5 - Der frühe Vogel kann mich mal

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Warum ich das Wochenende liebe? Ganz einfach: Weil das die beiden einzigen Tage sind, an denen ich ausschlafen kann und keinen Verpflichtungen nachkommen muss.

Umso mehr nervt es mich auch, als ich am Samstagmorgen um sieben Uhr aus dem Schlaf geklingelt werde.

Ein müder Blick auf mein Handydisplay verrät mir, dass ich gerade einen eingehenden Anruf von Sia erhalte.

Wehe, es gibt keinen triftigen Grund für ihre Weck-Aktion! Dann schuldet sie mir mindestens drei große Pizzen mit einer Extraportion Käse.

Begleitet von einem Gähnen fische ich mein Smartphone vom Nachttisch und halte es mir wenige Sekunden später ans Ohr. „Hm?", melde ich mich grummelnd zu Wort.

„Sherry?!" Sia brüllt so laut, dass mein Trommelfell beinahe explodiert. „Bist du wach?"

„Ne", antworte ich augenverdrehend. „Ich schlafe noch, kann aber trotzdem mit dir reden. Was für eine blöde Frage ... Natürlich bin ich wach!" Im Einklang mit meinen Worten setze ich mich aufrecht hin und reibe mir die letzten Körner Schlafsand aus den Augen.

„Perfekt!", freut sich Sia. „Dann schwing deinen Hintern aus dem Bett und komm in den Stadtpark! Schnell!"

„Was?", erwidere ich bloß verständnislos. Es ist zu früh, damit mein Hirn eine eigenständige Denkleistung abliefern kann.

„Dein heißes Schnittchen ist hier. Mit seinem Hund. Gott, du hast ja keine Ahnung, wie süß der ist!"

Da ich immer noch total auf dem Schlauch stehe, kann ich wieder nur ein dummes „Was?" von mir geben.

Oh man, hätte mich Sia nicht einfach drei Stunden später anrufen können?

„Keine Sorge, ich meine den Hund. Deinen Lowan als süß zu bezeichnen, wäre ja fast schon eine Beleidigung", lacht Sia. „Aber du lenkst ab, Sherry. Komm jetzt endlich her!"

Alles, was in meinem Kopf hängenbleibt, ist ein Name. Ein ganz besonderer Name.

Lowan ...

„Ich weiß, dass du noch total müde bist und gerade gar nichts checkst, aber beweg deinen Arsch jetzt endlich in den Stadtpark! Dalli! Ich warte mit Pico am Kiosk auf dich. Und wehe, du beeilst dich nicht, Sherry! Wenn du in zwanzig Minuten nicht hier bist, organisiere ich dir ein neues Blind Date. Und nein, das ist kein Scherz, sondern mein bitterer Ernst!"

Sia redet mal wieder so schnell, dass sich ihre Stimme überschlägt. Statt mir nochmal die Möglichkeit zu geben, Nachfragen zu stellen, legt sie einfach auf.

Na vielen Dank auch, Savannah Isabella Abigail!

Obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, was Lowan mit dem Stadtpark zu tun hat, quäle ich mich Sia zuliebe aus meinem Bett. Ein flüchtiger Blick in den Spiegel, der an meiner Zimmertür hängt, verrät mir, dass ich wie eine lebendige Leiche aussehe.

Auf meinem Kopf thront ein Vogelnest, dunkle Schatten zeichnen sich unter meinen Augenlidern ab, meine Haut ist fleckig und zwei große Pickel säumen meine Stirn.

Wie war das nochmal mit dem sogenannten Schönheitsschlaf? Bei mir scheint er leider nicht zu wirken.

Im Schnelldurchlauf wasche ich mir das Gesicht, schlüpfe in einen viel zu großen Hoodie und eine Leggings und stopfe mir als kleinen Wach-Werden-Snack einen Müsliriegel in den Mund.

Ich möchte mir gerade meinen Schlüsselbund schnappen, der sich auf dem Sofa zwischen mehreren Kissen verirrt hat, da ertönt plötzlich das unzufriedene Mauzen meines Katers hinter mir.

„Oh Gott, Mister Miez!", rufe ich erschrocken aus. „Mein armes Baby. Hast du etwa Hunger? Oh man, Mami ist so im Stress gewesen, dass sie dich total vergessen hat. Komm her, mein Schatz! Für eine kleine Kuscheleinheit ist es nie zu spät."

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