20 | Carousel

943 93 44
                                    

Leere Gebete werden in Räume geschrien,

die durch das Klagen geschundener Seelen

all ihren Glanz verloren haben

und die ungeweinten Tränen

eines gebrochenen Herzens

verdampfen im Feuer

grenzenlosen Hasses.

Ich schaue zu

wie mein Leben

durch meine kalten, toten Finger gleitet

als deine blutige Hand meine ergreift

und der Tod unsere Lippen küsst,

uns unser wertvolles Leben raubt

------------------------------

"Aufhören! Bitte! Bitte!"

Mein Flehen wurde von dem Brüllen der Flammen erstickt, die sich wie zischende und knisternde Schlangen das Holz in Windeseile hinauf schlängelten, bis sie die schreiende Silhouette erreicht hatten, die sich in Qualen zwischen den Flammen wand.

Tränen begannen aus meinen Augen zu laufen. "Sie hat nichts unrechtes getan! Sie ist unschuldig!"

Doch wieder erhörte mich niemand. Die Wachen hielten mich schmerzhaft fest gepackt, verweigerten mir den Zugang zum Scheiterhaufen. Das ganze Dorf hatte sich versammelt und die Stimmen machten mich wahnsinnig.

"Sie ist vom Teufel besessen..."

"Er hat sie verhext!"

"Armes Ding"

"Möge Gott ihrer Seele gnädig sein"

"Ich wusste, dass es nichts als Ärger bringt!"

Ein ohrenbetäubender Schrei veranlasste mich dazu, mich noch einmal vergeblich gegen die Wachen aufzulehnen. "Lasst mich los! Hört auf! Ich flehe euch an! Tut das nicht!"

Durch den Tränenschleier der meine Augen bedeckte, sah ich den verschwommenen Schatten einer Hand, die sich mir aus dem Feuer entgegenstreckte. "Hilf mir..." die Stimme, so sanft und zart, traf auf ignorante, taube Ohren.

Zu weit entfernt.

Der Rauch brannte in meiner Nase und zum ersten Mal in meinem Leben, betete ich alle Götter und Engel an, die mir in den Sinn kamen. Doch meine Gebete hallten nur leer durch meinen Kopf.

Dennoch streckte ich meinen Arm aus, meine Hand fand ihr Ziel nicht.

In den leuchtend grünen Iriden aus denen schimmernde, blaue Tränen rannen spiegelten sich grenzenlose Angst und unbeschreiblicher Schmerz wieder. Lippen bewegten sich auf aschfahler Haut, die vom Feuer aufgelöst und gnadenlos verbannt wurden.

Ihre Worte. Ich konnte sie nicht verstehen.

Ein letzter Versuch. Ich durfte sie nicht sterben lassen. "Hört auf!" meine Stimme klang erstickt. Und abermals half es nicht.

Mit dem letzten Todesschrei ging alles in Flammen auf und meine Welt stoppte für eine Millisekunde, versank in ewiger Schwärze.

"VERFLUCHT SEI DIESE STADT! ICH WERDE EUCH ALLE UMBRINGEN! EUER GOTT IST EINE LÜGE!"

Keuchend fuhr ich hoch und wäre fast vom Dach gefallen, Sterne leuchteten matt und traurig am Firmament. Glitzerten genauso schwermütig wie die einsame Träne, die über meine Wange lief.

Reaper Trials [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt