schmunzelnd die Augen und versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu befreien. So höllisch heiß der Knabe auch war... sie musste dringendst das stille Örtchen aufsuchen, denn nach dem Liter Tee des gestrigen Abends verlangte die Natur nun ihr Recht - und das ziemlich lautstark!
Dummerweise war es gar nicht so leicht, sich aus dem Klammergriff des Alphas zu lösen. Missmutig grollte er jedes Mal los, sobald sie sich auch nur ein paar Zentimeter von seiner Brust entfernte. Verzweifelt angelte Odela nach dem großen Kissen und stopfte dieses rasch in die Arme des Mannes, welcher sich nun mit einem Todesgriff darum zusammenrollte. Kurz genoß die junge Frau den sehr niedlichen Anblick des Riesen, der verliebt mit ihrem Kopfkissen schmuste, doch dann spurtete sie zum Bad, bevor es noch ein Unglück auf dem teuren Flauscheteppich geben würde.

OdelaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt