What a night...

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Am nächsten Morgen weckte mich meine Mutter zaghaft. Sie öffnete die Gardinen und Fenster und ging dann wieder nach unten, damit ich mich umziehen konnte. Allerdings setzte ich mich erst einmal auf die Bettkante und starrte meine Füße an. Die Luft war eigentlich viel zu frisch draußen um zu lüften.

Und es brachte die Erinnerungen an letzte Nacht zurück.
Erschöpft legte ich meinen Kopf in die Hände und strich die Haare aus meinem Gesicht. Ein Tag Vorbereitung. Und der Vormittag war fast schon vorbei, so lange hatte ich geschlafen.

Tarus hatte mich und meinen Bruder nach dem Treffen der Walddrachen nach Hause gebracht. Spätestens sobald Bastiano gesehen hatte wie Tarus sich verwandelte war er höchst beeindruckt von dem Drachen gewesen.

Keine Ahnung wie spät es zu der Zeit gewesen war, ich war zu müde gewesen, um irgendetwas anderes wahr zu nehmen und für Erklärungen waren wir beide nicht bereit gewesen. Dennoch musste ich ihn heute einweihen und das würde anstrengend werden.

Seufzend grübelte ich über diese Prophezeiung nach. Es hatte so ausgesehen, als hätte mein Bruder durch seine Berührung einen Drachen erweckt, sobald er die Nebelkugel berührt hatte.

Auf einmal stand ich stocksteif aufrecht. Ich sog erschrocken die Luft ein, als mir klar wurde, dass ich ja mit Stellan verabredet war. Hastig griff ich nach meinem Handy.
Zehn Uhr, verdammter Mist!

Schnell zog ich mich an und huschte in den Flur und die Treppe hinunter. Noch ins Badezimmer, so konnte ich nicht vor die Tür! Während ich versuchte gleichzeitig Zähne zu putzen und Haare zu bürsten fragte ich mich, ob Stellan überhaupt noch da war.

Nach drei Stunden eher unwahrscheinlich. Aber vielleicht hatte meine Mutter ihn reingebeten. Oder er war doch später gekommen. Verzweifelt band ich mir einen Dutt und überlegte einen verrückten Moment lang, ob ich mich noch schminken sollte.

Keine Zeit! Mit frischem Atem flitzte ich in das Wohnzimmer und zur Terrassentür. Meine Mutter stand in der Kochnische und musterte mich lächelnd.
,,Guten Morgen. Warum hast du es so eilig?"
,,Ach, nichts wichtiges. Weißt du, ob ein Klassenkamerad heute Morgen geklingelt hat?"

Sie legte den Pfannenwender zur Seite und goss etwas Teig in die Pfanne. Sofort roch es nach gebratenem Eierkuchen.
,,Ach ja, wie hieß er gleich noch? Stellan? Bastiano ist mit ihm Spazieren gegangen, scheinen sich gut zu verstehen."

Stellan war noch hier! Ein Glück.
,,Und wo sind sie jetzt?"
,,Im Garten, sieh selbst nach."
Ich öffnete die Terrassentür und trat nach draußen. Der Rasen war noch nass vom nächtlichen Gewitter, was sich nach unserer späten Ankunft gestern noch ergossen hatte.

Und dort, in dem kleinen Gartenpavillon saßen am Tisch und auf Stühlen mein Bruder und Stellan. Tarus war nicht zu sehen. Verwundert blickte ich zum Schuppen, doch selbst da stand er nicht.
Leise schloss ich die Tür hinter mir und zog die Schuhe über, um zu den beiden rüber zu laufen.

Als ich näher kam fiel mir der gute Kleidungsstil von Stellan auf. Weißes T-Shirt und dunkelgrünes, aufgeknöpftes Hemd mit haselnussbrauner Hose. Es besaß aber nur diesen coolen Effekt, weil die Hose an den Knien aufgerissen war und er einen Knopf-Ohrring trug.

Wenn ich daneben meinen Bruder in grauer Jogginghose und weißem Pulli sah, schien er gerade erst aus dem Bett gefallen zu sein. Aber kein Hate an meinen Bruder, im Gegensatz zu mir hatte er in den letzten Jahren sein Aussehen deutlich aufgewertet.

,,Guten Morgen." kündigte ich mich an und Stellans Kopf zuckte in meine Richtung. Seine mitleidige Miene hätte ich am liebsten nicht gesehen, es erinnerte mich an alles was die letzten 24 Stunden passiert war und das stresste mich.

,,Morgen." antworteten Bastiano und Stellan gleichzeitig und ich setzte mich auf den dritten Holzstuhl. Es war genauso kalt und windig wie gestern Nachmittag, aber es ließ mich sofort wacher fühlen.

,,Na, wie geht es dir?" fragte Stellan und ich ließ mich kurz von seinen Haaren, die im Wind zerzausten, ablenken.
,,Geht so. Aber ich schätze uns geht's allen gleich."
Mein Bruder nickte und ich bemerkte erst jetzt die dunklen Ringe unter seinen Augen.

Ich holte tief Luft.
,,Bastiano... Es tut mir leid, dass ich dir nichts erzählt habe. Ich habe zu viel gewollt und ich habe die Gefahr unterschätzt..."
Seine braunen Augen guckten mich mit plötzlichem Interesse an, eine unstimmige Kombination mit seinem verschlafenen Gesicht.

,,Ich wollte nicht, dass du unnötig in Gefahr gerätst, weil du zu viel weißt. Vor allem nicht, da wir beide fast draufgegangen sind und..."
Mein Bruder unterbrach mich und ich ließ es gerne zu. Keine Ahnung was ich gleich noch sagen sollte ohne dass mir Wasser aus den Augen spritzt.
Er war glücklicherweise nicht sauer, er klang ruhig und ehrlich, so wie immer.

,,Warte mal, Fria. Ich fand es nicht cool, dass du mir nichts gesagt hast, bin ich ehrlich. Aber dass ich dir gefolgt bin habe ich mir persönlich zuzuschreiben. Ich habe tatsächlich gedacht du triffst dich mit jemanden. Jemanden, den du mir verschweigst, weil er dich verletzt oder so. Und diese Anspannung von den Schultern zu haben tut echt gut, Fria."

,,Du dachtest ich treffe mich mit wem?"
Ich dachte er machte Witze.
,,Im Ernst? Wie kommst du denn darauf?"
Ein schwaches Schmunzeln unterbrach kurz den düsteren Ausdruck auf Bastianos Gesicht.

,,Es... wirkte nur so komisch dass Stellan auf einmal hier war und du warst voll durch den Wind. Und hast gesagt, dass du gestürzt bist, obwohl dein Rad keinen Kratzer abbekommen hat. Jetzt weiß ich ja warum, Stellan konnte mir alles erzählen. Denk nur daran, dass ich für dich da bin wenn du mit mir über etwas reden willst, egal was."

Nervös fummelte ich unter dem Tisch an meinem Lederarmband herum. Doch es war nicht der richtige Zeitpunkt um mir nun noch mehr Sorgen als nötig zu machen. Es ging hier um unsere Überlebenschancen und das zählte im Moment mehr.

Ich nickte und murmelte:
,,Es tut mir leid."
,,Mir auch," meldete sich Stellan zu Wort und nickte Bastiano zu.
,,Wir haben ja schon darüber gesprochen. Jeder macht mal Fehler, vor allem wenn so viel auf einmal in ein paar Stunden passiert ist."
Da stimmte ich ihm zu. Mittlerweile kriegte ich ein wenig Angst vor mir selber.

Was hatte ich mir nur dabei gedacht, als ich Tarus überredet hatte mich mitzunehmen?
Es war wohl dieses Gefühl. Aufregung, Neugier, Vorfreude. Einfach berauschend war es gewesen auf Tarus' Rücken zu sitzen und in den Nachthimmel zu schauen. Als hätte ich luzide geträumt.

 Als hätte ich luzide geträumt

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