Jungkook
Ablenkung. Entweder brachte es Entspannung oder umso mehr Zerstreuung. In meinem Fall tat es tatsächlich beides, jedoch wusste ich von letzterem noch nichts. Denn hätte ich das, wäre ich garnicht erst hier aufgetaucht und hätte lieber auf diese Feier verzichtet. Zuerst half mir diese Party. Die dröhende Musik und der starke Bass fluteten meinen Körper und animierten einen zum Mitmachen. Eine ganze Weile vergaß ich meine Probleme und tanzte stattdessen, einigermaßen befreit, mit meinem besten Freund. Die paar Becher Alkohol, welche ich intus hatte, befeuerten meine kurzfristige und keinesfalls langanhaltende Zufriedenheit.
Ich fühlte mich innerlich scheisse. Der einzige Grund, wieso ich noch hier stand, oder besser gesagt saß, war der Alkohol in meinem Blut. Kleine Mengen wirkten dabei entspannend und lösten vielerlei Hemmungen, wie eine Droge eben. Ein weiteres Rauschmittel, das ich heute dafür missbrauchte, meine Gefühle zu hemmen. Für eine Weile zumindest. Morgen verfluchte ich mich sicher für meinen Konsum an diesem Abend. Aber ganz besonders als mein bester Freund mit seinem, nun festen Freund anfing zu tanzen und später im Badezimmer verschwand, brauchte ich das Gemisch in meinem Becher durchaus. Und ein wenig Ruhe. Eigentlich lieber mehr, als weniger Ruhe, denn mit der Zeit störte die laute Musik, sowie die vielen tanzenden Menschen.
Bevor ich jedoch verschwinden konnte, hielt mich eine vorsichtige Hand an meinem Handgelenk davon ab. Und vor mir stand ein attraktiver junger Kerl, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
"Ich muss meine Chance jetzt einfach ergreifen. Du hast keine Ahnung, wie lange ich dich schon heiß finde, aber mich zurückgehalten habe. Immerhin dachte ich... Bist du vergeben" holte mich der gut-aussehende Fremde aus meinen Gedanken, seine Worte jedoch erinnerten leider ungewollt an eine Person, die ich versuchte, zu vergessen. Und meine Erinnerungen an ihn, verbunden mit Schmerz, wegzutrinken. Theoretisch bot dieser Kerl mir zusätzlich eine Gelegenheit, meinen Kopf frei zu bekommen.
Wieso sollte ich mich nicht auf ihn einlassen? Abgesehen davon, dass ich innerlich kaputt und er nicht Taehyung war.
"Und woher die Annahme, dass ich... Das nicht weiter bin?" fragte ich, ein wenig frech und aufgesetzt. Denn in mir sah es ganz anders aus. Wovon mein Gegenüber keinesfalls etwas wissen konnte. Dieser Kerl hatte keine Ahnung von der grauen Welt, in welcher ich lebte. Und jeden mit hinein zog, sobald er mir zu nahe kam. So wie Kim Taehyung, dessen Leben ich zerstörte. Und deswegen einfach hoffte, auf dieser Party seine Wege nicht zu kreuzen.
Da hatte ich noch keine Ahnung, was mich diese Nacht alles erwartete.
"Du bist ohne Taehyung hier. Also... Würde ich gerne mit dir tanzen. Natürlich nur, solange du das möchtest" fragte er freundlich und zuvorkommend, während ich mich in meinen Gedanken verlor. Aber trotzdem zusagte. Vielleicht schaffte er es tatsächlich, dass ich für ein paar Minuten losließ. Und den Älteren vergaß, so wie er versuchte, mich zu vergessen.
Schicksal. Was für ein mieser Verräter.
"Wenn du mir deinen Namen verrätst, lasse ich mich vielleicht sogar dazu verführen" flirtete ich zurück und schmunzelte den Fremden an. Gleich wären wir uns garnichtmehr so fremd, dann wusste ich immerhin seinen Namen. An dem ersten Abend, den ich an der Uni verbrachte, war es alles, was ich von Taehyung kennenlernte. Seinen Namen. Danach tanzten wir miteinander, eng und innig, am Ende landete ich sogar in seinem riesigen Studentenzimmer. Ich hatte definitiv nicht erwartet, so jemanden kennen zu lernen, den ich später lieben würde.
Und durch den ich die schlimmsten und schmerzhaftesten Emotionen erfahren durfte. Durch die tiefsten Zeiten meines Lebens ging und in ein endloses Loch fiel. Denn das Gefühl zu fallen, hatte ich weiterhin. Es hörte nie auf, also erwartete ich schon, dass es noch schlimmer werden würde. Unwissend, dass es im Endeffekt tatsächlich so kam.
"Mein Name ist Hoseok. Ich hoffe, das überzeugt dich" das tat es eigentlich kaum. In meinen Gedanken verlor ich mich immer wieder in eine ganz andere Richtung. Zum Glück konnte Hoseok keine Gedankenlesen. Hoffte ich zumindest.
"Wenn du uns noch zwei Drinks holst, überleg ich es mir." erwiderte ich bloß und fing erst einmal wieder an zu atmen, als der Ältere mit einem Nicken in die Küche verschwand, um zwei Drinks zu holen. Ich hielt das ganze aber keine Sekunde länger aus. Das hier war Schwachsinn, denn ich glaubte ernsthaft, dass ich alles einfach unterdrücken konnte. Was es keinesfalls besser, sondern umso schlimmer machte, sobald meine Emotionen wieder hochkochten.
Anscheinend hatte ich jetzt zu viel Alkohol. Die richtige Menge wirkte angenehm berauschend, zu viel davon tat das Gegenteil. Und so fühlte ich mich gerade. Beschissen. Konnte kaum mehr atmen und verschwand, ohne ein Wort. Mir tat Hoseok wirklich leid, nur schaffte ich das hier nicht. So zu tun als ginge es mir gut, weswegen ich anfing, wieder mit anderen zu flirten.
Ich wollte nicht mit ihm tanzen. Mit keinem, denn alles erinnerte mich an ihn. Diese Umgebung, jeder Song, die ganzen tanzenden Menschen. In keiner Ecke konnte ich mich davor verstecken oder den Erinnerungen an Taehyung entkommen. Also rannte ich. Damit mir Hoseok beim Entkommen keinesfalls noch zusehen musste, rannte ich. Erst versuchte ich es auf dem Klo, welches jemand offensichtlich seit einer Weile versperrte und mir denken konnte, warum. Es bildete sich schon eine lange Schlange von Menschen. Alle von ihnen bräuchten die Toilette für durchaus wichtigeres als Jimin und Yoongi.
Auch ein weiteres Zimmer fand ich abgeschlossen zurück, was ich mir für die nächste auch wünschte. Denn als ich nach der Türklinke griff, schon vor lauter Erleichterung seufzen wollte nachdem die Tür tatsächlich aufging, erwartete mich ein unglaublich schockierender Anblick.
Ich hätte es erwarten sollen. Tief in mir dachte ich es schon, jedoch war es so viel schmerzhafter, es zu sehen.
In diesem Raum, der abgeschlossen sein sollte, fand ich Kim Taehyung wieder. Mit dem Rücken zu mir gedreht und einem anderen, jungen Kerl auf seinem Schoß, ihre Körper eng aneinander. Vollkommen entblößt und verschwitzt reibten sie aneinander und durch das, was sie taten, verteilten sie die dreckigsten und teilweise nassen Töne in dem großen Schlafzimmer. Ihre Klamotten lagen alle auf dem Boden verteilt und eine geöffnete Kondompackung befand sich neben ihnen.
Sofort rutschte mir das Herz in die Hose und ungewollte Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich konnte nicht einmal mehr verhindern, dass sie meine Wange herunter rollten, während ich die beiden beobachtete. Taehyung raunte leise und schien garnicht zu bemerken, dass jemand in der Tür stand und ihnen zusah. Dass ich hier stand und mitansehen musste, wie ein anderer Kerl ihn ritt. Viel blieb meinen Augen kaum verborgen, bis auf Taehyungs Gesicht. Denn dieser saß mit dem Rücken zu mir, vertieft darin, den anderen gut fühlen zu lassen.
Und dieser amüsierte sich. Er starrte zufrieden in mein Gesicht und grinste dreckig. Anscheinend hatte er eine Ahnung, was zwischen Taehyung und mir gewesen war. Offensichtlich entstanden in unserer gemeinsamen Zeit viele Gerichte darüber, da der Ältere mit keinem anderen mehr schlief, seit mir.
Bis jetzt. Das mit uns war vorbei. Was hieß, dass er wieder mit jedem schlafen könnte, zu seinem alten Lebensstandard zurück kehrte. Und ich durfte dabei zusehen. Wie er mich aus seinem Leben strich, als wäre ich nie da gewesen. Eigentlich war es besser so. Und doch konnte ich kaum beschreiben, wie tief dieser Schmerz saß.
So schnell wie ich die Tür öffnete, schloss ich sie wieder, mit einem rasenden Herzen und einem Gesicht voller Tränen.
Taehyung hatte ganz offiziell mit mir abgeschlossen.
~
Aua :(
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Pretty Boy // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓
Fanfiction𝐽𝑢𝑛𝑔𝑘𝑜𝑜𝑘 war noch nie besonders beliebt gewesen. Schon seit er klein war und mehr über sich selbst und wer er war heraus fand, lebte er damit, der Außenseiter zu sein. Dennoch weckte er das Interesse des beliebtesten und berüchtigtsten Stude...