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Das erste Gefühl, das Kuno kennengelernt hatte, war Einsamkeit.
Sie hatte ihn jedes Mal mit gebleckten Zähnen angelächelt, wenn er die unzähligen Fotographien, Zeichnungen und Gemälde seiner Familie betrachtet hatte.
Kuno war nämlich auf keinem einzigen von ihnen.Als er jung war, hatte er nachts immer alleine im Bett gelegen und den Blick starr auf die hohe, weiße Decke gerichtet, bis ihn endlich der Schlaf erlöste.
Seine Mutter hatte ihm nie vorgesungen, immerhin hatten die Hoffmannstropfen sie schon in ganz andere Sphären katapultiert. Sein Vater war in vielen Betten, aber nie an der Seite seiner Kinder. Und die Gouvernanten? Er hatte ihr Geflüster gehört und die flüchtigen Blicke gesehen. Sie hatten Angst vor ihm.Das erste Mal, das Kuno Fürsorge erlebt hatte, war unter der Obhut der großbürgerlichen Familie Zyssen, in die sein Vater ihn verbannt hatte, als man Kuno vom Hof hatte loswerden wollen. Da war er gerade einmal neun Jahre alt gewesen.
Selbst dort war er ein Fremder gewesen.Von dieser Einsamkeit aber war nichts mehr geblieben.
Das Rattern des Zuges war wie ein Wiegenlied, als sich die Laken seines Abteilbetts samtig an Kunos Wangen schmiegten.
Es war ein einschläfernder Rhythmus, allein unterbrochen von Kerinsk ambitioniertem Geschnarche direkt gegenüber.
Im Abteil neben ihm meinte er die gedämpften Stimmen von Palinquas und Hašek diskutieren zu hören.Gegenüber dem Schloss in Neu Berun, ihrer Winterresidenz im Paßral-Gebirge und all den zahllosen Palästen mochte er in diesem Abteil zwar ein zutiefst bürgerliches Dasein fristen, aber während er hier lag, ein Passagier auf einer Fahrt ins Ungewisse, da war er zufriedener, als er es in den Marmorhallen je hätte sein können.
Dabei spürte er noch immer das Gift seiner Schwester, das aus jeder von Ernestines Silben getropft war:
Das leistet sich also jemand von meinem Blut?
Ein armer Landadeliger, eine Tschetikenschlampe und ein rundgesichtiger Dreckmagier, alle angeführt von einer dreisten Häretikerin? Was eine Schande. Und noch schändlicher ist, dass ein verfluchter Prinz so gut in diese Truppe passt.
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Die Geißel von Valon
FantasyAls Magierin in der bruktischen Armee ist Zilli Palinquas ein einziges Schicksal vorherbestimmt: Sterben für die Sünden ihrer Ahnen. Genau das hat sie getan - und den Tod selbst betrogen. Doch als eine militärische Katastrophe ewige Feindschaften un...