-Band I-
»Ein wahrer Anführer stellt sich weder über, noch unter seine Katzen. Er ist eine von ihnen!«
Ginsterpfote wird von seinem Vater Glutstern zum Heilerschüler ernannt, doch als der SturmClan-Kater versucht einer Katze zu helfen...
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3. Kapitel | Der Traum
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EIN EISKALTER Nachtwind fegte über den Schnee des weiten Heidegebietes, wirbelte ihn auf, sodass die einzelnen Flocken der Kätzin in die Augen stachen, die sich zu dieser Zeit in beachtlich schnellen Tempo, immer weiter vom Zweibeinerort entfernte. Ihr leicht geschwollener Bauch verriet, dass sie Junge erwartete. Ihr roter Pelz war sonst immer gepflegt und glänzte in der Sonne, doch jetzt war er von dem peitschenden Wind ganz durcheinander.
Die große, freie Fläche war nicht gerade optimal um sich zu verstecken, doch es war ihre einzige Wahl. Nirgendwo anders konnte sie sich aufhalten. Sie war vertrieben worden, eiskalt ausgestoßen und nun hatte sie niemanden mehr. Allein der Gedanke brachte sie zum Fauchen. Nichts hatten sie getan, einfach nur zugesehen, wie sie fast starb. Wie Zähne sich in ihr Nackenfell gebohrt hatten und daran gezerrt hatten, bis ihr das Atmen versagt gewesen war. Noch jetzt schmerzte ihr Körper bei der Vorstellung. Nicht einmal ihr Gefährte hatte ihr helfen wollen.
Frustriert wollte sie versuchen ihre ohnehin schon eiligen Schritte weiter zu verschnellern. Verflucht sollten sie sein! Diese bienenhirnigen Nichtsnutze hatten ihr alles versprochen und sie dann schamlos fast sterben lassen. Wäre sie doch bloß bei ihren Zweibeinern geblieben. All das hätte nicht passieren müssen, wäre Curry nicht zu ihr gekommen und hätte sie mit seinem Gerede davon überzeugt mit ihm zu gehen. Am liebsten hätte sie den Kater angefaucht, er solle aus ihrem Leben verschwinden. Für immer. Und doch sehnte sich ein Teil von ihr neben seinen warmen Pelz, wollte ihm zuhören wie er voller Vorfreude über die Jungen sprach, die sie von ihm erwartete.
Ein lautes Bellen durchzog das Rauschen des Windes und die Kätzin zuckte zusammen. Sie waren wieder da, gekommen um sie endgültig zu töten, sie und ihre Jungen. Es war als wäre ihre Kehle zugeschnürt, ihre Schnurrhaare zitterten und ihre Beine wurden weich.
Sie schmeckte die Luft. Tatsächlich. Alle drei Hunde mussten ihr wohl gefolgt sein. Sie biss hart die Zähne zusammen. Es war praktisch ausweglos. Wenn sie zurück in den Wald oder Zweibeinerort flüchtete, würden Curry oder die Hunde sie mit Sicherheit finden und auf der Heide kannte sie sich nicht aus. Die Kätzin beschloss, dass sich ihr im Rennen die größere Überlebenschance bot.
Es dauerte nicht lange, da bereute sie ihre Entscheidung. Die Hunde hatten sie gewittert und kamen ihr nun immer näher. Ihr Pelz wurde abwechselnd heiß und kalt, ihre Pfoten schmerzten schrecklich und lange könnte sie auch nicht mehr durchhalten. In der Ferne zeichneten sich Hügel und weitere Bäume gegen das grelle Licht des Mondes.
Der Schnee wurde tiefer, was das Laufen unheimlich erschwerte und die rote Kätzin kam kaum voran. Sie konnte den heißen Atem des größten Hundes förmlich spüren und ihr entwich ein kleiner Schrei als die Pranke des einen Hundes auf ihrem Rücken landete. Seine Krallen waren zum Glück nicht scharf, doch sie schwankte unter dem enormen Gewicht. Jetzt schlug der etwas kleinere Hund nach ihr und hinterließ eine blutige Kerbe in ihrer Flanke. Die Kätzin schrie schrill und laut auf, doch ihr verzweifelter Ruf nach Hilfe wurde vom Wind gedämpft. Panisch zappelte sie und schlug mit ihren Krallen wild um sich, sie musste bloß weg. Vielleicht war es der Moment, in dem sie realisierte, dass sie die Jungen, die sie erwartete zwar nicht mehr gewollt hatte, doch alles dafür tun würde sie zu beschützen, schließlich waren es immer noch ihre Jungen.
Warmes Blut floß dort am Rückgrat der Kätzin herunter, wo abgestumpfte Klauen sie getroffen hatten. Sie taumelte und versuchte sich zu sammeln, zwecklos. Stolpernt erreichte sie den zweiten Waldteil und schlug mit letzter Kraft Haken um die dunklen Bäume, die ihre langen Äste scheinbar endlos in den Nachthimmel erstreckten. Sie spürte die Präsenz der Hunde hinter ihr und wagte es kaum sich umzusehen.
Eine riskante Idee bildete sich in ihrem Kopf. Vielleicht fand sie noch genügend Kraft um auf einen der umstehenden Bäume zu klettern. Sie wählte eine dicke Eiche, da die Rinde dieser Bäume normalerweise recht weich war. Aus dem Laufen heraus sprang sie an den Stamm und hangelte sich vom den tiefsten Ast weiter hinauf. Unbeholfen strampelnd erreichte sie eine Astgabel, die hoch genug lag um einen guten Ausblick zu haben. Ihren Atem beruhigend lauschte die Kätzin. Die Hunde waren unten am Baum zu hören, doch hinunterzusehen, wagte sie nicht.
Als die dumpfen Pfotenschritte verklangen, kletterte die Kätzin ruhiger und dennoch vorsichtig zu Boden. Erleichtert ließ sie sich zwischen die Wurzeln der Eiche sinken. Ihr Herz klopfte laut und viel zu schnell. Wieder war sie nur knapp dem Tod entkommen. Sie war nun in Sicherheit. Der Schmerz in ihren Verletzungen ließ langsam nach und sie fiel vor Erschöpfung in einen flachen Schlaf. Vielleicht würde jetzt alles besser werden. Vielleicht boten sich ihr neue Wege die weniger gefährlich waren.
Ginsterpfote schreckte hoch. Eine Pfote stach unangenehm in seine Flanke. Als seine Sicht sich klärte, konnte er Erlenfluss' Umriss vor den rauen Steinwänden erkennen, die in einer ungesunden Haltung vor ihm kauerte und immer wieder zuckte.
»Ich ha-abe Mage-enkrämpfe...«, japste sie leise.
Der Heilerschüler nickte verstehend und rappelte sich ein wenig zu schnell auf. Sein Kopf schwirrte noch und er tapste leise an Muschelfrosts Nest. Der Heiler lag zur Kugel zusammengerollt auf einem spärlichen Nestpolster aus halbtrockenem Moos, wenigen Federn und lieblos ausgerupftem Gras. Erlenfluss hatte näher an ihm gelegen als an dem Älteren und konnte ohnehin bestimmt schon nicht weit laufen, ihren Schmerzen nach zu urteilen. Selber hatte Ginsterpfote nur selten Bauchschmerzen, er neigte eher zu Kopfschmerzen wenn ihn etwas verwirrte, wie im Moment oder etwas ihm zu viel wurde.
»Muschelfrost?« Ginsterpfote stupste seinen Mentor sanft an. Sobald dieser etwas verwirrt erwacht war, leitete Ginsterpfote ihn direkt an die Kriegerin weiter, die in der Ecke kauerte und sich kaum bewegte. Sein Mentor torkelte erst schlaftrunken, dann schien er sich zu fassen. Ungern wollte Ginsterpfote sie selber behandeln, durch Müdigkeit war er sich sicher, er würde etwas Falsches machen und der Gedanke an Silberhimmel machte es nicht besser. Ihm wurde unwohl bei dem Gedanken an die Silhouetten der geisterhaften Gestalten, die einen falschen Pfad beschrieben hatten. Bestimmt hatte Ginsterpfote diese Vision nur versehentlich erhalten. Zumindest war er sich sicher, dass es unnötig wäre, jemandem davon zu berichten, denn nichtmal er selbst konnte aus den drei Worten etwas Vernünftiges deuten. Eine Weile noch beobachtete er Muschelfrost, der beruhigend auf Erlenfluss einsprach, dann sankt er erneut in einen tiefen Schlaf. Seinen Traum von der fliehende Kätzin hatte er längst vergessen.