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Das letzte Aufbäumen des Winters erschütterte Rostograd mit peitschenden Winden und Schneegestöber.
Jeder Atemzug schmerzte vor Kälte und Krabat schlang den roten Umhang enger um seine Schultern, doch der Frost ließ das Leben in diesem Viertel nur heißer brennen.
Für den Bruchteil einer Sekunde hätte man sich dem Traum hingeben können, auch der Krieg wäre nichts als eine Schneewehe.Fast. Denn die Gewissheit, dass nur wenige hundert Meter entfernt über das Schicksal ihres Landes entschieden wurde, brannte in seinem Nacken und beschleunigte seine Schritte.
Kinder flitzten über Straßen und den gefrorenen Fluss, lachten, kreischten und warfen sich in den Schnee, während die kleinbürgerlichen Bewohner der Uferregion in den zahlreichen Geschäften und Lädchen verschwanden. Ständig klingelten Glöckchen oder alte Frauen fluchten, als ihnen schrumpeliges Gemüse aus den Beuteln fiel.
Aber all das wurde begleitet von dem Ächzen des Eises, denn Arbeiter schnitten gigantische Blöcke aus dem gefrorenen Fluss und verfrachten es auf Schlitten, damit sie im Sommer die Kühlräume füllen konnten. Ihre rauen Stimmen sangen Lieder über Wintergeister und Sagengestalten, die selbst die Flammen abkühlen ließen.Trotz dem munteren Treiben bemerkte er die Blicke.
Sie wanderten über die Uniform, blieben an dem Zeichen des Blitzes hängen, bis ihm jeder mit gesenktem Blick auswich und leise Stoßgebete hinter seinem Rücken gemurmelt wurden.Und erst jetzt dämmerte ihm, wie selten er den Liwijenko-Palast ohne Vasily verlassen hatte. Oder irgendjemand anderen.
Immer nur war er hinterhergelaufen, ein drohender Schatten im Hintergrund, der sich gerne in den Nischen verkroch.Also tat er das, was er in den letzten drei Jahren am besten gekonnt hatte:
Er verschwand in den Schatten anderer.Der Sturmbote schlüpfte durch die Lücke zweier Krämerhäuser, quetschte sich durch den Spalt einer Mauer und schlängelte sich zwischen moosüberwucherten Gemäuern hindurch.
Doch für eine kurzen Moment stockte er, als er sich an einem verwitterten Schrein vorbeidrückte. Hier, in dieser Gasse für Diener und Dienstmänner, von allen vergessen, fand er ein Relikt aus einer Zeit, bevor die Moiren aus dem Süden zu den Narecnitsy der Gegenwart geworden waren und die alten Götter zu bloßen Heiligen degradiert hatten.
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Die Geißel von Valon
FantasyAls Magierin in der bruktischen Armee ist Zilli Palinquas ein einziges Schicksal vorherbestimmt: Sterben für die Sünden ihrer Ahnen. Genau das hat sie getan - und den Tod selbst betrogen. Doch als eine militärische Katastrophe ewige Feindschaften un...