Hyunjin fasste sich an die Stirn und schüttelte langsam den Kopf. „Fuck!“, schrie er und trat mit dem Fuß gegen seinen Kleiderschrank. Er traute sich kaum, in Felix Augen zu schauen, denn dieser saß kerzengerade mit bleichem Gesicht in dem Bett. Ein Gurgeln war zu hören und Felix rollte sich über die Matratze, sprang aus dem Bett und stürmte in das anliegende Badezimmer, wo er sich übergab.
„Scheiße Mann, du hättest das echt gewählter ausdrücken können!“, sagte Hyunjin gereizt zu Chan, welcher daraufhin die Schultern hochzog und sich verlegen den Kopf kratze. „Wie bringt man so eine Botschaft deiner Meinung nach rüber, he?“, spuckte dieser seinem Arbeitgeber entgegen, „In sowas bekommt man schließlich keine Einweisung!“
Hyunjin betrachtete ihn mit leichter Abscheu in den Augen und flüsterte nur „Idiot!“, bevor er Felix ins Badezimmer folgte, um ihm seine Hilfe anzubieten.
Felix saß aufgelöst neben der Toilette auf dem Fliesenboden und starrte auf seine Hände, knibbelte nervös an den Fingern.
„Lixie…“, murmelte Hyunjin leise und kniete sich zu Felix, um ihm dann langsam und fürsorglich über die Schulter zu streicheln. „Es tut mir leid, was passiert ist.“
Felix sah auf und erkannte die Ehrlichkeit hinter Hyunjins Worten in dessen Augen. Langsam schüttelte er den Kopf, rieb sich halbgetrocknete Tränen von den Wangen und sah ernst zu dem rothaarigen auf. „Diese Schweine sollen leiden. Ich will sie bluten sehen, nein, ich will sie bluten lassen!“
Hyunjin legte den Kopf schief und musterte sein Gegenüber, bevor er langsam Nickte. „Kriegen wir hin.“, versicherte er ruhig, bevor er laut „CHAN?“ rief.
Dieser erschien umgehend im Türrahmen des Badezimmers und wartete auf seine Anweisung.
„Wir fahren gleich zu Miss Lee. Changbin soll hier die Stellung halten und dir stündlich berichten.“
Chan nickte, murmelte ein leises „In Ordnung.“, und wollte sich auf dem Absatz umdrehen als Hyunjin ihn aufhielt: „Ich war noch nicht fertig.“, sagte er, während er sich erhob, zu seiner vollen Größe aufrichtete und Felix helfend die Hand hinhielt, damit dieser nun auch aufstehen konnte. „Du fährst in die Halle, und wartest dort auf meine Anweisung.“
Chan nickte. „Das wars.“, fügte Hyunjin noch hinzu und rieb sich angespannt den Nasenrücken.
Felix ging währenddessen rüber zum Waschbecken, um sich die Zähne zu putzen und das Gesicht mit kaltem Wasser abzuspritzen.
„Wenn ich das irgendwie ungeschehen machen…“, fing Hyunjin an, als Chan gegangen war.
„Ich weiß.“, sagte Felix knapp und ließ den verspannten Nacken knacken. „Ich weiß, aber das kannst du nicht. Leider.“ Er straffte seine Schultern und nickte sich und Hyunjin im Spiegel zu. „Können wir los?“
Hyunjin lächelte leicht, doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen.
Beide gingen sicher, dass sie ihre Smartphones dabeihatten und Felix verschob einen Spieleabend, den er mit Jisung vereinbart hatte, als Hyunjin den schwarzen Wagen aus der Einfahrt fuhr.
„Ist meine Mutter in einem Krankenhaus?“, sagte Felix ruhig, als er sein Smartphone in die Hosentasche steckte.
„Ja, derzeit ist sie noch unter Bewachung auf der Intensivstation.“
„Sie liegt in einem öffentlichen Krankenhaus? Ist das nicht gefährlich? Ich meine, wird keiner Fragen stellen?“
Hyunjin stoppte den Wagen an einer der vielen Ampeln auf dem Weg und sah Felix fest in die Augen. „Es stellt niemand Fragen.“
Felix verstand und nickte. „Wie oft kommt sowas vor?“
Hyunjin fuhr wieder los, sein Blick war wieder nach vorne gerichtet. „Was genau meinst du?“
„Na das jemand ins Krankenhaus kommt, rausgeschnittene Zunge, fehlende Finger und wer weiß was noch für Verletzungen…“, Felix bemühte sich die Worte gefasst aussprechen zu können. Er schluckte zwischendurch, als würde ihm wieder übel werden, doch er ließ sich nichts anmerken, er wollte sich zusammenreißen und das tat er auch.
„Nicht oft.“, sagte Hyunjin leise. „Das liegt aber nicht daran, dass es diese Fälle nicht oft gibt, sondern daran, dass die Opfer es meist nicht überleben.“
Felix nickte und sah aus dem Fenster. „Wieso lebt meine Mutter dann noch?“
Hyunjin zog die Augenbrauen zusammen und räusperte sich leicht. „Ich habe zwei Vermutungen. Entweder ist sie nur eine Marionette und man möchte durch sie an dich kommen oder deine Mutter war beziehungsweise ist eine Botschaft, sowas wie eine Vorwarnung.“
„Verstehe… Aber wer könnte hinter all dem stecken? Was will man von mir? Ich habe doch nichts.“, flehend sah Felix hinüber und suchte verzweifelt nach einer Antwort in Hyunjins Augen. Wieder einmal überkam ihn das Gefühl, als würde die Welt stehenbleiben um daraufhin zusammenzubrechen. Was hatte er übersehen? Hatte er überhaupt was übersehen und gab es überhaupt etwas zu übersehen?
„Das finden wir heraus. Ganz sicher.“, sagte Hyunjin fest und parkte den Wagen in dem großen Parkhaus des Krankenhauses. Bevor Felix sich abschnallen konnte, fasste Hyunjin ihn an seinem Kinn und drehte sein Gesicht zu sich herum. „Lixie, wenn was ist… Ich bin für dich da. Okay? Du stehst das nicht alleine durch!“
Felix nickte langsam und griff Hyunjins Hand, um seine Wange darin zu schmiegen. „Ich weiß, danke.“
Hyunjin entzog langsam seine Hand und schüttelte leicht den Kopf bevor er sich abschnallte und leise sagte „Dank mir nicht. Schließlich bin ich derjenige, der dich in diese Scheiße reingezogen hat.“, bevor er aus dem Wagen stieg und die Tür zuknallte. Felix schnappte nach Luft und stieg dann selber aus. „Moment, was? Sag das nochmal.“, sagte er laut und lief hinter Hyunjin her, welcher sich nur umdrehte um sicher zu gehen, dass er den Wagen mit der Fernbedienung abgeschlossen hatte und nicht weiter auf Felix einging.
Felix erhöhte sein Tempo, um mit dem Rothaarigen Schritt zu halten und ihn am Oberarm zu greifen. „Bleib bitte stehen!“. Hyunjin blieb daraufhin stehen, stand aber noch immer mit dem Rücken zu Felix gewandt und machte auch nicht den Anschein sich umdrehen zu wollen.
„Was meintest du da gerade? Du gibst dir wirklich die Schuld an dem Ganzen?“, fragte Felix fassungslos und hielt Hyunjin noch immer am Arm fest, welcher daraufhin nur den Blick nach unten senkte.
„Antworte mir!“, Felix Unterlippe zitterte und es war ihm egal dass er sich mitten in einem Parkhaus mit einem Freund stritt. Hyunjin seufzte und drehte sich langsam um. „Natürlich. Ohne mich wäre das garantiert nicht passiert.“ Seine Augenbrauen waren verspannt zusammengezogen und er sah Felix nicht in die Augen. Sein Blick war stur geradeaus gerichtet und seine Augen glitzerten leicht.
Felix biss sich auf die Unterlippe und schüttelte langsam den Kopf. „Wie kommst du darauf?“
Hyunjin sah ihn nun an und fragte ihn gepresst: „Kam dir etwa noch nie der Gedanke?“
Felix zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Er wusste nicht was er hätte antworten sollen. Natürlich kam ihm schon dieser Gedanke unter doch er schon ihn immer von sich, wollte sich sowas gar nicht erst denken. Er würde Hyunjin nie die Schuld an alldem geben wollen und schon gar nicht, ohne das Wissen über den oder die Täter.
Hyunjin sah Felix abschätzend an. „Ich habe meine Antwort.“
„Jinnie, das ist nicht fair!“, sagte Felix sofort, „ich gebe dir nicht die Schuld daran. Wir wissen doch gar nicht, wieso und wer hinter all dem steckt. Und du tust dein bestes um mich zu beschützen! Bitte gib dir nicht die Schuld, denn ich tue es auch nicht.“, fügte er noch beschwichtigend hinzu. Bevor Hyunjin etwas erwidern konnte, spürte Felix wie sein Smartphone vibrierte und auch Hyunjin hatte es hören können. Felix zog das Gerät aus der Hosentasche und sah dass er von einer anonymen Nummer angerufen wurde. Panisch sah er zu Hyunjin, welcher daraufhin nickte und ihm deutete abzunehmen. Felix erinnerte sich, dass er das Telefon, welches das gleiche Modell wie sein eigenes war, von Hyunjin bekommen hatte, und es wahrscheinlich überwacht wurde.
Bevor der Anrufer auflegen konnte, ging Felix ran und hielt sich das Telefon sofort ans Ohr.
„Hallo?“, er klang unsicherer als er wollte.
„Mr. Lee, wie schön von Ihnen zu hören!“
Felix sah Hyunjin in die Augen und nickte kaum merklich.
„Was wollen Sie?“, nun klang Felix‘ Stimme fester und wesentlich gereizter.
„Ach, nichts bestimmtes. Ich wollte nur sichergehen, dass mein Geschenk angekommen ist.“
„Geschenk? Willst du mich verarschen?!“, ungläubig fuhr Felix sich mit der Hand durch die Haare und bemerkte kaum, wie Hyunjin ihn am Oberarm fasste, um ihn ein wenig zur Seite zu bugsieren. Im Schutz eines großen Stahlträgers des Parkhauses, lehnte Hyunjin sich gegen diesen und schirmte Felix vor neugierigen Blicken ab.
„Tz, du wirst das noch zu schätzen wissen! Ich hätte deine verdammte Mutter auch einfach umbringen lassen können! Wie würdest du das finden?“
Der Stimmenverzerrer, den der Anrufer nutzte, lies die Worte noch schrecklicher klingen und es lief Felix kalt den Rücken herunter.
„Du elender Bastard! Du wirst dafür leiden!“, schrie der Blonde in sein Telefon und Hyunjin tippte ruhig auf seinem Handy herum.
„Ach Felix, ich leide doch schon…“, sagte der Anrufer und trotz der verstellten Stimme, konnte Felix einen Hauch Traurigkeit heraushören. Doch bevor Felix etwas erwidern konnte, brach der Anruf ab.
DU LIEST GERADE
LOVE will tear us apart. •Hyunlix•
FanficWar es das wirklich wert? All die Tränen, das Leid, das vergossene Blut. Wie lange hatte ich gehofft, dass das Ganze doch nur ein Traum sei. Ein ziemlich übler Traum. Die Art von Traum aus der man schweißgebadet aufwachte, um direkt in die Arme gesc...