Kapitel 13

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Lexana

Nach einigen Metern fällt mir auf, dass Damien und ich immer noch unsere Hände verschränkt haben. Vorsichtig will ich meine Hand aus seiner lösen, als er den Druck erhöht. "Bitte Lexana. Nur noch den restlichen Weg zurück zur Siedlung." bittet er mich. Seinem Welpenblick kann ich kaum widerstehen, wodurch ich geschlagen nicke. Gestehe es dir doch selber ein Lexana, du magst es, wenn er deine Hand hält.

Schweigend gehen wir durch den morgendlichen Wald. Die Tiere erwachen und füllen den Wald mit Leben. Die Sonne steht nun wesentlich höher, als vorhin. Aus dem Augenwinkel kann ich Merle sehen, wie sie grinst, immer wenn sie zu uns schaut.

In der Siedlung verabschieden wir uns von Merle. Diese spricht gähnend "So schön es auch heute Nacht war, aber jetzt bin ich todmüde und werde erst einmal schlafen. Vergnügt euch schön." Merle zwinkert mir zu und verschwindet in die Richtung ihres zu Hauses.

Sprachlos schaue ich ihr hinterher. Ein Zug an meiner Hand holt mich wieder ins Hier und Jetzt. Ich schaue zu Damien der mich verschmitzt angrinst. "Schlag dir das, an was du gerade denkst mal schnell wieder aus deinem Kopf." "Also keine Kuscheleinheit mehr?" fragt er gespielt entäuscht. Ich schüttel meinen Kopf, kann mir aber das Lächeln nicht verkneifen.

Wir können das Beta-Haus schon sehen, als sich die Atmosphäre plötzlich ändert. Die Temperatur wird schlagartig kälter und der Boden bebt. Schnell löse ich meine Hand aus Damiens und richte mich auf. Dunkler Nebel bildet sich vor uns auf dem Weg. Aus eben diesem Nebel richtet sich ein Mann mit einer gefährlichen Ausstrahlung auf. Sein Haar ist pechschwarz und seine Augen sturmgrau. Er ist genauso groß wie Damien, nur nicht so breit gebaut, trotzdem hat er Muskeln. Diese sind aber durch seinen schwarzen Umhang verdeckt.

Meinen Arm lege ich auf meine Brust und senke meinen Blick. "Azrael. Es ehrt mich, dass ihr hier auftaucht." "Tue nicht so Lexana. Warum hast du einen Auftrag von Luna angenommen?" grollt er dunkel. Mein Blick gleitet kurz zu Damien, was Azrael ebenfalls bemerkt und wohl versteht. "Komm her Lexana." Gerade einen Schritt komme ich weiter, ehe Damien mich aufhält. "Ich vertraue ihm nicht Lex." "Das verstehe ich, aber eigentlich arbeite ich mit Azrael zusammen und nicht mit Luna. Wir kennen uns schon Jahre. Vertraue mir, bitte." Seinen inneren Kampf kann ich in seinen Augen sehen. Dann seufzt er ergebend auf. "Könnt ihr in Sichtweite bleiben?" Fragend schaue ich zu Azrael. Dieser zieht eine Augenbraue hoch und gibt dann kaum merklich sein Einverständnis.

So löse ich Damiens Hand um mein Handgelenk und gehe zu Azrael. "Erschaff einen Kreis der Stille." spricht Azrael gleichgültig. Mit einigen Worten meinerseits erschaffe ich eben jenen Kreis. Somit dringen Geräusche weder von innen nach außen, noch von außen nach innen.

"Warum hast du ausgerechnet diesen Auftrag angenommen Lexana?" fragt mich Azrael und ich kann etwas Besorgnis aus seiner Stimme heraushören. "Luna hat mich gebeten. Sie meinte nur ich wäre dafür geeignet." Verzweifelt fährt er sich durch seine Haare. "Natürlich hat sie das gesagt." meint er sarkastisch. "Dieser Auftrag kommt alle hundert Jahre wieder. Und alle hundert Jahre ist das der Moment wo die meisten Wesen sterben. Immer geht es um ein Matepaar und einen Bewahrer, der das Paar beschützt. Doch jedes Mal stirbt der Bewahrer und meistens auch das Paar, kurz nach der Erfüllung. Ich will nicht, dass dir das auch passiert. Du, Luzifer und ... egal, ihr seid die einzigen, mit denen ich reden kann. Du bist eine Freundin Lexana."

Meine Gefühle schwanken zwischen Bestürzung und Zuneigung hin und her. Dann gewinnt die Zuneigung und ich schließe ihn in meine Arme. "Du wirst mich nicht verlieren Az." "Az?" fragt er verwirrt. "Azrael klingt so erhaben und da wir Freunde sind, passt das doch. Aber ich habe eine Frage?" Auffordernd hebt er seine Augenbraue. "Wenn ich, also ich, du...?" "Sprich es einfach aus." "Sollte ich aus meinem Zirkel austreten, würdest du vielleicht trotzdem mir ein paar Aufträge geben?" Nachdenklich schaut er mich an. "Solltest du den Austritt überleben, würde ich mich weiterhin an meine Freundin wenden, die weiß, wie sie meinen Auftrag zu erfüllen hat." Ein Stein fällt von meinem Herzen. Ich könnte das weiter machen, was ich liebe und mich trotzdem für Damien entscheiden. Naja, vorher sollte ich ihm vielleicht eine Chance geben.

"Du hast einen Mate. Luna hat dir diesen Wolf da gegeben oder?" stellt er fest. Ich schaue zu Damien der aufgebracht auf und ab läuft, wie ein Tier im Käfig. Dabei behält er mich die gesamte Zeit im Auge. "Ja und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich machen soll. Bisher habe ich ihn auf Abstand gehalten." Er atmet schwer durch. "Glaub mir, ich verstehe dich nur zu gut. Aber was ich dir sagen kann ist, dass die Götter sehr genau wählen, wen sie zu Mates machen. Auch wenn ich es selber teilweise nicht verstehe." Ich lächle ihn an. "Ja, vielleicht hast du recht. Auf jedenfall wäre es ein weiterer Grund, um zu überleben." Ernst sieht er mich an. "Sei vorsichtig. Bitte. Dieser Auftrag ist gefährlich." Ich nicke ihm zu. Azrael küsst meine Stirn und verschwindet dann wieder in seinem Nebel.

Ich löse den Kreis der Stille auf und werde prompt an einen knurrenden Werwolf gezogen. "Wer ist er?" knurrt er gereizt. "Das war Azrael. Der Gott des Todes. Die meisten kennen ihn als Todesengel, was man leicht verwechselen kann, mit seinen Flügeln. Zusammen mit Luzifer ist er der Herr der Unterwelt. Wenn die Menschen oder Wesen sterben, dann kümmert sich Azrael mit seinen Sensenmännern um die Seelen. Sie werden in die Totenwelt gebracht und von dort kommen sie falls notwendig zu Luzifer, wo sie bestraft werden. Jeder Gott und Göttin haben ihre eigene Welt, wo die Seelen ansonsten ihr Leben nach dem Tod verbringen. In Lunas Welt ist es zum Beispiel immer Vollmond. Der Wald und die weiten Felder und Wiesen sind wunderschön. Auch Inaris Welt ist wundervoll. Sie ist asiatisch angehaucht und meistens ist es Nachmittags. Aber das wirklich Besondere ist die Welt zwischen den Welten der Götter. In ihr können alle Wesen sein, deren Mate oder Gefährte ein anderes Wesen ist, als sie selber." Erstaunt schaut mich Damien an. "Was?" frage ich unsicher nach. Damien schüttelt sich kurz "Das ist so verrückt, dass du die Götter kennst, die die wir anbeten aber meistens nicht kennen lernen." "Ich würde sagen, seid froh darum. Sie mischen sich nur ein, wenn es wirklich nötig ist. Ansonsten werden wir nur geschickt." Er lächelt und gähnt dann. "Komm, wir gehen schlafen." damit ziehe ich ihn zum Haus. "In einem Bett?" fragt er grinsend. Prüfend schaue ich ihn an. "Wenn es nur schlafen ist." Verdattert schaut er mich nun an. Schmunzelnd gehe ich ins Haus und die Treppe hoch. Oben angekommen rufe ich runter "Also wenn du nicht willst, kann ich auch wieder in meinem Bett schlafen." Schon höre ich seine Schritte auf der Treppe. Na dann habe ich mich wohl vorerst entschieden.

Die BewahrerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt