»Du!«, zischte ihr Arthur bedrohlich entgegen, während er sie noch immer fest am Kragen ihres Hemdes gepackt hielt.
Eine höhnische Grimmasse schlich sich auf sein Gesicht, grinste Ava siegessicher entgegen und jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Die zarten Härchen, welche überall auf ihrem Körper verteilt waren, stellten sich auf, als Arthurs heißer Atem auf Avas Gesicht traf und ihr eine Gänsehaut bescherte. Ungehalten drang der brennende Geruch nach Alkohol und Rauch in ihre Nase, biss sich dort in ihre feinen Schleimhäute und weckte alte Erinnerungen. Erinnerungen an Eric; wie er sie festhielt. Eng umklammert, handlungsunfähig und keine Chance zum Befreien, zum Fliehen. Das Gefühl der ihr zu gut bekannten Machtlosigkeit breitete sich in ihr aus; verpestete ihren Verstand und unterdrückte jegliche Vernunft.
Avas Brustkorb hob und senkte sich schnell, sie atmete schwer und unkontrolliert. Die Panik war ihr aufs Gesicht geschrieben. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Arthur ins Gesicht, beobachtete jeden seiner Züge und sah hilflos dabei zu, wie sich sein Gesicht immer mehr zu dem von Eric verwandelte. Zunächst das schwarze, lockige Haar, dann die knollige Nase mit ihren großen Nasenflügeln und schließlich das markante Kinn, welches von seinem üblichen drei-Tage-Bart eingebettet wurde.
Alles in ihr sträubte sich und wollte weg von diesem Mann, doch ihr Körper gehorchte nicht, sie blieb wie angewurzelt stehen. Kein Laut kam über ihre Lippen, obwohl sie schreien wollte. Schreien und weinen, gar vielleicht sogar betteln, wie sie es früher getan hatte. Trotzdem blieben ihre Lippen fest aufeinandergepresst, so verkrampft wie jeder Muskel und jede Faser ihres Körpers. Es war, wie einer ihrer Albträume, der Ava die ganze Nacht gefangen hielt, folterte und sie erst am späten morgen schweißgebadet und fertig mit den Nerven ausspuckte. Ava hatte Wochen, bestimmt mehrere Monate nicht richtig geschlafen und die Angst vor Eric, dass er ihr nachreisen könnte, ließ auch hier an diesem von ihm weit entfernten Ort, keine erholsame Nacht zu.
Blitzschnell nahm Arthur seine Hände von dem weißen Kragen seines Gegenübers, starrte seine Handinnenflächen zunächst schockiert an und richtete seinen Blick schließlich wieder auf die verkleidete Frau vor ihm. Es war die Frau aus dem Pub, abermals als Mann verkleidet, doch diesmal setzte sie einen drauf und wagte es ihm zu folgen.
Versteckt hatte er sich, seinen Verfolger gepackt, zu sich gewirbelt und schon wieder, als die junge zierliche schwarzhaarige Frau aus seinem Stammpub entlarvt. Zunächst hatte sich ein siegessicheres Grinsen auf sein Gesicht gestohlen, da er froh darüber war sie wieder getroffen zu haben und wohlmöglich endlich mehr zu erfahren, doch als sie zur Salzsäule erstarrte, jeden ihrer Muskeln anspannte und ihn entgeistert, sogar voller Furcht anstarrte, ließ er sie sofort los und verstand nun gar nichts mehr.
Was hatte er getan? Arthur hatte sie nur am Kragen ihres Hemdes gepackt, das konnte ihr nicht wehtun? Vor allem war es ihr sichtlich zu groß und packte den wohlgeformten Körper ein, als wäre es Watte. Was war also los mit ihr?
Geschockt, aber auch neugierig musterte er das verzerrte Gesicht vor ihm, wollte etwas sagen, doch wusste er nicht recht um die Formulierung. Es ist alles gut? Nein. Es wird alles gut? Nein, das passt ebenfalls nicht, denn was geschah überhaupt?
»Ich-«, begann Arthur und wollte sich am liebsten die Haare raufen, als sich bei dem Klang seiner Stimme Tränen in ihren Augen formten, ihre Iriden nässten und das im Grün versteckte Blau eines Ozeans zum Vorschein brachten. Er wusste einfach nicht, wie man jemanden tröstete. Geschweige denn, wie man jemanden trösten sollte, wo einem die Ursache der Trauer nicht bekannt war. Außerdem hatte er noch niemals in seinem Leben jemanden getröstet. Sich so sehr um jemanden gesorgt, dass er seine Schwache Seite in seiner Nähe duldete.
Gewiss umgab sich Arthur regelmäßig mit verschiedensten Frauen, doch hatte er sie, sobald sie mit Gefühlen ankamen und Drama entfacht haben, hinausgeworfen; in die Wüste geschickt. Frauen waren für ihn stets ein Vergnügen, nie ein Rätsel gewesen und hatten ihn definitiv noch nie in solch einem Ausmaß zum Nachdenken gebracht.
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Der Auftrag - Peaky Blinders
FanfictionGezwungenermaßen muss Ava nach Birmingham ziehen und gegen ihren Willen einen Auftrag ausführen. Noch immer ist sie in ihrer Vergangenheit gefangen und wird von ihr regiert. Wie es dazu kommen muss, gerät sie an die Peaky Blinders oder sind diese s...