11 - Hundewiese ohne Hund

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Was mein persönlicher Horror am Samstagmorgen ist? Dass mein Wecker um sechs Uhr in der Früh klingelt und ich viel zu müde bin, um ihn gegen die Wand zu schleudern.

Warum zum Teufel musste Lowan auch so eine blöde Uhrzeit für unser Treffen vorschlagen? Wieder mal bestätigt sich, dass mir Nachteulen deutlich lieber sind als frühe Vögel.

Na ja, was man nicht alles tut, um sich in das Herz eines Hundetrainers zu schleichen, nicht wahr?

Ich gähne noch einmal herzhaft, ehe ich mich aus meinem Bett quäle. Selbst für Mister Miez scheint es noch zu früh zu sein, denn er wirft mir bloß einen skeptischen Blick zu und dreht sich danach auf die andere Seite, um weiterzuschlafen.

Wie gerne ich mich zu ihm legen und kuscheln würde, aber Lowan hat Priorität.

Es gleicht einem Kampf, meine Morgenroutine zu erledigen, ohne dabei in einen Sekundenschlaf zu fallen. Nicht nur einmal rutsche ich mit der Wimperntusche ab oder lasse meinen Löffel in die Müslischale fallen.

Oh je, das kann ja was werden ...

Pünktlich um zehn vor sieben mache ich mich auf den Weg in den Stadtpark. Auch wenn dunkle Ringe unter meinen Augen liegen und sich die Erschöpfung wie ein Bienenschwarm in meinen Knochen eingenistet hat, freue ich mich darauf, Lowan endlich wiederzusehen.

Der kurze Spaziergang zum Park tut mir richtig gut. Ich atme die frische Morgenluft ein und spüre, wie mein Körper langsam zum Leben erwacht.

Irgendwie ist es faszinierend, wie ruhig es gerade ist. Lediglich die Vögel durchbrechen mit ihrem Gesang die Stille und fordern ihre Umwelt dazu auf, den neuen Tag willkommen zu heißen.

Sobald ich ein paar Minuten später die Hundewiese betreten habe und meine Augen auf Lowan landen, macht mein Herz einen aufgeregten Hüpfer.

Trotz der unmenschlichen Uhrzeit sieht Lowan wie immer verboten gut aus. Er trägt eine kurze Jeans, die knapp über seinen Knien endet und seine trainierten Waden gekonnt in Szene setzt. Sein Oberkörper wird von einem weinroten T-Shirt verdeckt, das dieselbe Farbe wie sein Bandana hat. Die Sonnenbrille und die schwarzen Chucks runden sein Outfit ab.

Damit ich nicht aus Versehen sabbere, schließe ich schnell die Lücke zwischen uns und begrüße den Hundetrainer mit einem überschwänglichen: „Guten Morgen, Sonnenschein! Na? Bereit, um einen wundervollen Tag zu erleben?"

„Gott, du hast mich total erschreckt, Shirley!" Lowan legt sich die rechte Hand auf sein Herz und dreht sich danach lachend zu mir um. Für ein paar Sekunden checkt er mein Outfit ab – jedenfalls denke ich das – bevor er mich in eine flüchtige Umarmung zieht. „Schön, dass du da bist."

Es sind nur fünf Wörter und trotzdem haben sie die Macht, meinen ganzen Magen zum Kribbeln zu bringen. Allein schon für dieses Kompliment hat es sich gelohnt, Mister Miez in meinem Bett zurückzulassen.

Nachdem sich Lowan wieder aus meinen Armen gelöst hat, dreht er seinen Kopf in Richtung Hundewiese. Lightning McQueen hat seine Schnauze in einen Maulwurfshügel gesteckt und versucht nun, sich unter die Erde zu buddeln.

Dass sein weißes Fell langsam, aber sicher eine bräunliche Farbe annimmt, scheint dem Hund egal zu sein. Er spielt lieber weiterhin Maulwurf.

„Shirley?"

„Hm?" Ich richte meine Aufmerksamkeit zurück auf Lowan, der seine Augenbrauen nachdenklich in die Höhe gezogen hat.

Hoffentlich fragt er mich jetzt nicht, ob ich ihm nachher beim Baden seines Hundes helfe. Danke, aber ich verzichte!

„Wo ist eigentlich Pico?"

Äh, was?!

Ich kann spüren, wie ich kreidebleich im Gesicht werde und sich meine Augen vor lauter Schreck weiten.

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