Kapitel 82.

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Taehyung

Seufzend sammelte ich meine Klamotten zusammen und zog mich ziemlich schnell wieder an. Das hier hatte mich fast schon Überwindung gekostet. Es bot mir sicherlich eine willkommene Ablenkung und doch fühlte ich mich danach noch beschissener. Es war mir schwerer gefallen als erwartet, konzentriert zu bleiben. Bei jeder Berührung erinnerte ich mich an Jungkook. An die vielen intimen Momente, die ich mit ihm verbringen durfte. All die Nächte, die wir miteinander teilten und jetzt schmerzhafte Erinnerungen zurückließen.

"Hat vorhin eigentlich jemand die Tür geöffnet? Ich dachte, du hast abgeschlossen" meinte ich ein wenig unzufrieden, da ich es gerne weiterhin geheim hielt, dass ich wieder zu haben war. Eine ganze Weile entstanden die wildesten Gerüche über Jungkooks und meine Beziehung. Ich schlief mit niemandem, außer ihm. Und jetzt schlief ich mit jedem, der schnell genug da war. Dieser Fakt sollte eigentlich keine Runde machen, doch bei meinem Ruf würde es das wohl kaum.

Ich hasste diese Situation. Und um ehrlich zu sein fühlte es sich fast so an, als hinterging ich Jungkook. Als könnte ich ihn überhaupt hintergehen. Jemanden, der für ein bisschen Geld unsere Beziehung zerstörte und mich verzweifelt, durcheinander und wütend zurückließ. Er zerstörte mit voller Absicht etwas wovon er wusste, wie viel es mir bedeutete. Und was es ganz besonders für meine Zukunft bedeutete.

Ich verstand die Welt nicht mehr, nachdem mir Yoongi davon erzählte. All das ergab keinen Sinn. Und ich wusste kaum, wie ich damit umgehen sollte. Weil ich es nicht verstand. In keinster Weise konnte ich nachvollziehen, was in den letzten Tagen passierte, eigentlich fühlte es sich immernoch surreal an.

Meine Gefühle für Jungkook waren riesig. An dem Abend, als er mir seine, anscheinend unehrliche Liebe gestand, hatte ich fast das selbe getan. Aber ich wollte damit warten, es ihm am nächsten Morgen sagen, während er in meinen Armen lag und wir mit dem jeweils anderen aufwachten. In meinem Bett, nach der intimsten Nacht meines Lebens. Unser Sex war so ehrlich, leidenschaftlich und rein. Was ich an diesem Abend spürte, übertraf alles. Ich hatte niemals erwartet, dass Sex so sein konnte. Voller Gefühl, Emotion und Liebe. Etwas pures, weil wir dem anderen erlaubten, alles von uns zu sehen. Bis in unsere Seele, denn wir offenbarten viel mehr, als nur unsere Körper.

Keiner von uns sagte ein Wort und trotzdem verstanden wir uns blind. Naja. Anscheinend war alles was ich glaubte, an diesem Abend von ihm zu sehen, unehrlich und eine Masche. Ein letztes Mal wollte er noch, dass ich ihn fickte, bevor er mein Leben ruinierte. Bevor er mich ruinierte.

Ich zuckte zusammen. Hyunjin, so hieß er, so weit ich wusste, schlang nach einer Weile der Stille seine Arme um meinen Körper und presste seine nackte Haut gegen mich. Jedoch beendete ich seinen Versuch ziemlich schnell. Das hier blieb einmalig. So wie immer. Den Fehler mit Jungkook machte ich bestimmt kein zweites Mal. Vorallem nicht mit ihm. Der Sex war ehrlich beschissen gewesen. Abgesehen davon wie oft ich an Jungkook dachte.

Ich wollte ihn verabscheuen, ich versuchte es wirklich. Und doch dachte ich immer wieder an ihn, seine Berührungen, die Art, wie sich unsere Körper zusammen anfühlten oder meine Gefühle für den Jüngeren. Ganz egal wie wütend ich war oder wie sehr ich versuchte, Jungkook zu hassen, liebte ich ihn dafür viel zu sehr.

Ich wünschte, ich würde es nicht tun. Dann wäre es so viel einfacher, den Jüngeren zu vergessen. Stattdessen plagte er mich weiterhin mit den Erinnerungen an ihn. Als täte er das nicht schon genug.

"Das hier war einmalig. Ich brauchte Ablenkung durch Sex und den habe ich bekommen. Wenn du willst, kann ich dich noch nach Hause fahren, aber es wird in keinem Fall mehr zwischen uns passieren" stellte ich klar und packte meine Sachen, damit ich verschwinden konnte. Da mein Gegenüber kein Wort mehr erwiderte, nahm ich das als ein Nein auf meine Frage und machte mich somit aus dem Staub.

Seufzend und unzufrieden, zudem in keinster Weise stimuliert. Diese Ablenkung bewirkte offensichtlich das Gegenteil von meiner Erwartungshaltung, mit der ich diesen Fick anging. Eigentlich plante ich, Jungkook eine Weile lang zu vergessen. Später jedoch, während sich eine ganz andere Person in meinen Armen befand, dachte ich daran es wäre er.

Den Jüngeren zu vermissen war qualvoll. Wie konnte ich ihn vermissen, nachdem was er getan hatte. Wieso wollte mein Körper ihn immernoch bei sich, in meinen Armen, anstatt bei einem anderen Kerl. Der Gedanke daran trieb mich in den Wahnsinn. Dass er vielleicht ähnliche Ablenkung suchte, wie ich. Dabei hatte ich jedes Recht dazu, anders als Jungkook.

Fuck. Verdammte scheisse.

Und wenn man vom Teufel sprach. Ich hatte auf der Feier keinen Schluck getrunken und war somit mit meinem Auto zurück zum Studentenkomplex gefahren, wo ich tatsächlich den Jüngeren erkannte. Zusammengekauert, mit durchnässten Klamotten aufgrund des vielen Regens und einem zitternden Körper saß er da. Vor einer verschlossenen Tür, augenscheinlich ohne einen Schlüssel.

Und ich? Ich war auch noch so dumm, mich um ihn zu sorgen. Während er wie ein hilfloses Lämmchen da saß, vollkommen verloren, machte ich Idiot mir Sorgen um seine Gesundheit. Es regnete schon seit Stunden in Strömen und dieses schlaue Kerlchen lief, oder rannte, so fertig wie er aussah, den weiten Weg bis zur Uni. Von seinem Aufenthalt auf der Party wurde ich schon in Kenntnis gesetzt. Umso schneller ging ich ihm mit einem wahrlosen Kerl, der von mir gefickt werden wollte, aus dem Weg.

Um ihm jetzt wieder zu begegnen. Einem Häufchen elend, welches mit einem verheulten Blick an mir hochsah. Vielleicht waren es auch nur die vielen Regentropfen, sodass sein Gesicht verheult aussah, doch die großen Ringe unter seinen Augen sprachen Bände. Sie waren geschwollen von den vielen, vergossenen Tränenbächen.

Und sofort fing mein Herz an, zu schmerzen. Selbst nach all dem, was er mir angetan hatte, quälte es mich, dass ich ihn ähnlich verloren wie ich selbst sehen musste.

Denn das war ich. Verloren und diesem seltsamen Zustand hilflos ausgeliefert. Dieses Schicksal teilten wir offensichtlich. Selbst getrennt verband uns viel zu viel. Jemals über den in der Ecke kauernden Jungen hinwegzukommen etwas Unmögliches. Dafür waren meine Gefühle zu stark. Denn selbst durch Hass geblendet sorgte ich mich um Jungkook.

Seufzte also bloß, bevor ich ihm eine Hand entgegen streckte und half, wieder auf die Beine zu kommen.

"Bist du ernsthaft den ganzen Weg zurück gerannt? Bei dem Regen?" fragte ich augenrollend. Ich verstand nicht, wieso er sich entschloss zu rennen, anstatt, dass er einen Bus nahm oder eine Mitfahrgelegenheit suchte. Unwissend von seinem Besuch in dem Zimmer, wo ich mich mit dem Fremden befunden hatte. Und versuchte, abzulenken. Ein Anblick, den ich ihm gerne erspart hätte, wenn ich vorher davon wusste.

Im Endeffekt bereute ich es tatsächlich. Lieber verzichtete ich auf Sex, als das jemals zu wiederholen.

"Ich... Habe meinen Schlüssel nicht. Jimin hatte ihn und ich bin ohne... Jimin gegangen" Ich runzelte die Stirn. Mein Blick war dunkel und emotionslos. Zumindest tat ich alles, in der Hoffnung, diesen Blick aufrechtzuerhalten. In mir sah das ganze vollkommen anders aus. Davon wusste der Jüngere jedoch nichts, der nervös neben mir stand und seine Arme vor der Brust verschränkte, damit er sich selbst in seine Oberarme krallen konnte.

Ich antwortete jedoch nicht. Stattdessen gingen wir beide stumm in das Studentenwohnheim, verbrachten die Fahrt mit dem Fahrstuhl in Stille und gingen in Richtung unserer Zimmer. Bevor Jungkook jedoch in seinen Korridor abbiegen konnte, packte ich nach seinem Oberarm und hielt ihn davon ab.

Mein Verstand klagte deswegen laut und deutlich. Ich ignorierte diesen gekonnt.

"Komm mit. Du solltest deine nassen Klamotten loswerden. Krank bist du wahrscheinlich sowieso schon. Machen wir es nicht noch schlimmer" seufzte ich und klang fast ein wenig besorgt. Meine Fürsorge zu verstecken war eine echte Herausforderung, da mein Charakter darauf beruhte. Egal wie wütend oder sauer ich war, egal wie sehr er mich verletzt hatte, ich sorgte mich weiterhin um ihn.

Und ihn alleine zu lassen, konnte ich mit meinem Gewissen nicht ausmachen. Also hielt ich den verwirrten Jungen, der mich mit großen Augen anstarrte davon ab, zu gehen.

"Aber bilde dir bloß nichts darauf ein. Du kannst froh sein, dass ich kein so beschissener Mensch bin und dich nicht draußen alleine und vollkommen durchnässt sitzen lassen konnte."

Obwohl er es vielleicht verdient hätte.

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Viel Sichtwechsel, I hope that's not confusing

Pretty Boy // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt