fourteenth chapter

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Schnee türmte sich dick auf den Zinnen und Türmchen Hogwarts' und verwandelte das Schulgelände in ein Winterwunderland. Die Weihnachtsvorfreude stob durch jeden Korridor und selbst die Rüstungen wurden verzaubert, um in blechern-hohlen Stimmen Weihnachtslieder zu singen, während die Schüler ihre schneenassen Kleider am Feuer trockneten oder heiße Schokolade in der großen Halle tranken.
Mit Einsetzen der Weihnachtsferien war es jedoch schlagartig still geworden im Schloss. Alle bis auf ein dutzend Schüler waren über die Feiertage zu ihren Familien nach Hause gefahren, sodass man beinahe das Gefühl bekommen konnte, ganz alleine im Schloss zu sein.
Am Weihnachtsmorgen erwachte Lyanna alleine in ihrem Zimmer durch das Licht der verzauberten Fackeln an den Wänden. Selbst wenn der große See nicht zugefroren war, kam nur wenig Licht bis runter in den Kerker, sodass man an vielen Tagen nur an den Fackeln erkennen konnte, ob es Tag war.
Träge schälte sie sich aus dem Bett und lief noch in Schlafanzug, mit einem Buch über die Bahnen von Pluto unter dem Arm, barfuß über den kalten Steinboden die Treppen runter (mittlerweile machte ihr die Kälte nichts mehr aus).
Sie wollte ausnutzen, dass sie den Gemeinschaftsraum komplett für sich alleine hatte - nicht ein einziger anderer Slytherin war in Hogwarts geblieben - und sie garantiert einen Sessel vor dem Kamin hatte. Doch zu ihrer Überraschung war der Gemeinschaftsraum dekoriert worden.
Einige Sofas und Tische waren beiseite geschoben worden, um Platz für einen vier Meter hohen Weihnachtsbaum zu machen. Silberne und grüne Ornamente hingen an den Zweigen und eine Lichterkette wand sich wie eine glitzernde Schlange um den Baum. Lyanna war sich nicht sicher was sie mehr überraschen sollte. Dass irgendwer sich die Mühe gemacht hatte, alleine für sie einen Baum zu dekorieren, oder dass unter ihm Geschenke lagen.
Unter den niedrig hängenden Zweigen war ein kleiner Haufen aus drei, in buntes Papier eingewickelten Geschenke. Lyanna ließ ihr Buch auf die Couch fallen und kniete sich auf den Teppich. War das wirklich für sie? Lucy und sie hatten eigentlich vorgehabt beim Frühstück Geschenke auszutauschen. Aber ja, aus dem ersten Geschenk, einem etwas unförmigen Päckchen in bunt gestreiften Papier, lag ein Brief. Für Lyanna stand in runden Buchstaben auf dem Umschlag geschrieben. Definitiv nicht Lucy's Schrift. Von der Neugier gepackt riss sie den Umschlag auf.

Genießt eure Ferien und das gute Wetter dieses Jahr.
Mein Sohn Ron hat erzählt, dass du und deine Schwester über die Ferien in Hogwarts bleiben und ich dachte du könntest etwas warmes gebrauchen. Winter in Hogwrats war schon immer besonders kalt.
Wenn ihr möchtet, könnt ihr beiden uns über die Sommerferien besuchen kommen. Natürlich nur, wenn ihr nicht lieber zurück ins Heim möchtet.
Frohe Weihnachten.
Mrs Weasley

Überrascht starrte Lyanna den Brief in ihren Händen an. Ihr Aufeinandertreffen mit Mrs. Weasley und ihrer Tochter am Gleis 9 ¾ hatte sie in eine entfernte Ecke in ihren Gedanken verschoben. Sie hatte in den letzten Monaten so viel um die Ohren gehabt, das war im Vergleich eine so irrelevante Erinnerung gewesen. Und doch war es Mrs. Weasley so stark in Erinnerung geblieben, dass sie ihr etwas zu Weihnachten geschenkt hatte. Zweifellos hatte Ron Weasley seiner Mutter von seiner Freundschaft mit Lucy erzählt und sie hatte Mitleid mit ihnen bekommen. Die Zaubererwelt schien zu denken, dass ihre Eltern tot waren. Bisher hatte sie es nur als praktisch empfunden, aber jetzt fiel ihr zum ersten Mal auf, dass viele deswegen Mitleid mit ihnen hatten. Und auf eine absurde Art stimmte es sogar. Sie kannten Mr. und Mrs. Evans zwar nicht, aber Lucy und Lyanna verbrachten gerade ihr erstes Weihnachten ohne ihre Eltern. Einen Gedanke, den sie aktuell versuchte zu verdrängen. Stattdessen öffnete sie das Geschenk und fand einen mitternachtsblauen Pullover. Vorsichtig, fast schon andächtig, strich Lyanna über die Wolle. Mrs. Weasley hatte ihr, einem Mädchen, das sie kaum kannte, einen Pullover gestrickt.
Ein undefinierbares Gefühl machte sich in ihrer Brust breit, seltsam leer, ohne dass sie erklären konnte warum. Schnell schlug sie es wieder in das Papier ein und wand sich den anderen beiden zu um das Gefühl wieder zu vertreiben.
Das eine, ein mit einer violetten Schleife verbundenen Paket, beinhaltete eine permuttfarbene Haarbürste und einen Zettel von Pansy.
Anti-Knoten - Glanzzauber - verhindert Haarchaos und hält die Frisur an Ort und Stelle
Unten in der Ecke war ein Logo gedruckt; die Silhouette einer Hexe mit perfekter Dauerwelle unter ihrem spitzen Hut. Auf der Rückseite wünschte Pansy ihr Frohe Weihnachten und erklärte, dass die Bürste ihre Haare in Null komma nichts entwirren würde.
Sahen ihre Haare so schlimm aus? Vorsichtig fuhr Lyanna sich durch die blonden Strähnen und blieb direkt in einem Netz aus dutzenden Knoten hängen. Auf einmal wurde sie sich bewusst wie häufig sie vergaß, ihre Haare zu kämmen oder zusammenzubinden; wie unordentlich sie ausgesehen haben mussten. Es war ihr nie sonderlich wichtig vorgekommen, beziehungsweise hatte sie nie gedacht, dass es andere interessiert hätte. An ihrer alten Schule sicher, aber waren hier die Leute auch so oberflächlich? Und es war noch viel schlimmer, denn jetzt war es ihr nicht mehr egal was die anderen über sie dachten. Mit unsicheren Finger löste sie die Schleife um das dritte Geschenk. Fast erwartete sie noch etwas beleidigendes oder verwirrendes, etwas was sie noch weiter verunsichern würde, aber unter dem dunkelgrünen Papier kam eine wunderschöne Schreibfeder zum Vorschein. Sie hatte die Farbe von Sturmwolken, durchzuckt von grün-violetten Schimmern, sodass sie beinahe aufgeladen aussah. Darunter fand sie ein kleines Fässchen mit smaragdgrüner Tinte und ein kleines Stückchen Pergament.

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