Teil 11

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„Wie viel weißt du noch von heute Nacht?", fragte Victor, setzte den Karton ab und strich sich die schweißnassen Haare aus dem Gesicht. „An was soll ich mich erinnern, bitteschön?", gab ich zurück. Victor legte den Kopf auf die Seite. „Soweit ich weiß, bist du immer noch die Herrin der Bestien, oder?", fragte er mit glitzernden Augen. Ich zögerte. „Keine Ahnung", sagte ich dann kurz. Victor packte mich am Oberarm. „Lass mich los!", fauchte ich und versuchte meinen Arm seinem Griff zu entreißen. Funktionierte nicht. „Mia, hör mir zu", drängte er, „ich weiß, dass irgendwo in dir alle Erinnerungen sind. Du musst sie nur finden." Mit aller Kraft bekam ich meinen Arm wieder frei, drehte mich beleidigt um und schloss meine Wohnungstür hinter mir. Doch Victor hatte irgendwie Recht. Immer wieder dachte ich an meine Zeremonie und versuchte zu ergründen, warum das geschehen war. Ein Verdacht stieg in mir auf. Die Zeremonie war Teil eines großen Ganzen gewesen. Ich brauchte alle meine Erinnerungen. Kaum hatte ich diesen Gedanken gedacht, brach etwas in meinem Kopf auf. Wie eine Quelle sprudelten alle Geschehnisse an die Oberfläche. Ich brauchte Victor, um gegen Felix bestehen zu können. Entschlossen riss ich die Tür auf. Victor schrie vor Schreck auf und machte einen Satz nach hinten. Wortlos drängte ich mich an ihm vorbei und jagte die Treppe hinunter. „Mia, warte!", rief Victor und folgte mir, obwohl ich nicht langsamer wurde. 

Die Sonne neigte sich langsam zum Horizont, als ich durch die Haupttore des Schlosses lief, Victor wachsam hinter mir. Die Wachen an den Grenzen hatten uns kommentarlos durchgelassen, sie hatten mich erkannt. „Herrin", begrüßte Cabaro mich im großen Saal und neigte den Kopf. „Wo sind Lykaon und Flamme?", fragte ich nur. Cabaro blinzelte. „An den Grenzmauern." Die Löwenbestie hob den Kopf und schickte ein tiefes Brüllen gen Himmel. Von der nordöstlichen Seite antworte ein Heulen, aus der südlichen ein hallender Schrei. Wenig später kamen beide Leutnants gleichzeitig im Saal an. Lykaon neigte respektvoll den Kopf. „Bei Mondaufgang greifen wir Felix' Festung an", sagte ich. Überraschung blitzte in Flammes Augen auf. „Seid ihr euch sicher, Herrin?", fragte Cabaro unsicher.

Herrin der BestienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt