Smalltalk

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Verlegen riss ich meine Augen von ihm los und zog meine Tasche vom Stuhl. Beherrsche dich, verdammte Fria. Er setzte sich, ich verschränkte meine Arme und guckte gedankenverloren zur Tafel. Mein Kopf war gar nicht bei der Sache. Er machte sich mehr Gedanken um Stellan. Warum kam er am letzten Schultag vor den Ferien? Das machte doch gar keinen Sinn. Und warum saß er neben mir?
,,Sorry, hast du einen Stift für mich?"
Mein Kopf fuhr herum und setzte sofort aus, als ich den Neuen anschaute. Da waren diese haselnussbraunen Wirbel in seiner Iris...
,, Ähm, was?" stotterte ich.
Sein rechter Mundwinkel zuckte kurz nach oben, dann wiederholte er seine Frage. Fahrig öffnete ich meine Federmappe und suchte den trockendsten Bleistift, den ich finden konnte raus.
,,Danke."
Er setzte an und begann Formen und Linien zu zeichnen. Überfordert von der Situation blickte ich nach vorne, leicht angespannt. Konversation war nicht meine Stärke, wenn man das bis hierhin noch nicht vermutet hatte. Da fiel mir endlich auf, dass das ja Mathe war und wir eigentlich nichts zu skizzieren brauchten.
Neugierig schielte ich aus dem Augenwinkel zu seinem Blatt hinüber. Papier und Bücher hatte Stellan dabei, doch sein Schreibzeug hatte er vergessen. Verblüfft beobachtete ich, wie er mit dem Stift ein Gesicht zeichnete. Und es sah gar nicht so schlecht aus. Als Kind hatte ich viel gemalt und dieses kleine Hobby hatte sich bis zur siebten Klasse gehalten. Danach hatte ich es aber wieder vernachlässigt und irgendwann ganz aufgehört.
Mein Sitznachbar begann nun schon mit Schattierungen, es war sehr entspannend ihm beim Zeichnen zuzusehen, auch wenn ich nicht alles erkennen konnte. Unauffällig schob ich ihm alle meine Stifte zu, während ich für ein paar Minuten in eine andere Richtung schaute. Ein weiteres Mal schnellte mein Blick zu seiner Skizze.
Ich freute mich, da er meine restlichen Schreibutensilien mitbenutzte, um sein Kunstwerk zu vollenden. Geduldig wartete ich, bis ich möglicherweise sein Ergebnis erhaschen würde, als Stellan es mir plötzlich über den Tisch schob. Verwirrt blickte ich darauf.

 Verwirrt blickte ich darauf

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Wow...
,,Wie findest du's?" flüsterte er mir zu.
Er hatte doch gemerkt, dass ich ihn beobachtet hatte, war wohl zu offensichtlich gewesen. Errötend schaute ich vom Bild zu ihm auf. Abermals zuckten seine Mundwinkel, als er mein rotes Gesicht erblickte.
Das hasste ich, immer wenn mir etwas unangenehm war oder ich mich sportlich betätigte, schoss mir das Blut in den Kopf. Und das machte mich noch unsicherer, als ich es schon war.
,,Es ist wunderschön..." antwortete ich.
,,Du kannst es behalten, wenn du willst."
,,Sicher?"
,,Klar, du hast mir immerhin die Stifte geliehen."
Ich ließ das Blatt schnell unter meinen Block gleiten.
,,Wie heißt du?" wisperte Stellan mir zu.
,,Fria. Und du?" Blöde Frage, jeder hier wusste es bereits.
,,Stellan. Zeichnest du auch?"
,,Früher mal. Aber nicht so realistisch wie du."
Er grinste und mein Kopf wurde nicht weniger rot.
,,Und was?"
,,Eher Landschaften oder Gebäude. Aber nix Normales."
,,Meinst du...?"
,,Frau Rotwego und Herr Docht, bitte lassen Sie uns doch an ihrem Gespräch teilhaben." rief der Mathelehrer.
Alle guckten uns an. Ich verlor vor Schreck die Stimme und schaute beschämt auf meine Tischplatte. Nur Stellan blieb cool.
,,Wir haben uns nur bei Aufgabe 4.c) ausgetauscht." erwiderte er gelassen.
,,Dann tauschen Sie sich gefälligst leiser aus!"
Verärgert funkelte mein Lehrer ihn noch drei Sekunden lang an, dann drehte er sich wieder um und fuhr fort. Ich sah abermals auf, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Den Mathelehrer hatte ich nie leiden können, warum wir ihn ausgerechnet kurz vor unserem Abschlussjahr auf den Hals gehetzt bekommen hatten, war mir ein Rätsel.
Von der vorderen, rechten Pultreihe starrte mich jemand an und als ich in die Richtung blickte, warf Celina rasch ihre Haare zur Seite.
Ein flaues Gefühl entstand in meiner Magengegend, als ich daran dachte, was sie mir gleich in der Pause zu sagen hätte...

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