Kapitel 1

177 4 0
                                    

Ich griff nach meinem Ledergürtel, und fluchte, als ich die Schnalle nicht öffnen konnte. Schwer schnaufend sah ich auf meine zitternden Hände. Ich schloss meine Augen, atmete tief ein und aus und versuchte mein wild schlagendes Herz zu beruhigen. Das Rauschen in meinen Ohren klang langsam ab, und ich konzentrierte mich auf die Geräusche in meiner Umgebung:

Sanftes Rauschen der Blätter.

Knackende Äste.

Vogelgesang.

Ein plätschernder Bach.

Ich schlug meine Augen auf und schaffte es endlich meinen Gürtel zu öffnen. Lieblos warf ich ihn vor meine Füße und betrachtete das nervige Teil.
Apropos nervig...
Mein Blick glitt zu Navi, die sich weit entfernt auf einem Stein niedergelassen hatte und sich sonnte. Sie bemerkte meinen Blick, schwieg jedoch oder besser gesagt, schmollte still vor sich hin.
Jap. Sie war immer noch sauer auf mich.
Wir hatten einen... unschönen Streit... im Wassertempel... und das alles wegen...
Ich schnalzte verärgert mit der Zunge und zog mir meine pitschnasse Tunika aus, gefolgt von meinen Schuhen, meiner Leinenhose sowie Unterhose. Zum Schluss riss ich mir meine Mütze vom Kopf. Meine Umhängetasche und mein Geldbeutel lagen hinter mir unter einem Baum, wo sich ebenfalls mein Master-Schwert, mein Hylia-Schild und mein Köcher samt Bogen befanden. Leise murrend ging ich zum Bach, kniete mich davor und begutachtete mein Spiegelbild im Wasser. Ein großer blauer Fleck zierte meinen linken Oberschenkel, ein weiterer, jedoch kleinerer Fleck befand sich unterhalb meines Bauchnabels. An meinen Handgelenken waren violett -blaue Abdrücke zu erkennen, und meine Ellbogen waren gerötet. Sonst hatte ich nichts, keine Schnittwunden, keine gebrochene Nase oder derartiges, was ich sonst so gewohnt war. Ich ließ meine Hände ins Wasser gleiten und wusch mir das Gesicht, anschließend fuhr ich mit meinen Fingerkuppen über mein linkes Handgelenk - genau über den violett-blauen Abdruck.
Eine kribbelnde Gänsehaut breitete sich über meinen gesamten Körper aus und ich biss mir wütend auf die Unterlippe. Wütend auf mich selbst. Ich ballte meine Hand zur Faust und schlug laut fluchend auf die Wasseroberfläche. Das mir durch diese Aktion das Wasser unsanft ins Gesicht spritzte, war logisch und gleichzeitig war's mir herzlich egal. Navi war vor Schreck zusammengezuckt und war automatisch nach oben geschossen, flog unruhig über den Stein, während sie in meine Richtung starrte. Es schien so, als wollte sie etwas sagen, doch sie ließ sich wieder auf den Stein nieder.

Einige Minuten vergingen, ehe ich mich erhob und anfing kleine Äste zu sammeln, dass ich das komplett nackt tat, war mir ebenfalls egal. Als ich genügend Äste zusammen hatte, dazu trockene Rinde, und meine Umhängetasche anvisierte, frischte der Wind auf.
Die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, und ich spürte ein Kribbeln in der Nase - ich unterdrückte ein Niesen.
Ich ging zurück, kickte dabei genervt einen kleinen Stein weg, der mich frech und kurz gepeinigt hatte und bereitete alles für das Lagerfeuer vor. Großzügig Erde abgetragen, stapelte ich hockend die Äste und zog meine Tasche zu mir heran. Mit einem Messer und einem Feuerstein entfachte ich ein Feuer - die wohlige Wärme ließ mich aufseufzen.
Auch wenn ich es ungern zugab, aber ich war schon immer eine Frostbeule...
Ha ha ha..., sagte ein Typ, der nackig vorm Feuer hockte.
Das Navi dazu noch keinen spitzen Kommentar abgelassen hatte, das ich nackig, frierend und unbewaffnet vorm Feuer hockte, wunderte mich tatsächlich. Vielleicht sollte ich mit ihr öfters Streit anfangen, dann hätte ich immerhin etwas meine Ruhe vor ihr. Ein leichtes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich sammelte summend meine Kleidung auf, hängte sie zum Trocknen in den Ästen des Baumes auf. Danach nahm ich meine Umhängetasche in die Hand und zog eine leichte Leinendecke raus. Mein rechtes Bein stellte ich auf, das Linke streckte ich aus. Zugedeckt und angelehnt am Baum, biss ich in einen roten Apfel und beobachtete das knisternde Lagerfeuer vor mir.
Die Abenddämmerung kündigte sich an, und tauchte den Himmel in ein mildes Orange - Rot.
Ich genoss die Ruhe.
Zu meinem Bedauern konnte ich die angenehme Stille nicht lange genießen, denn als ich ein drittes Mal in den blutroten Apfel biss, kam Navi plötzlich zu mir geflogen.
Tja...mir wurde auch gar nichts gegönnt...
„Hey...Link...", sagte die kleine Fee zögernd und leise.
Ich brummte ihr nur ein „Mhm?" entgegen und aß weiter.
Sie musterte mich kurz, dann kam sie noch näher heran geflogen, sodass ich einen kalten Windhauch auf meiner Wange spürte.
Zu nah. Definitiv mal wieder zu nah!
„Wir sollten es morgen noch mal probieren. Ich denke, wenn du diesmal auf meine Anweisungen hörst, könntest du es schaffen, Dark Link zu besiegen." Ich hielt inne und umfasste den Apfel fester in meiner Hand.
Dark Link...
Ein Knurren entwich mir. Ich hatte absolut keine Lust über ihn zu reden oder über ihn und sein...merkwürdiges Verhalten beim Kampf...nachzudenken.
Meine kleine nervige Fee wartete auf meine Antwort, doch ich schwieg und aß einfach weiter. Das machte sie sauer.
„LINK! Nur wegen deinen, NEIN, euren Machogehabe, lief alles so aus dem Ruder! Wieso bist du überhaupt auf seine Provokation eingegangen?!"
Sie flog aufgebracht hin und her und stoppte dann dicht vor meiner Nase.
Mal wieder...ZU.NAH! Sie konnte es einfach nicht lassen.
„Werft beide eure Schwerter weg und prügelt euch wie zwei Idioten!"
Ich warf ihr einen bösen Blick zu, weshalb sie mir wieder etwas mehr Privatsphäre gab. Als sie feststellte, dass ich ihr immer noch nicht antworten wollte, flog sie mir einmal feste gegen die Stirn.
Mein Blick verfinsterte sich noch mehr, das passte ihr gar nicht.
Sie fing an mich anzuschreien, mich als ‚Vollidioten' zu beschimpfen, und flog dann laut zeternd davon. Ich warf verärgert den halb aufgegessenen Apfel weg und griff in meine Tasche, zog meinen Trinkbeutel aus Leder heraus. An meine Lippen angesetzt, stellte ich fest, dass dieser leer war, so lernte er schließlich auch das Fliegen. Mit einem Mal fiel mir wieder ein, das ich auf meiner Reise hierher einem Händler begegnet war, und was ich ihm abgekauft hatte, als meine kleine Fee unachtsam gewesen war.
Ich schnalzte mit der Zunge. Wieso hatte ich eigentlich versucht, es heimlich und schnell zu kaufen? Immerhin war ich schon Anfang 20!
Ich fischte eine braune Flasche aus meiner Tasche, entkorkte sie geübt mit meinen kleinen Messer und roch daran. Ein angenehmer, süßlicher Geruch stieg mir in die Nase und ich nahm einen großen Schluck.
Wow, der Alkohol brannte ziemlich gut in meiner Kehle, sodass ich kurz husten musste. Die Flasche erneut an meine Lippen angesetzt, trank ich einen weiteren Schluck. Ein Seufzen entwich mir und ich lehnte mich wieder zurück, die Decke hochziehend zur Brust. Ich schloss meine Augen und senkte die Flasche. Die Wärme, die sich in meiner Brust ausbreitete und das knisternde Geräusch des Feuers... machten mich müde...

Antiheld Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt